Der zweete wesentliche Theil des Folgerns und Schließens ist das Gewahrnehmen des Ver- hältnisses zwischen dem Schlußsatz, der hergeleitet ist, und seinem Grundsatz, woraus er folget. Dieß Ver- hältniß bestehet in Abhängigkeit, und gehöret zu den Beziehungen, die aus einer ursachlichen Verbindung ent- springen. Einige erklären den ganzen Aktus des Schließens durch diesen Aktus des Gewahrnehmens, der doch aber auch nur Ein Theil desselben ausmacht. Die vollständige Erklärung von dem Folgern müßte beide Aktus zugleich ausdrücken, wenn man nicht etwan beide schon in ein Wort hinein leget. Folgern ist, Eines aus dem andern herleiten, und die Abhän- gigkeit des letztern von dem ersten gewahrnehmen.
Es ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den un- mittelbaren Folgerungen (consequentiae imme- diatae) und den eigentlichen Schlüssen (ratiocinia), den ich hier darum nur im Vorbeygehen hersetzen will, weil ihn so viele Vernunftlehrer, wie mich deucht, richtiger gefühlet, als erkläret haben. Leichte Schlüsse sind darum keine unmittelbare Folgerungen.
Wenn der Schlußsatz nur eine neue Beziehung enthält, zwischen denselbigen Jdeen, die schon in dem Grundsatz in einer Beziehung gesetzet waren, so geschicht weiter nichts, als "daß aus einem gegebenen Ver- "hältniß zwoer Jdeen, ein anderes Verhältniß zwischen "ihnen gemacht wird." Die logischen Umkehrungen geben die besten Beyspiele davon. Es ist Ein Grund- satz da; Ein materieller Grundsatz. Dieser ist der Vor- dersatz, und aus diesem wird ein Schlußsatz hergeleitet.
Aber wenn aus den Verhältnissen zwoer Jdeen gegen eine dritte, ihr eigenes Verhältniß herge-
leitet
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und uͤber das Denken.
Der zweete weſentliche Theil des Folgerns und Schließens iſt das Gewahrnehmen des Ver- haͤltniſſes zwiſchen dem Schlußſatz, der hergeleitet iſt, und ſeinem Grundſatz, woraus er folget. Dieß Ver- haͤltniß beſtehet in Abhaͤngigkeit, und gehoͤret zu den Beziehungen, die aus einer urſachlichen Verbindung ent- ſpringen. Einige erklaͤren den ganzen Aktus des Schließens durch dieſen Aktus des Gewahrnehmens, der doch aber auch nur Ein Theil deſſelben ausmacht. Die vollſtaͤndige Erklaͤrung von dem Folgern muͤßte beide Aktus zugleich ausdruͤcken, wenn man nicht etwan beide ſchon in ein Wort hinein leget. Folgern iſt, Eines aus dem andern herleiten, und die Abhaͤn- gigkeit des letztern von dem erſten gewahrnehmen.
Es iſt ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen den un- mittelbaren Folgerungen (conſequentiae imme- diatae) und den eigentlichen Schluͤſſen (ratiocinia), den ich hier darum nur im Vorbeygehen herſetzen will, weil ihn ſo viele Vernunftlehrer, wie mich deucht, richtiger gefuͤhlet, als erklaͤret haben. Leichte Schluͤſſe ſind darum keine unmittelbare Folgerungen.
Wenn der Schlußſatz nur eine neue Beziehung enthaͤlt, zwiſchen denſelbigen Jdeen, die ſchon in dem Grundſatz in einer Beziehung geſetzet waren, ſo geſchicht weiter nichts, als „daß aus einem gegebenen Ver- „haͤltniß zwoer Jdeen, ein anderes Verhaͤltniß zwiſchen „ihnen gemacht wird.“ Die logiſchen Umkehrungen geben die beſten Beyſpiele davon. Es iſt Ein Grund- ſatz da; Ein materieller Grundſatz. Dieſer iſt der Vor- derſatz, und aus dieſem wird ein Schlußſatz hergeleitet.
Aber wenn aus den Verhaͤltniſſen zwoer Jdeen gegen eine dritte, ihr eigenes Verhaͤltniß herge-
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und uͤber das Denken.
Der zweete weſentliche Theil des Folgerns
und Schließens iſt das Gewahrnehmen des Ver-
haͤltniſſes zwiſchen dem Schlußſatz, der hergeleitet iſt,
und ſeinem Grundſatz, woraus er folget. Dieß Ver-
haͤltniß beſtehet in Abhaͤngigkeit, und gehoͤret zu den
Beziehungen, die aus einer urſachlichen Verbindung ent-
ſpringen. Einige erklaͤren den ganzen Aktus des
Schließens durch dieſen Aktus des Gewahrnehmens,
der doch aber auch nur Ein Theil deſſelben ausmacht.
Die vollſtaͤndige Erklaͤrung von dem Folgern muͤßte
beide Aktus zugleich ausdruͤcken, wenn man nicht etwan
beide ſchon in ein Wort hinein leget. Folgern iſt,
Eines aus dem andern herleiten, und die Abhaͤn-
gigkeit des letztern von dem erſten gewahrnehmen.
Es iſt ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen den un-
mittelbaren Folgerungen (conſequentiae imme-
diatae) und den eigentlichen Schluͤſſen (ratiocinia),
den ich hier darum nur im Vorbeygehen herſetzen will,
weil ihn ſo viele Vernunftlehrer, wie mich deucht,
richtiger gefuͤhlet, als erklaͤret haben. Leichte Schluͤſſe
ſind darum keine unmittelbare Folgerungen.
Wenn der Schlußſatz nur eine neue Beziehung
enthaͤlt, zwiſchen denſelbigen Jdeen, die ſchon in dem
Grundſatz in einer Beziehung geſetzet waren, ſo geſchicht
weiter nichts, als „daß aus einem gegebenen Ver-
„haͤltniß zwoer Jdeen, ein anderes Verhaͤltniß zwiſchen
„ihnen gemacht wird.“ Die logiſchen Umkehrungen
geben die beſten Beyſpiele davon. Es iſt Ein Grund-
ſatz da; Ein materieller Grundſatz. Dieſer iſt der Vor-
derſatz, und aus dieſem wird ein Schlußſatz hergeleitet.
Aber wenn aus den Verhaͤltniſſen zwoer Jdeen
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/431>, abgerufen am 22.12.2024.
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