losmachen will. Alsdenn erfähret man, daß die Be- wegungen in dem Körper oft wider das Bestreben der Seele, die solche zurückhalten will, ihren gewohnten Gang gehen. Und wenn man gleich hiebey den Ver- dacht haben wollte, daß diese Association vielleicht nicht bloß organisch sey, sondern von einer Verbindung der Vorstellungen in der Seele abhänge, so fällt solcher doch weg, wenn man solche Beyspiele betrachtet, der- gleichen ich nachher anführen will, wo die Wirkung die- ser Association der Bewegungen auch bey enthaupteten Thieren vorkommt.
Nun aber deucht mich, dürfe man nur auf dieselbi- gen Erfahrungen aufmerksam seyn, um zu sehen, daß diese organische Association auch darinn der Jdeenver- knüpfung in der Phantasie ähnlich sey, daß die Bewe- gungen sich in der umgekehrten Folge erwecken, in der sie zuerst entstanden sind. Jch habe oben (VIII. 3.) an- geführt, in wie ferne diese Veränderung der Ordnung in den Reproduktionen auch bey den Vorstellun- gen in der Seele ihre Grenzen habe, und daß die Jdeen allemal leichter und natürlicher der Ord- nung der Empfindungen folgen, als in einer andern. So ist es auch bey den körperlichen Bewegungen. Wie in den Jdeen die Ursache Wirkung, und diese jene wird, so erreget auch in den associirten Bewegungen die nachfolgende die vorhergehende, oder eigentlich die Anwandlung zu ihr, wovon eigentlich nur die Rede ist. Die wirkliche Bewegung ist hier, was bey den Vorstellungen die Empfindung ist, und der Ansatz dazu, der Anfang oder die Anwandlung derselben ist das Parallel von der bloßen Vorstellung, die sich eben so auf ihre Empfindung beziehet. Nun erreget aber die Empfindung von der Wirkung nur die Vor- stellung von der Ursache, nicht ihre Empfindung selbst; daher kann man auch bey den associirten Bewegungen
nicht
XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
losmachen will. Alsdenn erfaͤhret man, daß die Be- wegungen in dem Koͤrper oft wider das Beſtreben der Seele, die ſolche zuruͤckhalten will, ihren gewohnten Gang gehen. Und wenn man gleich hiebey den Ver- dacht haben wollte, daß dieſe Aſſociation vielleicht nicht bloß organiſch ſey, ſondern von einer Verbindung der Vorſtellungen in der Seele abhaͤnge, ſo faͤllt ſolcher doch weg, wenn man ſolche Beyſpiele betrachtet, der- gleichen ich nachher anfuͤhren will, wo die Wirkung die- ſer Aſſociation der Bewegungen auch bey enthaupteten Thieren vorkommt.
Nun aber deucht mich, duͤrfe man nur auf dieſelbi- gen Erfahrungen aufmerkſam ſeyn, um zu ſehen, daß dieſe organiſche Aſſociation auch darinn der Jdeenver- knuͤpfung in der Phantaſie aͤhnlich ſey, daß die Bewe- gungen ſich in der umgekehrten Folge erwecken, in der ſie zuerſt entſtanden ſind. Jch habe oben (VIII. 3.) an- gefuͤhrt, in wie ferne dieſe Veraͤnderung der Ordnung in den Reproduktionen auch bey den Vorſtellun- gen in der Seele ihre Grenzen habe, und daß die Jdeen allemal leichter und natuͤrlicher der Ord- nung der Empfindungen folgen, als in einer andern. So iſt es auch bey den koͤrperlichen Bewegungen. Wie in den Jdeen die Urſache Wirkung, und dieſe jene wird, ſo erreget auch in den aſſociirten Bewegungen die nachfolgende die vorhergehende, oder eigentlich die Anwandlung zu ihr, wovon eigentlich nur die Rede iſt. Die wirkliche Bewegung iſt hier, was bey den Vorſtellungen die Empfindung iſt, und der Anſatz dazu, der Anfang oder die Anwandlung derſelben iſt das Parallel von der bloßen Vorſtellung, die ſich eben ſo auf ihre Empfindung beziehet. Nun erreget aber die Empfindung von der Wirkung nur die Vor- ſtellung von der Urſache, nicht ihre Empfindung ſelbſt; daher kann man auch bey den aſſociirten Bewegungen
nicht
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XIII. Verſuch. Ueber das Seelenweſen
losmachen will. Alsdenn erfaͤhret man, daß die Be-
wegungen in dem Koͤrper oft wider das Beſtreben der
Seele, die ſolche zuruͤckhalten will, ihren gewohnten
Gang gehen. Und wenn man gleich hiebey den Ver-
dacht haben wollte, daß dieſe Aſſociation vielleicht nicht
bloß organiſch ſey, ſondern von einer Verbindung der
Vorſtellungen in der Seele abhaͤnge, ſo faͤllt ſolcher
doch weg, wenn man ſolche Beyſpiele betrachtet, der-
gleichen ich nachher anfuͤhren will, wo die Wirkung die-
ſer Aſſociation der Bewegungen auch bey enthaupteten
Thieren vorkommt.
Nun aber deucht mich, duͤrfe man nur auf dieſelbi-
gen Erfahrungen aufmerkſam ſeyn, um zu ſehen, daß
dieſe organiſche Aſſociation auch darinn der Jdeenver-
knuͤpfung in der Phantaſie aͤhnlich ſey, daß die Bewe-
gungen ſich in der umgekehrten Folge erwecken, in der
ſie zuerſt entſtanden ſind. Jch habe oben (VIII. 3.) an-
gefuͤhrt, in wie ferne dieſe Veraͤnderung der Ordnung
in den Reproduktionen auch bey den Vorſtellun-
gen in der Seele ihre Grenzen habe, und daß
die Jdeen allemal leichter und natuͤrlicher der Ord-
nung der Empfindungen folgen, als in einer andern.
So iſt es auch bey den koͤrperlichen Bewegungen. Wie
in den Jdeen die Urſache Wirkung, und dieſe jene
wird, ſo erreget auch in den aſſociirten Bewegungen
die nachfolgende die vorhergehende, oder eigentlich die
Anwandlung zu ihr, wovon eigentlich nur die Rede
iſt. Die wirkliche Bewegung iſt hier, was bey
den Vorſtellungen die Empfindung iſt, und der Anſatz
dazu, der Anfang oder die Anwandlung derſelben
iſt das Parallel von der bloßen Vorſtellung, die ſich
eben ſo auf ihre Empfindung beziehet. Nun erreget
aber die Empfindung von der Wirkung nur die Vor-
ſtellung von der Urſache, nicht ihre Empfindung ſelbſt;
daher kann man auch bey den aſſociirten Bewegungen
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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