Jdeen, und aus innern Empfindungen den Stoff zu den Jdeen von den verschiedenen Arten der Ver- mögen. Es giebt also innere Gefühle, welche für uns die Charaktere der Vermögen sind, an denen wir ihre Gegenwart erkennen, so wie die dazu gehörigen Phantasme die Vorstellungen von ihnen als von abwe- senden Gegenständen ausmachen.
Das Vermögen zu einer Handlung ist etwas an sich vielbefassendes. Wenigstens ist dieß von solchen wohl richtig, die wir kennen, wenn sie auch beym ersten Blick einfache zu seyn scheinen. Sie enthalten eine Menge von Beschaffenheiten, die, wenn es körperliche Vermögen sind, größtentheils nur sehr mittelbar in ih- ren Folgen gefühlet werden, und vielleicht wird ein Theil dieser Folgen gar nicht in einem solchen Grade empfun- den, als zum Gewahrnehmen nöthig ist. Die Vermö- gen nehmen Größen, Grade und Stufen an. Das eine Vermögen ist ein größeres Ganzes, als ein anderes. Es gehört mehr Elasticität in dem Körper dazu, Luftsprün- ge machen zu können, als sich gerade auf den Füßen aufzurichten.
Von einer solchen vielbefassenden Totalempfindung der Folgen nehmen wir aber gemeiniglich nur den her- vorstechenden Theil heraus, wenn wir sie bemerken wol- len. Dieser Theil ist unser Merkmal des Ganzen, und wir setzen das Ganze in ihm. Das ist die gewöhnliche Regel des Denkens. *)
Jst es denn also zu verwundern, daß die Reflexion zuweilen irre, wenn sie urtheilet, es sey ein Vermögen in uns vorhanden, wo doch nur ein Theil davon wirk- lich empfunden wird, der zwar gewöhnlicher Weise, aber nicht allemal, das übrige mit sich vergesellschaftet hat? Wie mancher trauet sich Seelen-oder Leibeskräfte genug
zu,
*) Erster Versuch. X. s. 1. Th. S. 81-87.
und Freyheit.
Jdeen, und aus innern Empfindungen den Stoff zu den Jdeen von den verſchiedenen Arten der Ver- moͤgen. Es giebt alſo innere Gefuͤhle, welche fuͤr uns die Charaktere der Vermoͤgen ſind, an denen wir ihre Gegenwart erkennen, ſo wie die dazu gehoͤrigen Phantasme die Vorſtellungen von ihnen als von abwe- ſenden Gegenſtaͤnden ausmachen.
Das Vermoͤgen zu einer Handlung iſt etwas an ſich vielbefaſſendes. Wenigſtens iſt dieß von ſolchen wohl richtig, die wir kennen, wenn ſie auch beym erſten Blick einfache zu ſeyn ſcheinen. Sie enthalten eine Menge von Beſchaffenheiten, die, wenn es koͤrperliche Vermoͤgen ſind, groͤßtentheils nur ſehr mittelbar in ih- ren Folgen gefuͤhlet werden, und vielleicht wird ein Theil dieſer Folgen gar nicht in einem ſolchen Grade empfun- den, als zum Gewahrnehmen noͤthig iſt. Die Vermoͤ- gen nehmen Groͤßen, Grade und Stufen an. Das eine Vermoͤgen iſt ein groͤßeres Ganzes, als ein anderes. Es gehoͤrt mehr Elaſticitaͤt in dem Koͤrper dazu, Luftſpruͤn- ge machen zu koͤnnen, als ſich gerade auf den Fuͤßen aufzurichten.
Von einer ſolchen vielbefaſſenden Totalempfindung der Folgen nehmen wir aber gemeiniglich nur den her- vorſtechenden Theil heraus, wenn wir ſie bemerken wol- len. Dieſer Theil iſt unſer Merkmal des Ganzen, und wir ſetzen das Ganze in ihm. Das iſt die gewoͤhnliche Regel des Denkens. *)
Jſt es denn alſo zu verwundern, daß die Reflexion zuweilen irre, wenn ſie urtheilet, es ſey ein Vermoͤgen in uns vorhanden, wo doch nur ein Theil davon wirk- lich empfunden wird, der zwar gewoͤhnlicher Weiſe, aber nicht allemal, das uͤbrige mit ſich vergeſellſchaftet hat? Wie mancher trauet ſich Seelen-oder Leibeskraͤfte genug
zu,
*) Erſter Verſuch. X. ſ. 1. Th. S. 81-87.
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und Freyheit.
Jdeen, und aus innern Empfindungen den Stoff zu
den Jdeen von den verſchiedenen Arten der Ver-
moͤgen. Es giebt alſo innere Gefuͤhle, welche fuͤr
uns die Charaktere der Vermoͤgen ſind, an denen
wir ihre Gegenwart erkennen, ſo wie die dazu gehoͤrigen
Phantasme die Vorſtellungen von ihnen als von abwe-
ſenden Gegenſtaͤnden ausmachen.
Das Vermoͤgen zu einer Handlung iſt etwas
an ſich vielbefaſſendes. Wenigſtens iſt dieß von ſolchen
wohl richtig, die wir kennen, wenn ſie auch beym erſten
Blick einfache zu ſeyn ſcheinen. Sie enthalten eine
Menge von Beſchaffenheiten, die, wenn es koͤrperliche
Vermoͤgen ſind, groͤßtentheils nur ſehr mittelbar in ih-
ren Folgen gefuͤhlet werden, und vielleicht wird ein Theil
dieſer Folgen gar nicht in einem ſolchen Grade empfun-
den, als zum Gewahrnehmen noͤthig iſt. Die Vermoͤ-
gen nehmen Groͤßen, Grade und Stufen an. Das eine
Vermoͤgen iſt ein groͤßeres Ganzes, als ein anderes. Es
gehoͤrt mehr Elaſticitaͤt in dem Koͤrper dazu, Luftſpruͤn-
ge machen zu koͤnnen, als ſich gerade auf den Fuͤßen
aufzurichten.
Von einer ſolchen vielbefaſſenden Totalempfindung
der Folgen nehmen wir aber gemeiniglich nur den her-
vorſtechenden Theil heraus, wenn wir ſie bemerken wol-
len. Dieſer Theil iſt unſer Merkmal des Ganzen, und
wir ſetzen das Ganze in ihm. Das iſt die gewoͤhnliche
Regel des Denkens. *)
Jſt es denn alſo zu verwundern, daß die Reflexion
zuweilen irre, wenn ſie urtheilet, es ſey ein Vermoͤgen
in uns vorhanden, wo doch nur ein Theil davon wirk-
lich empfunden wird, der zwar gewoͤhnlicher Weiſe, aber
nicht allemal, das uͤbrige mit ſich vergeſellſchaftet hat?
Wie mancher trauet ſich Seelen-oder Leibeskraͤfte genug
zu,
*) Erſter Verſuch. X. ſ. 1. Th. S. 81-87.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/43>, abgerufen am 23.11.2024.
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