zur Ruhe zu bringen und ihre Bewegungen anders wo- hin zu lenken, u. s. w. sagen wolle. Aus diesen Em- pfindungen ist in uns ein allgemeiner Begriff von ei- nem Vermögen, von einer Fähigkeit und von einer Kraft entstanden, welcher immer nur ein gemeiner, unaufgeklärter und undeutlicher Begriff seyn mag, aber doch ein klarer Begriff ist, so daß wir Vermögen von Unvermögen, Kraft von Schwäche, Fähigkeit von Un- fähigkeit, und Macht von Ohnmacht so helle durch das Gefühl unterscheiden, als das Weiße von dem Schwar- zen durch die Augen.
Wir erhalten die Jdee von einem Vermögen zum Handeln aus der Empfindung, die wir von der Handlung selbst haben. Wir fühlen unsern gesunden Arm auf ei- ne gewisse Art; es entstehet ein Entschluß, ihn zu be- wegen, ein Antrieb gegen denselben, eine Bewegung in dem Körper und wiederum neue Gefühle, die darauf folgen. Das Gefühl von dem Zustande, der zunächst vor der Handlung vorhergehet, wird unterschieden von dem Aktus selbst. Es kam zu jenem etwas hinzu, eine Vorstellung, eine Empfindung, ein innerer Trieb in der Seele, oder was wir unter der Benennung von Bewegungsgründen befassen mögen, und da erfolg- te die Thätigkeit, die nicht erfolgte in einem andern Falle, wo der nämliche Bewegungsgrund vorhanden war, wo aber an dem dazu erfoderlichen vorhergehenden Zustande etwas fehlte, oder wo auch noch sonsten etwas dazwischen kam. Solche Empfindungen lehren uns das bloße unthätige Vermögen von dem wirkenden unter- scheiden. Es hängen aber die Vorstellungen von allen unsern Vermögen, sowohl von denen, die wir eigentlich als körperliche in den Körper hinsetzen, als auch von den übrigen, die wir für Seelenvermögen halten, an gewis- sen Gefühlen, die in uns in unserm Jnnern sich befin- den. Aus Empfindungen nehmen wir den Stoff aller
Jdeen,
XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
zur Ruhe zu bringen und ihre Bewegungen anders wo- hin zu lenken, u. ſ. w. ſagen wolle. Aus dieſen Em- pfindungen iſt in uns ein allgemeiner Begriff von ei- nem Vermoͤgen, von einer Faͤhigkeit und von einer Kraft entſtanden, welcher immer nur ein gemeiner, unaufgeklaͤrter und undeutlicher Begriff ſeyn mag, aber doch ein klarer Begriff iſt, ſo daß wir Vermoͤgen von Unvermoͤgen, Kraft von Schwaͤche, Faͤhigkeit von Un- faͤhigkeit, und Macht von Ohnmacht ſo helle durch das Gefuͤhl unterſcheiden, als das Weiße von dem Schwar- zen durch die Augen.
Wir erhalten die Jdee von einem Vermoͤgen zum Handeln aus der Empfindung, die wir von der Handlung ſelbſt haben. Wir fuͤhlen unſern geſunden Arm auf ei- ne gewiſſe Art; es entſtehet ein Entſchluß, ihn zu be- wegen, ein Antrieb gegen denſelben, eine Bewegung in dem Koͤrper und wiederum neue Gefuͤhle, die darauf folgen. Das Gefuͤhl von dem Zuſtande, der zunaͤchſt vor der Handlung vorhergehet, wird unterſchieden von dem Aktus ſelbſt. Es kam zu jenem etwas hinzu, eine Vorſtellung, eine Empfindung, ein innerer Trieb in der Seele, oder was wir unter der Benennung von Bewegungsgruͤnden befaſſen moͤgen, und da erfolg- te die Thaͤtigkeit, die nicht erfolgte in einem andern Falle, wo der naͤmliche Bewegungsgrund vorhanden war, wo aber an dem dazu erfoderlichen vorhergehenden Zuſtande etwas fehlte, oder wo auch noch ſonſten etwas dazwiſchen kam. Solche Empfindungen lehren uns das bloße unthaͤtige Vermoͤgen von dem wirkenden unter- ſcheiden. Es haͤngen aber die Vorſtellungen von allen unſern Vermoͤgen, ſowohl von denen, die wir eigentlich als koͤrperliche in den Koͤrper hinſetzen, als auch von den uͤbrigen, die wir fuͤr Seelenvermoͤgen halten, an gewiſ- ſen Gefuͤhlen, die in uns in unſerm Jnnern ſich befin- den. Aus Empfindungen nehmen wir den Stoff aller
Jdeen,
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XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
zur Ruhe zu bringen und ihre Bewegungen anders wo-
hin zu lenken, u. ſ. w. ſagen wolle. Aus dieſen Em-
pfindungen iſt in uns ein allgemeiner Begriff von ei-
nem Vermoͤgen, von einer Faͤhigkeit und von einer
Kraft entſtanden, welcher immer nur ein gemeiner,
unaufgeklaͤrter und undeutlicher Begriff ſeyn mag, aber
doch ein klarer Begriff iſt, ſo daß wir Vermoͤgen von
Unvermoͤgen, Kraft von Schwaͤche, Faͤhigkeit von Un-
faͤhigkeit, und Macht von Ohnmacht ſo helle durch das
Gefuͤhl unterſcheiden, als das Weiße von dem Schwar-
zen durch die Augen.
Wir erhalten die Jdee von einem Vermoͤgen zum
Handeln aus der Empfindung, die wir von der Handlung
ſelbſt haben. Wir fuͤhlen unſern geſunden Arm auf ei-
ne gewiſſe Art; es entſtehet ein Entſchluß, ihn zu be-
wegen, ein Antrieb gegen denſelben, eine Bewegung in
dem Koͤrper und wiederum neue Gefuͤhle, die darauf
folgen. Das Gefuͤhl von dem Zuſtande, der zunaͤchſt
vor der Handlung vorhergehet, wird unterſchieden
von dem Aktus ſelbſt. Es kam zu jenem etwas hinzu,
eine Vorſtellung, eine Empfindung, ein innerer Trieb
in der Seele, oder was wir unter der Benennung von
Bewegungsgruͤnden befaſſen moͤgen, und da erfolg-
te die Thaͤtigkeit, die nicht erfolgte in einem andern Falle,
wo der naͤmliche Bewegungsgrund vorhanden war, wo
aber an dem dazu erfoderlichen vorhergehenden Zuſtande
etwas fehlte, oder wo auch noch ſonſten etwas dazwiſchen
kam. Solche Empfindungen lehren uns das bloße
unthaͤtige Vermoͤgen von dem wirkenden unter-
ſcheiden. Es haͤngen aber die Vorſtellungen von allen
unſern Vermoͤgen, ſowohl von denen, die wir eigentlich
als koͤrperliche in den Koͤrper hinſetzen, als auch von den
uͤbrigen, die wir fuͤr Seelenvermoͤgen halten, an gewiſ-
ſen Gefuͤhlen, die in uns in unſerm Jnnern ſich befin-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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