ein gewisses bestimmtes Objekt vorhanden ist, worauf sich das Vermögen zu reproduciren anwendet. Das Gefallen an Einer Vorstellung hat mir das Objekt dar- gestellet, aber mir keine neue Bestimmung beygebracht, die meine Wirksamkeit nur allein auf diese Vorstellung zu wirken geschickt gemacht hätte. Jene werde mir in dem Augenblick entzogen, oder es falle mir ein, daß es gut sey, einmal nach Eigensinn zu handeln! Was wird geschehen? Es wird mir ein anderer Gegenstand vorgelegt. Die Jndeterministen haben sich ganz rich- tig auf diese Fälle berufen. Denn so viel lieget doch darinn, daß selbst die Affektion des Gefallens, und ihre unmittelbare Wirkung keine Ergänzung des in- nern zureichenden Grundes zu der Handlung war, woraus diese mehr als eine andre hervorgieng. Es war von nichts mehr der zureichende Grund, als davon, daß ein bestimmtes Objekt auf eine nähere Art der Kraft dargestellet ward, und daß diese sich eben auf je- nes anwandte und auf kein anderes. Ob ich also selbst- thätig die Eine Jdee, die mir mehr gefällt, weiter fortsetze, und bis auf einen gewissen Grad hin sie wieder erwecke, oder ob ich eine andre auf diese Weise bearbeite, das ist in Hinsicht der reproducirenden Kraft so gleichgültig, als es in Hinsicht des Drucks des Wassers ist, wo ihm die Oeffnung gemacht wird. So fühle ichs da, wo ich mich völlig in meiner Gewalt habe, indem ich will, mich entschließe, mich bestimme. Hätte ich etwas an- ders gewollt, als was ich jetzo will, so würde der Un- terschied des letztern Wollens und des erstern wiederum nur allein objektivisch gewesen seyn.
Oftmals stellen sich mehrere gefallende Vorstellun- gen als ideelle Objekte mir dar, die ich aber noch mit einander vergleiche, ehe ich mich bestimme. Jn die- sem Falle bin ich zu jeder von ihnen geneigt, bestimme mich aber zu dem, wozu ich es am meisten bin. Jed-
wede
IITheil. G
und Freyheit.
ein gewiſſes beſtimmtes Objekt vorhanden iſt, worauf ſich das Vermoͤgen zu reproduciren anwendet. Das Gefallen an Einer Vorſtellung hat mir das Objekt dar- geſtellet, aber mir keine neue Beſtimmung beygebracht, die meine Wirkſamkeit nur allein auf dieſe Vorſtellung zu wirken geſchickt gemacht haͤtte. Jene werde mir in dem Augenblick entzogen, oder es falle mir ein, daß es gut ſey, einmal nach Eigenſinn zu handeln! Was wird geſchehen? Es wird mir ein anderer Gegenſtand vorgelegt. Die Jndeterminiſten haben ſich ganz rich- tig auf dieſe Faͤlle berufen. Denn ſo viel lieget doch darinn, daß ſelbſt die Affektion des Gefallens, und ihre unmittelbare Wirkung keine Ergaͤnzung des in- nern zureichenden Grundes zu der Handlung war, woraus dieſe mehr als eine andre hervorgieng. Es war von nichts mehr der zureichende Grund, als davon, daß ein beſtimmtes Objekt auf eine naͤhere Art der Kraft dargeſtellet ward, und daß dieſe ſich eben auf je- nes anwandte und auf kein anderes. Ob ich alſo ſelbſt- thaͤtig die Eine Jdee, die mir mehr gefaͤllt, weiter fortſetze, und bis auf einen gewiſſen Grad hin ſie wieder erwecke, oder ob ich eine andre auf dieſe Weiſe bearbeite, das iſt in Hinſicht der reproducirenden Kraft ſo gleichguͤltig, als es in Hinſicht des Drucks des Waſſers iſt, wo ihm die Oeffnung gemacht wird. So fuͤhle ichs da, wo ich mich voͤllig in meiner Gewalt habe, indem ich will, mich entſchließe, mich beſtimme. Haͤtte ich etwas an- ders gewollt, als was ich jetzo will, ſo wuͤrde der Un- terſchied des letztern Wollens und des erſtern wiederum nur allein objektiviſch geweſen ſeyn.
