einzige Empfindung, von einer gewissen merklichen Größe, Breite, Tiefe und Dauer. So geschwinde vorübergehend, so klein am Umfang es auch sonsten seyn mag, so muß es eine solche Größe und Dauer haben, daß eine Nachempfindung entstehen, und daß das Ganze gewahrgenommen werden könne.
Jn dieser ganzen Empfindung des Bildes, werden Ein oder mehrere Farbenzüge unterschieden, und ausge- kannt von dem übrigen, diejenigen nämlich, die am meisten hervorstechen.
Diese sich ausnehmende Züge in der ganzen Em- pfindung sind Theile der ganzen Empfindung. Aber man kann sie nur Theile in der allgemeinsten Bedeu- tung des Wortes nennen. Denn wir sehen sie nicht so an, als wenn die ganze Empfindung aus solchen hervor- stechenden Zügen zusammengesetzet wäre.
So eine Empfindung, die eine ganze ungetheilte, zugleich vorhandene Empfindung ist, und in der Ein unabgesonderter, mit dem übrigen vereinigter Zug sich vor andern an leichterer Apperceptibilität ausnimmt, ist eine solche, aus der die Denkkraft die Jdee von einem Dinge und von einer Beschaffenheit macht. Auf diese Art:
Sie unterscheidet das Ganze von andern. Dieß ist der Gedanke: es ist Eine besondere ganze Empfindung, oder Vorstellung. Sie unterscheidet den sich ausneh- menden Zug in diesem Ganzen.
Die Verbindung des unterschiedenen Zuges mit dem Ganzen, erreget den Verhältnißgedanken, "daß der Zug in dem Ganzen enthalten sey." Dieß ist eine Beziehung, die zu den Verhältnissen aus der Mitwirklichkeit gehört. Es ist Vereinigung des Unterschiedenen da.
Bald darauf denket die Seele noch eine ursachliche Beziehung hinzu. Die ganze Empfindung wird als
abhän-
V. Verſuch. Ueber den Urſpr. unſerer
einzige Empfindung, von einer gewiſſen merklichen Groͤße, Breite, Tiefe und Dauer. So geſchwinde voruͤbergehend, ſo klein am Umfang es auch ſonſten ſeyn mag, ſo muß es eine ſolche Groͤße und Dauer haben, daß eine Nachempfindung entſtehen, und daß das Ganze gewahrgenommen werden koͤnne.
Jn dieſer ganzen Empfindung des Bildes, werden Ein oder mehrere Farbenzuͤge unterſchieden, und ausge- kannt von dem uͤbrigen, diejenigen naͤmlich, die am meiſten hervorſtechen.
Dieſe ſich ausnehmende Zuͤge in der ganzen Em- pfindung ſind Theile der ganzen Empfindung. Aber man kann ſie nur Theile in der allgemeinſten Bedeu- tung des Wortes nennen. Denn wir ſehen ſie nicht ſo an, als wenn die ganze Empfindung aus ſolchen hervor- ſtechenden Zuͤgen zuſammengeſetzet waͤre.
So eine Empfindung, die eine ganze ungetheilte, zugleich vorhandene Empfindung iſt, und in der Ein unabgeſonderter, mit dem uͤbrigen vereinigter Zug ſich vor andern an leichterer Apperceptibilitaͤt ausnimmt, iſt eine ſolche, aus der die Denkkraft die Jdee von einem Dinge und von einer Beſchaffenheit macht. Auf dieſe Art:
Sie unterſcheidet das Ganze von andern. Dieß iſt der Gedanke: es iſt Eine beſondere ganze Empfindung, oder Vorſtellung. Sie unterſcheidet den ſich ausneh- menden Zug in dieſem Ganzen.
Die Verbindung des unterſchiedenen Zuges mit dem Ganzen, erreget den Verhaͤltnißgedanken, „daß der Zug in dem Ganzen enthalten ſey.“ Dieß iſt eine Beziehung, die zu den Verhaͤltniſſen aus der Mitwirklichkeit gehoͤrt. Es iſt Vereinigung des Unterſchiedenen da.
