sichts, auf welche der Eindruck von dem Gegenstande fiel, der vorher die Begierde und den Trieb zur Bewe- gung der Hände hervorbrachte, etwan ähnliche Schwingungen reproducirt werden? Die Phantasie reproduciret doch in der Seele die Jdee von einer Ur- sache bey der Jdee von ihrer Wirkung.
Daß es überhaupt eine Association organischer Bewegungen im Körper gebe, ist, wie schon erin- nert, außer Zweifel. Um nur einiges zum Beweis an- zuführen, so kann man sich auf die ganze Menge zufäl- liger körperlicher Gewohnheiten berufen, die jeder Mensch in seinen Minen und Geberden, in der Stel- lung des Körpers, in dem Gange und in seiner Art sich zu bewegen und zu handeln annimmt. Man trist in ihnen allen gewisse angereihete körperliche Bewegun- gen an, die ihrer Natur nach einander nicht hervorbrin- gen, noch so auf einander folgen. Bacon hat es schon angemerket, daß, wenn einmal das Geblüt durch eine zufällige Ursache, durch eine Empfindung oder Vorstel- lung, in eine besondere Wallung gebracht ist und sich erhitzet hat, man nachhero bey einem ähnlichen Zustan- de des Körpers eine Anwandlung von neuem erhitzet zu werden finde, wenn gleich die ehemalige Vorstellung in der Seele nicht da ist, die das erstemal das Austre- ten der Kräfte veranlaßte. Gewisse Personen, die an einem Tage nach der Mahlzeit eine Veranlassung ge- habt hatten sich heftig zu erzürnen, wurden den fol- genden Tag nach der Mahlzeit wiederum von übler Lau- ne befallen, bey der sie ihre Anwandlung zum Zorn mit Mühe zurückhielten, ob sie gleich alsdenn an das Ge- schehene des vorigen Tages nicht gedachten, oder doch nur nebenher sichs einfallen ließen. Noch mehr wird man sich hiervon überzeugen, wenn man auf die Schwie- rigkeiten Acht hat, die ein jeder antrift, der sich von gewissen schon eingewurzelten körperlichen Gewohnheiten
losma-
im Menſchen.
ſichts, auf welche der Eindruck von dem Gegenſtande fiel, der vorher die Begierde und den Trieb zur Bewe- gung der Haͤnde hervorbrachte, etwan aͤhnliche Schwingungen reproducirt werden? Die Phantaſie reproduciret doch in der Seele die Jdee von einer Ur- ſache bey der Jdee von ihrer Wirkung.
Daß es uͤberhaupt eine Aſſociation organiſcher Bewegungen im Koͤrper gebe, iſt, wie ſchon erin- nert, außer Zweifel. Um nur einiges zum Beweis an- zufuͤhren, ſo kann man ſich auf die ganze Menge zufaͤl- liger koͤrperlicher Gewohnheiten berufen, die jeder Menſch in ſeinen Minen und Geberden, in der Stel- lung des Koͤrpers, in dem Gange und in ſeiner Art ſich zu bewegen und zu handeln annimmt. Man triſt in ihnen allen gewiſſe angereihete koͤrperliche Bewegun- gen an, die ihrer Natur nach einander nicht hervorbrin- gen, noch ſo auf einander folgen. Bacon hat es ſchon angemerket, daß, wenn einmal das Gebluͤt durch eine zufaͤllige Urſache, durch eine Empfindung oder Vorſtel- lung, in eine beſondere Wallung gebracht iſt und ſich erhitzet hat, man nachhero bey einem aͤhnlichen Zuſtan- de des Koͤrpers eine Anwandlung von neuem erhitzet zu werden finde, wenn gleich die ehemalige Vorſtellung in der Seele nicht da iſt, die das erſtemal das Austre- ten der Kraͤfte veranlaßte. Gewiſſe Perſonen, die an einem Tage nach der Mahlzeit eine Veranlaſſung ge- habt hatten ſich heftig zu erzuͤrnen, wurden den fol- genden Tag nach der Mahlzeit wiederum von uͤbler Lau- ne befallen, bey der ſie ihre Anwandlung zum Zorn mit Muͤhe zuruͤckhielten, ob ſie gleich alsdenn an das Ge- ſchehene des vorigen Tages nicht gedachten, oder doch nur nebenher ſichs einfallen ließen. Noch mehr wird man ſich hiervon uͤberzeugen, wenn man auf die Schwie- rigkeiten Acht hat, die ein jeder antrift, der ſich von gewiſſen ſchon eingewurzelten koͤrperlichen Gewohnheiten
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im Menſchen.
ſichts, auf welche der Eindruck von dem Gegenſtande
fiel, der vorher die Begierde und den Trieb zur Bewe-
gung der Haͤnde hervorbrachte, etwan aͤhnliche
Schwingungen reproducirt werden? Die Phantaſie
reproduciret doch in der Seele die Jdee von einer Ur-
ſache bey der Jdee von ihrer Wirkung.
Daß es uͤberhaupt eine Aſſociation organiſcher
Bewegungen im Koͤrper gebe, iſt, wie ſchon erin-
nert, außer Zweifel. Um nur einiges zum Beweis an-
zufuͤhren, ſo kann man ſich auf die ganze Menge zufaͤl-
liger koͤrperlicher Gewohnheiten berufen, die jeder
Menſch in ſeinen Minen und Geberden, in der Stel-
lung des Koͤrpers, in dem Gange und in ſeiner Art
ſich zu bewegen und zu handeln annimmt. Man triſt
in ihnen allen gewiſſe angereihete koͤrperliche Bewegun-
gen an, die ihrer Natur nach einander nicht hervorbrin-
gen, noch ſo auf einander folgen. Bacon hat es ſchon
angemerket, daß, wenn einmal das Gebluͤt durch eine
zufaͤllige Urſache, durch eine Empfindung oder Vorſtel-
lung, in eine beſondere Wallung gebracht iſt und ſich
erhitzet hat, man nachhero bey einem aͤhnlichen Zuſtan-
de des Koͤrpers eine Anwandlung von neuem erhitzet
zu werden finde, wenn gleich die ehemalige Vorſtellung
in der Seele nicht da iſt, die das erſtemal das Austre-
ten der Kraͤfte veranlaßte. Gewiſſe Perſonen, die an
einem Tage nach der Mahlzeit eine Veranlaſſung ge-
habt hatten ſich heftig zu erzuͤrnen, wurden den fol-
genden Tag nach der Mahlzeit wiederum von uͤbler Lau-
ne befallen, bey der ſie ihre Anwandlung zum Zorn mit
Muͤhe zuruͤckhielten, ob ſie gleich alsdenn an das Ge-
ſchehene des vorigen Tages nicht gedachten, oder doch
nur nebenher ſichs einfallen ließen. Noch mehr wird
man ſich hiervon uͤberzeugen, wenn man auf die Schwie-
rigkeiten Acht hat, die ein jeder antrift, der ſich von
gewiſſen ſchon eingewurzelten koͤrperlichen Gewohnheiten
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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