einander gereihet werden, daß sie künftig sich unmittel- bar einander erwecken. Müßte nicht in diesen Fällen die Seelenkraft selbst die Jdeen anreihen? Und wenn sie das thut, muß sie denn nicht die zwote Vorstellung sich selbst unmittelbar erwecken, als die erste vorhanden war, und sie der erstern vorhergehenden anfügen, da ja die Verbindung der materiellen Jdeen im Gehirn noch nicht vorhanden war, und also die Ursache ihrer Folgen auf- einander nicht seyn konnte? Das heißt: muß man nicht der Seele das Vermögen zugestehen, eine Jdee durch ihre Selbstthätigkeit zu erwecken, das sie doch nach der Hypothese nicht haben soll?
Jch will nur sagen, daß es natürlicher zu seyn schei- ne, sich vorzustellen, daß in diesen Fällen die Seele, indem sie sich bestrebet zu wirken, ihre Kraft auf die ehemals angenommenen Arten modificire, das ist, Eine ihrer intellektuellen Jdeen hervorziehe, und diesem ge- mäß die Saiten des Gehirns spanne, und die entspre- chenden Schwingungen errege; als wenn man ihre Wirksamkeit darauf einschränket, daß sie ihren Zustand erhalte, und daß alsdenn das Organ nun selbst seine Töne in einer solchen Folge angebe, wie sie sich zu der gegenwärtigen Stimmung schicken. Am Ende läßt sich die Sache freylich auch wohl bonnetisch vorstellen. So viel ist gewiß, wenn die selbstthätige Phantasie nach ei- nem Plan gewisse Jdeen anreihet und zu einem Ganzen zusammenordnet: so wirket die in Thätigkeit gesetzte Seele, dieser ihrer Thätigkeit und ihrer angenommenen Richtung gemäß, auf das Gehirn, und giebt selbigem eine gewisse Spannung. Aber soll nun das Gehirn al- lein die Jdeen reproduciren, so muß man die ihm bey- gebrachte Spannung als den Grund ansehen, warum auch solche Schwingungen und solche Jdeen auf einan- der folgen, die keine weitere Aehnlichkeit haben, als daß sie sich auf dieselbige Spannung in den Fibern beziehen.
Gesetzt,
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
einander gereihet werden, daß ſie kuͤnftig ſich unmittel- bar einander erwecken. Muͤßte nicht in dieſen Faͤllen die Seelenkraft ſelbſt die Jdeen anreihen? Und wenn ſie das thut, muß ſie denn nicht die zwote Vorſtellung ſich ſelbſt unmittelbar erwecken, als die erſte vorhanden war, und ſie der erſtern vorhergehenden anfuͤgen, da ja die Verbindung der materiellen Jdeen im Gehirn noch nicht vorhanden war, und alſo die Urſache ihrer Folgen auf- einander nicht ſeyn konnte? Das heißt: muß man nicht der Seele das Vermoͤgen zugeſtehen, eine Jdee durch ihre Selbſtthaͤtigkeit zu erwecken, das ſie doch nach der Hypotheſe nicht haben ſoll?
Jch will nur ſagen, daß es natuͤrlicher zu ſeyn ſchei- ne, ſich vorzuſtellen, daß in dieſen Faͤllen die Seele, indem ſie ſich beſtrebet zu wirken, ihre Kraft auf die ehemals angenommenen Arten modificire, das iſt, Eine ihrer intellektuellen Jdeen hervorziehe, und dieſem ge- maͤß die Saiten des Gehirns ſpanne, und die entſpre- chenden Schwingungen errege; als wenn man ihre Wirkſamkeit darauf einſchraͤnket, daß ſie ihren Zuſtand erhalte, und daß alsdenn das Organ nun ſelbſt ſeine Toͤne in einer ſolchen Folge angebe, wie ſie ſich zu der gegenwaͤrtigen Stimmung ſchicken. Am Ende laͤßt ſich die Sache freylich auch wohl bonnetiſch vorſtellen. So viel iſt gewiß, wenn die ſelbſtthaͤtige Phantaſie nach ei- nem Plan gewiſſe Jdeen anreihet und zu einem Ganzen zuſammenordnet: ſo wirket die in Thaͤtigkeit geſetzte Seele, dieſer ihrer Thaͤtigkeit und ihrer angenommenen Richtung gemaͤß, auf das Gehirn, und giebt ſelbigem eine gewiſſe Spannung. Aber ſoll nun das Gehirn al- lein die Jdeen reproduciren, ſo muß man die ihm bey- gebrachte Spannung als den Grund anſehen, warum auch ſolche Schwingungen und ſolche Jdeen auf einan- der folgen, die keine weitere Aehnlichkeit haben, als daß ſie ſich auf dieſelbige Spannung in den Fibern beziehen.
Geſetzt,
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XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
einander gereihet werden, daß ſie kuͤnftig ſich unmittel-
bar einander erwecken. Muͤßte nicht in dieſen Faͤllen
die Seelenkraft ſelbſt die Jdeen anreihen? Und wenn ſie
das thut, muß ſie denn nicht die zwote Vorſtellung ſich
ſelbſt unmittelbar erwecken, als die erſte vorhanden war,
und ſie der erſtern vorhergehenden anfuͤgen, da ja die
Verbindung der materiellen Jdeen im Gehirn noch nicht
vorhanden war, und alſo die Urſache ihrer Folgen auf-
einander nicht ſeyn konnte? Das heißt: muß man nicht
der Seele das Vermoͤgen zugeſtehen, eine Jdee durch
ihre Selbſtthaͤtigkeit zu erwecken, das ſie doch nach der
Hypotheſe nicht haben ſoll?
Jch will nur ſagen, daß es natuͤrlicher zu ſeyn ſchei-
ne, ſich vorzuſtellen, daß in dieſen Faͤllen die Seele,
indem ſie ſich beſtrebet zu wirken, ihre Kraft auf die
ehemals angenommenen Arten modificire, das iſt, Eine
ihrer intellektuellen Jdeen hervorziehe, und dieſem ge-
maͤß die Saiten des Gehirns ſpanne, und die entſpre-
chenden Schwingungen errege; als wenn man ihre
Wirkſamkeit darauf einſchraͤnket, daß ſie ihren Zuſtand
erhalte, und daß alsdenn das Organ nun ſelbſt ſeine
Toͤne in einer ſolchen Folge angebe, wie ſie ſich zu der
gegenwaͤrtigen Stimmung ſchicken. Am Ende laͤßt ſich
die Sache freylich auch wohl bonnetiſch vorſtellen. So
viel iſt gewiß, wenn die ſelbſtthaͤtige Phantaſie nach ei-
nem Plan gewiſſe Jdeen anreihet und zu einem Ganzen
zuſammenordnet: ſo wirket die in Thaͤtigkeit geſetzte
Seele, dieſer ihrer Thaͤtigkeit und ihrer angenommenen
Richtung gemaͤß, auf das Gehirn, und giebt ſelbigem
eine gewiſſe Spannung. Aber ſoll nun das Gehirn al-
lein die Jdeen reproduciren, ſo muß man die ihm bey-
gebrachte Spannung als den Grund anſehen, warum
auch ſolche Schwingungen und ſolche Jdeen auf einan-
der folgen, die keine weitere Aehnlichkeit haben, als daß
ſie ſich auf dieſelbige Spannung in den Fibern beziehen.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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