letztere begreifen wir aus dem ersten. Allein wie? Wir haben eine Jdee von dem Zufahren der Einen Ku- gel gegen die andere; wir haben eine Jdee von dieser Bewegung und ihrer Richtung; und dann auch eine Jdee von der im Wege liegenden ruhenden Kugel. Dar- aus entspringet nun die Jdee von der Veränderung des Orts in einer von beiden. Allein diese Jdee entstehet noch aus jenen nicht, als vermittelst eines andern Ge- danken, "daß beide Kugeln undurchdringlich sind, und also nicht zugleich Einen und denselbigen Raum einneh- men können." Jn so ferne dieser letzte Hülfsgedanke, der unsere Reflexion fortführet, nichts anders ist, als eine aus Empfindungen erlangte Jdeenassociation, so ist der Schritt der Denkkraft, der von ihr abhängt, doch nicht absolut nothwendig. Und alsdenn ist es auch der ganze Uebergang, von der Vorstellung der Ursache und der Umstände, zu der Jdee von der Wirkung, nicht. Da höret denn, so zu sagen, das eigentliche Begreifen auf. Jnzwischen können wir doch auch sagen, daß in diesem Fall etwas schlechthin nothwendiges in unserm Urtheil liege. Denn die Undurchdringlichkeit der Kör- per einmal als ein Grundsatz angenommen, so ist gewiß, es kann aus den angeführten Vorbegriffen durch eine nothwendige Folgerung der Gedanke herausgebracht werden, daß Eine von den beiden Kugeln ihren Platz verändern müsse, oder auch alle beide.
Diese Anmerkungen machen das sonderbare Phä- nomen in der Geisterwelt, das Daseyn einer Philosophie begreiflich, welche alle ursachliche Verbindungen zwi- schen den Dingen in der Welt, alle wirkliche Einwirkun- gen der Substanzen in einander aufhebet. So selten diese Meinung mit Ueberzeugung geglaubet werden mag, und so weit sie von der gemeinen Wirkungsart des Men- schenverstandes abweichet, so giebt es doch wirklich sol- che Jdeenverbindungen, durch welche die Denkkraft
von
VII. Verſuch. Von der Nothwendigkeit
letztere begreifen wir aus dem erſten. Allein wie? Wir haben eine Jdee von dem Zufahren der Einen Ku- gel gegen die andere; wir haben eine Jdee von dieſer Bewegung und ihrer Richtung; und dann auch eine Jdee von der im Wege liegenden ruhenden Kugel. Dar- aus entſpringet nun die Jdee von der Veraͤnderung des Orts in einer von beiden. Allein dieſe Jdee entſtehet noch aus jenen nicht, als vermittelſt eines andern Ge- danken, „daß beide Kugeln undurchdringlich ſind, und alſo nicht zugleich Einen und denſelbigen Raum einneh- men koͤnnen.‟ Jn ſo ferne dieſer letzte Huͤlfsgedanke, der unſere Reflexion fortfuͤhret, nichts anders iſt, als eine aus Empfindungen erlangte Jdeenaſſociation, ſo iſt der Schritt der Denkkraft, der von ihr abhaͤngt, doch nicht abſolut nothwendig. Und alsdenn iſt es auch der ganze Uebergang, von der Vorſtellung der Urſache und der Umſtaͤnde, zu der Jdee von der Wirkung, nicht. Da hoͤret denn, ſo zu ſagen, das eigentliche Begreifen auf. Jnzwiſchen koͤnnen wir doch auch ſagen, daß in dieſem Fall etwas ſchlechthin nothwendiges in unſerm Urtheil liege. Denn die Undurchdringlichkeit der Koͤr- per einmal als ein Grundſatz angenommen, ſo iſt gewiß, es kann aus den angefuͤhrten Vorbegriffen durch eine nothwendige Folgerung der Gedanke herausgebracht werden, daß Eine von den beiden Kugeln ihren Platz veraͤndern muͤſſe, oder auch alle beide.
Dieſe Anmerkungen machen das ſonderbare Phaͤ- nomen in der Geiſterwelt, das Daſeyn einer Philoſophie begreiflich, welche alle urſachliche Verbindungen zwi- ſchen den Dingen in der Welt, alle wirkliche Einwirkun- gen der Subſtanzen in einander aufhebet. So ſelten dieſe Meinung mit Ueberzeugung geglaubet werden mag, und ſo weit ſie von der gemeinen Wirkungsart des Men- ſchenverſtandes abweichet, ſo giebt es doch wirklich ſol- che Jdeenverbindungen, durch welche die Denkkraft
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VII. Verſuch. Von der Nothwendigkeit
letztere begreifen wir aus dem erſten. Allein wie?
Wir haben eine Jdee von dem Zufahren der Einen Ku-
gel gegen die andere; wir haben eine Jdee von dieſer
Bewegung und ihrer Richtung; und dann auch eine
Jdee von der im Wege liegenden ruhenden Kugel. Dar-
aus entſpringet nun die Jdee von der Veraͤnderung des
Orts in einer von beiden. Allein dieſe Jdee entſtehet
noch aus jenen nicht, als vermittelſt eines andern Ge-
danken, „daß beide Kugeln undurchdringlich ſind, und
alſo nicht zugleich Einen und denſelbigen Raum einneh-
men koͤnnen.‟ Jn ſo ferne dieſer letzte Huͤlfsgedanke,
der unſere Reflexion fortfuͤhret, nichts anders iſt, als
eine aus Empfindungen erlangte Jdeenaſſociation, ſo iſt
der Schritt der Denkkraft, der von ihr abhaͤngt, doch
nicht abſolut nothwendig. Und alsdenn iſt es auch der
ganze Uebergang, von der Vorſtellung der Urſache und
der Umſtaͤnde, zu der Jdee von der Wirkung, nicht.
Da hoͤret denn, ſo zu ſagen, das eigentliche Begreifen
auf. Jnzwiſchen koͤnnen wir doch auch ſagen, daß in
dieſem Fall etwas ſchlechthin nothwendiges in unſerm
Urtheil liege. Denn die Undurchdringlichkeit der Koͤr-
per einmal als ein Grundſatz angenommen, ſo iſt gewiß,
es kann aus den angefuͤhrten Vorbegriffen durch eine
nothwendige Folgerung der Gedanke herausgebracht
werden, daß Eine von den beiden Kugeln ihren Platz
veraͤndern muͤſſe, oder auch alle beide.
Dieſe Anmerkungen machen das ſonderbare Phaͤ-
nomen in der Geiſterwelt, das Daſeyn einer Philoſophie
begreiflich, welche alle urſachliche Verbindungen zwi-
ſchen den Dingen in der Welt, alle wirkliche Einwirkun-
gen der Subſtanzen in einander aufhebet. So ſelten
dieſe Meinung mit Ueberzeugung geglaubet werden mag,
und ſo weit ſie von der gemeinen Wirkungsart des Men-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/560>, abgerufen am 22.12.2024.
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