Bald darauf denket die Seele noch eine urſachliche Beziehung hinzu. Die ganze Empfindung wird als
abhaͤn-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0450"n="390"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Verſuch. Ueber den Urſpr. unſerer</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">einzige</hi> Empfindung, von einer gewiſſen merklichen<lb/>
Groͤße, Breite, Tiefe und Dauer. So geſchwinde<lb/>
voruͤbergehend, ſo klein am Umfang es auch ſonſten ſeyn<lb/>
mag, ſo muß es eine ſolche Groͤße und Dauer haben,<lb/>
daß eine Nachempfindung entſtehen, und daß das Ganze<lb/>
gewahrgenommen werden koͤnne.</p><lb/><p>Jn dieſer ganzen Empfindung des Bildes, werden<lb/>
Ein oder mehrere Farbenzuͤge unterſchieden, und ausge-<lb/>
kannt von dem uͤbrigen, diejenigen naͤmlich, die am<lb/>
meiſten hervorſtechen.</p><lb/><p>Dieſe ſich ausnehmende Zuͤge in der ganzen Em-<lb/>
pfindung ſind <hirendition="#fr">Theile</hi> der ganzen Empfindung. Aber<lb/>
man kann ſie nur Theile in der allgemeinſten Bedeu-<lb/>
tung des Wortes nennen. Denn wir ſehen ſie nicht ſo<lb/>
an, als wenn die ganze Empfindung aus ſolchen hervor-<lb/>ſtechenden Zuͤgen zuſammengeſetzet waͤre.</p><lb/><p>So eine Empfindung, die eine <hirendition="#fr">ganze ungetheilte,</hi><lb/>
zugleich vorhandene <hirendition="#fr">Empfindung</hi> iſt, und in der <hirendition="#fr">Ein</hi><lb/>
unabgeſonderter, mit dem uͤbrigen vereinigter Zug ſich<lb/>
vor andern an leichterer Apperceptibilitaͤt ausnimmt, iſt<lb/>
eine ſolche, aus der die Denkkraft die Jdee von einem<lb/><hirendition="#fr">Dinge</hi> und von einer <hirendition="#fr">Beſchaffenheit</hi> macht. Auf<lb/>
dieſe Art:</p><lb/><p>Sie unterſcheidet das Ganze von andern. Dieß iſt<lb/>
der Gedanke: es iſt <hirendition="#fr">Eine</hi> beſondere ganze Empfindung,<lb/>
oder Vorſtellung. Sie unterſcheidet den ſich ausneh-<lb/>
menden Zug in dieſem Ganzen.</p><lb/><p>Die <hirendition="#fr">Verbindung des unterſchiedenen Zuges<lb/>
mit dem Ganzen,</hi> erreget den Verhaͤltnißgedanken,<lb/>„daß der Zug in dem Ganzen enthalten ſey.“ Dieß iſt<lb/>
eine <hirendition="#fr">Beziehung,</hi> die zu den <hirendition="#fr">Verhaͤltniſſen aus der<lb/>
Mitwirklichkeit</hi> gehoͤrt. Es iſt <hirendition="#fr">Vereinigung des<lb/>
Unterſchiedenen</hi> da.</p><lb/><p>Bald darauf denket die Seele noch eine <hirendition="#fr">urſachliche</hi><lb/>
Beziehung hinzu. Die ganze Empfindung wird als<lb/><fwplace="bottom"type="catch">abhaͤn-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[390/0450]
V. Verſuch. Ueber den Urſpr. unſerer
einzige Empfindung, von einer gewiſſen merklichen
Groͤße, Breite, Tiefe und Dauer. So geſchwinde
voruͤbergehend, ſo klein am Umfang es auch ſonſten ſeyn
mag, ſo muß es eine ſolche Groͤße und Dauer haben,
daß eine Nachempfindung entſtehen, und daß das Ganze
gewahrgenommen werden koͤnne.
Jn dieſer ganzen Empfindung des Bildes, werden
Ein oder mehrere Farbenzuͤge unterſchieden, und ausge-
kannt von dem uͤbrigen, diejenigen naͤmlich, die am
meiſten hervorſtechen.
Dieſe ſich ausnehmende Zuͤge in der ganzen Em-
pfindung ſind Theile der ganzen Empfindung. Aber
man kann ſie nur Theile in der allgemeinſten Bedeu-
tung des Wortes nennen. Denn wir ſehen ſie nicht ſo
an, als wenn die ganze Empfindung aus ſolchen hervor-
ſtechenden Zuͤgen zuſammengeſetzet waͤre.
So eine Empfindung, die eine ganze ungetheilte,
zugleich vorhandene Empfindung iſt, und in der Ein
unabgeſonderter, mit dem uͤbrigen vereinigter Zug ſich
vor andern an leichterer Apperceptibilitaͤt ausnimmt, iſt
eine ſolche, aus der die Denkkraft die Jdee von einem
Dinge und von einer Beſchaffenheit macht. Auf
dieſe Art:
Sie unterſcheidet das Ganze von andern. Dieß iſt
der Gedanke: es iſt Eine beſondere ganze Empfindung,
oder Vorſtellung. Sie unterſcheidet den ſich ausneh-
menden Zug in dieſem Ganzen.
Die Verbindung des unterſchiedenen Zuges
mit dem Ganzen, erreget den Verhaͤltnißgedanken,
„daß der Zug in dem Ganzen enthalten ſey.“ Dieß iſt
eine Beziehung, die zu den Verhaͤltniſſen aus der
Mitwirklichkeit gehoͤrt. Es iſt Vereinigung des
Unterſchiedenen da.
Bald darauf denket die Seele noch eine urſachliche
Beziehung hinzu. Die ganze Empfindung wird als
abhaͤn-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/450>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.