empfunden, oder als ein gegenwärtiges vorhandenes Ding vorgestellet und gedacht werden, noch zu einem solchen empfindbaren Dinge gemacht werden kann.
Nun ergiebt sich der wahre Sinn der Frage, ob die Wahrheit nur etwas subjektivisches von dem sey, der sie denket, oder auch etwas objektivisches? Ge- danken bestehen in den Beziehungen der Jmpressionen. Sind also diejenigen Beziehungen, die wir in unsern Jmpressionen gewahrnehmen, dieselbigen, welche jedwe- des die Objekte denkendes Wesen, in den seinigen an- treffen mußte; vorausgesetzt, daß seine Kenntniß die näm- liche Beschaffenheit einer reellen Kenntniß habe, welche die unsrige hat, und die wir noch aufsuchen müssen? Die Jmpressionen von den Sachen, oder das, was die Stelle unserer Jmpressionen, die wir doch dem göttlichen Ver- stande nicht zuschreiben können, als Zeichen der einzel- nen wirklichen Objekte in dem denkenden Wesen vertritt, mögen seyn welche sie wollen, so ist die Frage von ihren Beziehungen. Sind diejenigen Beziehungen, die wir in unsern Jmpressionen antreffen, nur allein an diese Art von Jmpressionen gebunden, so ist ihre ganze Ana- logie mit den Objekten, nichts als eine subjektivische Art, die Beziehungen der Dinge zu erkennen, und zum Bey- spiel, viereckt und rund in einer Figur nur für uns un- vereinbar. Sind dagegen diese Beziehungen von der Natur der Jmpressionen unabhängig, und dieselbigen, die jedes andere denkende Wesen in den seinigen ge- wahrnehmen muß, so ist die Unmöglichkeit eines vier- eckten Zirkels eine absolute objektivische Unmög- lichkeit.
Weiter, meine ich, kann die Frage nicht gehen. Wollte man sagen, es wären doch alle Gedanken als Verhältnißgedanken nur etwas subjektivisches und die Verhältnisse als ihre Objekte außer dem Verstande ein Nichts. Von den Verhältnissen aus der Vergleichung ist
dieß
VII. Verſuch. Von der Nothwendigkeit
empfunden, oder als ein gegenwaͤrtiges vorhandenes Ding vorgeſtellet und gedacht werden, noch zu einem ſolchen empfindbaren Dinge gemacht werden kann.
Nun ergiebt ſich der wahre Sinn der Frage, ob die Wahrheit nur etwas ſubjektiviſches von dem ſey, der ſie denket, oder auch etwas objektiviſches? Ge- danken beſtehen in den Beziehungen der Jmpreſſionen. Sind alſo diejenigen Beziehungen, die wir in unſern Jmpreſſionen gewahrnehmen, dieſelbigen, welche jedwe- des die Objekte denkendes Weſen, in den ſeinigen an- treffen mußte; vorausgeſetzt, daß ſeine Kenntniß die naͤm- liche Beſchaffenheit einer reellen Kenntniß habe, welche die unſrige hat, und die wir noch aufſuchen muͤſſen? Die Jmpreſſionen von den Sachen, oder das, was die Stelle unſerer Jmpreſſionen, die wir doch dem goͤttlichen Ver- ſtande nicht zuſchreiben koͤnnen, als Zeichen der einzel- nen wirklichen Objekte in dem denkenden Weſen vertritt, moͤgen ſeyn welche ſie wollen, ſo iſt die Frage von ihren Beziehungen. Sind diejenigen Beziehungen, die wir in unſern Jmpreſſionen antreffen, nur allein an dieſe Art von Jmpreſſionen gebunden, ſo iſt ihre ganze Ana- logie mit den Objekten, nichts als eine ſubjektiviſche Art, die Beziehungen der Dinge zu erkennen, und zum Bey- ſpiel, viereckt und rund in einer Figur nur fuͤr uns un- vereinbar. Sind dagegen dieſe Beziehungen von der Natur der Jmpreſſionen unabhaͤngig, und dieſelbigen, die jedes andere denkende Weſen in den ſeinigen ge- wahrnehmen muß, ſo iſt die Unmoͤglichkeit eines vier- eckten Zirkels eine abſolute objektiviſche Unmoͤg- lichkeit.
Weiter, meine ich, kann die Frage nicht gehen. Wollte man ſagen, es waͤren doch alle Gedanken als Verhaͤltnißgedanken nur etwas ſubjektiviſches und die Verhaͤltniſſe als ihre Objekte außer dem Verſtande ein Nichts. Von den Verhaͤltniſſen aus der Vergleichung iſt
dieß
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VII. Verſuch. Von der Nothwendigkeit
empfunden, oder als ein gegenwaͤrtiges vorhandenes
Ding vorgeſtellet und gedacht werden, noch zu einem
ſolchen empfindbaren Dinge gemacht werden kann.
Nun ergiebt ſich der wahre Sinn der Frage, ob die
Wahrheit nur etwas ſubjektiviſches von dem ſey,
der ſie denket, oder auch etwas objektiviſches? Ge-
danken beſtehen in den Beziehungen der Jmpreſſionen.
Sind alſo diejenigen Beziehungen, die wir in unſern
Jmpreſſionen gewahrnehmen, dieſelbigen, welche jedwe-
des die Objekte denkendes Weſen, in den ſeinigen an-
treffen mußte; vorausgeſetzt, daß ſeine Kenntniß die naͤm-
liche Beſchaffenheit einer reellen Kenntniß habe, welche
die unſrige hat, und die wir noch aufſuchen muͤſſen? Die
Jmpreſſionen von den Sachen, oder das, was die Stelle
unſerer Jmpreſſionen, die wir doch dem goͤttlichen Ver-
ſtande nicht zuſchreiben koͤnnen, als Zeichen der einzel-
nen wirklichen Objekte in dem denkenden Weſen vertritt,
moͤgen ſeyn welche ſie wollen, ſo iſt die Frage von ihren
Beziehungen. Sind diejenigen Beziehungen, die wir
in unſern Jmpreſſionen antreffen, nur allein an dieſe
Art von Jmpreſſionen gebunden, ſo iſt ihre ganze Ana-
logie mit den Objekten, nichts als eine ſubjektiviſche Art,
die Beziehungen der Dinge zu erkennen, und zum Bey-
ſpiel, viereckt und rund in einer Figur nur fuͤr uns un-
vereinbar. Sind dagegen dieſe Beziehungen von der
Natur der Jmpreſſionen unabhaͤngig, und dieſelbigen,
die jedes andere denkende Weſen in den ſeinigen ge-
wahrnehmen muß, ſo iſt die Unmoͤglichkeit eines vier-
eckten Zirkels eine abſolute objektiviſche Unmoͤg-
lichkeit.
Weiter, meine ich, kann die Frage nicht gehen.
Wollte man ſagen, es waͤren doch alle Gedanken als
Verhaͤltnißgedanken nur etwas ſubjektiviſches und die
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Nichts. Von den Verhaͤltniſſen aus der Vergleichung iſt
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/598>, abgerufen am 22.12.2024.
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