Alle diese Beobachtungen bestätigen das obige Merk- mal von einem Vermögen, sich selbst zu bestimmen, das aber nur bloßes Vermögen bleibet. So ein Ver- mögen ist wahre Wirksamkeit, und ist auch Wirksam- keit auf eine gegenwärtige Jdee. Der Uebergang vom Vermögen zur Wirksamkeit hängt davon ab, daß durch das Gefallen an dem ideellen Objekte die Kraft und das Objekt mit einander in Verbindung kommen, da dieses jener vorgestellet wird.
5.
Die Vermögen, sich selbst zu bestimmen, haben wie jedwede andere Art von Vermögen ihre Größen und Grade an innerer Stärke und Mächtigkeit. Das Ver- mögen kann so schwach seyn, daß es mit dem Unver- mögen zusammenschließet, wie wir wirklich oft genug die Schwäche mit der Ohnmacht, und die Schwierig- keit mit der Unmöglichkeit verwechseln. Das Vermö- gen erfodert eine innere Zureichlichkeit zu dem Effekt, der hervorgebracht werden soll, und wenn es ein volles Vermögen ist, so bedarf es keines neuen Zusatzes von außen. Aber es kann auch nur zur Noth zureichen; es kann ganz mit seiner völligen Jntension und in sei- nem völligen Umfange dazu erfodert werden, und den- noch ist es ein Vermögen. Es kann überflüßige Stärke haben, es kann erhöhetes Vermögen und Fer- tigkeit seyn.
6.
Wenn die Empfindung des Vergnügens oder des Verdrusses uns zu der folgenden Kraftäußerung leident- lich bestimmt, und wir also nicht selbstthätig handeln, so haben wir es freylich auch nicht in unserer Gewalt, diese erste Wirkung von ihrer Ursache abzusondern und sie zurückzuhalten. Ueberfällt uns ein Gefühl, so kön-
nen
IITheil. H
und Freyheit.
Alle dieſe Beobachtungen beſtaͤtigen das obige Merk- mal von einem Vermoͤgen, ſich ſelbſt zu beſtimmen, das aber nur bloßes Vermoͤgen bleibet. So ein Ver- moͤgen iſt wahre Wirkſamkeit, und iſt auch Wirkſam- keit auf eine gegenwaͤrtige Jdee. Der Uebergang vom Vermoͤgen zur Wirkſamkeit haͤngt davon ab, daß durch das Gefallen an dem ideellen Objekte die Kraft und das Objekt mit einander in Verbindung kommen, da dieſes jener vorgeſtellet wird.
5.
Die Vermoͤgen, ſich ſelbſt zu beſtimmen, haben wie jedwede andere Art von Vermoͤgen ihre Groͤßen und Grade an innerer Staͤrke und Maͤchtigkeit. Das Ver- moͤgen kann ſo ſchwach ſeyn, daß es mit dem Unver- moͤgen zuſammenſchließet, wie wir wirklich oft genug die Schwaͤche mit der Ohnmacht, und die Schwierig- keit mit der Unmoͤglichkeit verwechſeln. Das Vermoͤ- gen erfodert eine innere Zureichlichkeit zu dem Effekt, der hervorgebracht werden ſoll, und wenn es ein volles Vermoͤgen iſt, ſo bedarf es keines neuen Zuſatzes von außen. Aber es kann auch nur zur Noth zureichen; es kann ganz mit ſeiner voͤlligen Jntenſion und in ſei- nem voͤlligen Umfange dazu erfodert werden, und den- noch iſt es ein Vermoͤgen. Es kann uͤberfluͤßige Staͤrke haben, es kann erhoͤhetes Vermoͤgen und Fer- tigkeit ſeyn.
6.
Wenn die Empfindung des Vergnuͤgens oder des Verdruſſes uns zu der folgenden Kraftaͤußerung leident- lich beſtimmt, und wir alſo nicht ſelbſtthaͤtig handeln, ſo haben wir es freylich auch nicht in unſerer Gewalt, dieſe erſte Wirkung von ihrer Urſache abzuſondern und ſie zuruͤckzuhalten. Ueberfaͤllt uns ein Gefuͤhl, ſo koͤn-
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IITheil. H
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und Freyheit.
Alle dieſe Beobachtungen beſtaͤtigen das obige Merk-
mal von einem Vermoͤgen, ſich ſelbſt zu beſtimmen,
das aber nur bloßes Vermoͤgen bleibet. So ein Ver-
moͤgen iſt wahre Wirkſamkeit, und iſt auch Wirkſam-
keit auf eine gegenwaͤrtige Jdee. Der Uebergang vom
Vermoͤgen zur Wirkſamkeit haͤngt davon ab, daß durch
das Gefallen an dem ideellen Objekte die Kraft und das
Objekt mit einander in Verbindung kommen, da dieſes
jener vorgeſtellet wird.
5.
Die Vermoͤgen, ſich ſelbſt zu beſtimmen, haben
wie jedwede andere Art von Vermoͤgen ihre Groͤßen und
Grade an innerer Staͤrke und Maͤchtigkeit. Das Ver-
moͤgen kann ſo ſchwach ſeyn, daß es mit dem Unver-
moͤgen zuſammenſchließet, wie wir wirklich oft genug
die Schwaͤche mit der Ohnmacht, und die Schwierig-
keit mit der Unmoͤglichkeit verwechſeln. Das Vermoͤ-
gen erfodert eine innere Zureichlichkeit zu dem Effekt,
der hervorgebracht werden ſoll, und wenn es ein volles
Vermoͤgen iſt, ſo bedarf es keines neuen Zuſatzes von
außen. Aber es kann auch nur zur Noth zureichen;
es kann ganz mit ſeiner voͤlligen Jntenſion und in ſei-
nem voͤlligen Umfange dazu erfodert werden, und den-
noch iſt es ein Vermoͤgen. Es kann uͤberfluͤßige
Staͤrke haben, es kann erhoͤhetes Vermoͤgen und Fer-
tigkeit ſeyn.
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Wenn die Empfindung des Vergnuͤgens oder des
Verdruſſes uns zu der folgenden Kraftaͤußerung leident-
lich beſtimmt, und wir alſo nicht ſelbſtthaͤtig handeln,
ſo haben wir es freylich auch nicht in unſerer Gewalt,
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/143>, abgerufen am 29.11.2024.
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