Oftmals ſtellen ſich mehrere gefallende Vorſtellun- gen als ideelle Objekte mir dar, die ich aber noch mit einander vergleiche, ehe ich mich beſtimme. Jn die- ſem Falle bin ich zu jeder von ihnen geneigt, beſtimme mich aber zu dem, wozu ich es am meiſten bin. Jed-
wede
IITheil. G
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0127"n="97"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Freyheit.</hi></fw><lb/>
ein gewiſſes beſtimmtes Objekt vorhanden iſt, worauf<lb/>ſich das Vermoͤgen zu reproduciren anwendet. Das<lb/>
Gefallen an Einer Vorſtellung hat mir das Objekt dar-<lb/>
geſtellet, aber mir keine neue Beſtimmung beygebracht,<lb/>
die meine Wirkſamkeit nur allein auf dieſe Vorſtellung<lb/>
zu wirken geſchickt gemacht haͤtte. Jene werde mir<lb/>
in dem Augenblick entzogen, oder es falle mir ein, daß<lb/>
es gut ſey, einmal nach Eigenſinn zu handeln! Was<lb/>
wird geſchehen? Es wird mir ein anderer Gegenſtand<lb/>
vorgelegt. Die Jndeterminiſten haben ſich ganz rich-<lb/>
tig auf dieſe Faͤlle berufen. Denn ſo viel lieget doch<lb/>
darinn, daß ſelbſt die <hirendition="#fr">Affektion des Gefallens,</hi> und<lb/>
ihre unmittelbare Wirkung keine <hirendition="#fr">Ergaͤnzung des in-<lb/>
nern zureichenden Grundes</hi> zu der Handlung war,<lb/>
woraus dieſe mehr als eine andre hervorgieng. Es<lb/>
war von nichts mehr der zureichende Grund, als davon,<lb/>
daß ein beſtimmtes Objekt auf eine naͤhere Art der<lb/>
Kraft dargeſtellet ward, und daß dieſe ſich eben auf je-<lb/>
nes anwandte und auf kein anderes. Ob ich alſo ſelbſt-<lb/>
thaͤtig die Eine Jdee, die mir mehr gefaͤllt, weiter fortſetze,<lb/>
und bis auf einen gewiſſen Grad hin ſie wieder erwecke,<lb/>
oder ob ich eine andre auf dieſe Weiſe bearbeite, das iſt<lb/>
in Hinſicht der reproducirenden Kraft ſo gleichguͤltig,<lb/>
als es in Hinſicht des Drucks des Waſſers iſt, wo ihm<lb/>
die Oeffnung gemacht wird. So fuͤhle ichs da, wo<lb/>
ich mich voͤllig in meiner Gewalt habe, indem ich will,<lb/>
mich entſchließe, mich beſtimme. Haͤtte ich etwas an-<lb/>
ders gewollt, als was ich jetzo will, ſo wuͤrde der Un-<lb/>
terſchied des letztern Wollens und des erſtern wiederum<lb/>
nur allein <hirendition="#fr">objektiviſch</hi> geweſen ſeyn.</p><lb/><p>Oftmals ſtellen ſich mehrere gefallende Vorſtellun-<lb/>
gen als ideelle Objekte mir dar, die ich aber noch mit<lb/>
einander vergleiche, ehe ich mich beſtimme. Jn die-<lb/>ſem Falle bin ich zu jeder von ihnen geneigt, beſtimme<lb/>
mich aber zu dem, wozu ich es am <hirendition="#fr">meiſten</hi> bin. Jed-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II</hi><hirendition="#fr">Theil.</hi> G</fw><fwplace="bottom"type="catch">wede</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[97/0127]
und Freyheit.
ein gewiſſes beſtimmtes Objekt vorhanden iſt, worauf
ſich das Vermoͤgen zu reproduciren anwendet. Das
Gefallen an Einer Vorſtellung hat mir das Objekt dar-
geſtellet, aber mir keine neue Beſtimmung beygebracht,
die meine Wirkſamkeit nur allein auf dieſe Vorſtellung
zu wirken geſchickt gemacht haͤtte. Jene werde mir
in dem Augenblick entzogen, oder es falle mir ein, daß
es gut ſey, einmal nach Eigenſinn zu handeln! Was
wird geſchehen? Es wird mir ein anderer Gegenſtand
vorgelegt. Die Jndeterminiſten haben ſich ganz rich-
tig auf dieſe Faͤlle berufen. Denn ſo viel lieget doch
darinn, daß ſelbſt die Affektion des Gefallens, und
ihre unmittelbare Wirkung keine Ergaͤnzung des in-
nern zureichenden Grundes zu der Handlung war,
woraus dieſe mehr als eine andre hervorgieng. Es
war von nichts mehr der zureichende Grund, als davon,
daß ein beſtimmtes Objekt auf eine naͤhere Art der
Kraft dargeſtellet ward, und daß dieſe ſich eben auf je-
nes anwandte und auf kein anderes. Ob ich alſo ſelbſt-
thaͤtig die Eine Jdee, die mir mehr gefaͤllt, weiter fortſetze,
und bis auf einen gewiſſen Grad hin ſie wieder erwecke,
oder ob ich eine andre auf dieſe Weiſe bearbeite, das iſt
in Hinſicht der reproducirenden Kraft ſo gleichguͤltig,
als es in Hinſicht des Drucks des Waſſers iſt, wo ihm
die Oeffnung gemacht wird. So fuͤhle ichs da, wo
ich mich voͤllig in meiner Gewalt habe, indem ich will,
mich entſchließe, mich beſtimme. Haͤtte ich etwas an-
ders gewollt, als was ich jetzo will, ſo wuͤrde der Un-
terſchied des letztern Wollens und des erſtern wiederum
nur allein objektiviſch geweſen ſeyn.
Oftmals ſtellen ſich mehrere gefallende Vorſtellun-
gen als ideelle Objekte mir dar, die ich aber noch mit
einander vergleiche, ehe ich mich beſtimme. Jn die-
ſem Falle bin ich zu jeder von ihnen geneigt, beſtimme
mich aber zu dem, wozu ich es am meiſten bin. Jed-
wede
II Theil. G
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/127>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.