Materie aus, füllen die Maschen aus, und sind das, was der Einschlag bey dem Weber ist. *) Der Keim ist organisirt und enthält alle Formen des ganzen organisirten Körpers in sich. Die Nahrung formet nicht. Die Theile, welche hervorgehen, haben zwar Verhältnisse und Beziehungen gegen einander, die in so weit von der Masse oder von der Anhäufung der Materie abhangen, wodurch Größe, Festigkeit und Figur bestimmt wird, als es dabey auf die Größe der Theile ankommt; aber wenn man absondert, was eigentlich Verhältnisse der Massen sind, so muß in Hinsicht aller übrigen Beziehungen der Keim den Grund zu ihnen enthalten, und in dessen Elementen eine verhältnißmäßige Verschiedenheit liegen, welche in den Verhältnissen der entwickelten Theile nur sichtbar wird und hervorgeht.
Herr Bonnet will dennoch nicht, daß man sich im Keime den Abriß des Thiers oder der Pflanze im Kleinen vorstellen solle. Er erklärt diese Jdee für unrichtig, und läugnet, daß er dieß habe sa- gen wollen. Seine letztere Erklärung von einem Keim, die er in der Vorrede zu seinem vortrefflichen Buch über die organisirten Körper gegeben hat, be- stimmet nichts weiter, als daß der Grund der Bil- dung völlig in dem Keim liege, oder daß die Bil- dung des Ganzen schon in der Bildung des Keims enthalten sey. "Durch den Keim", sagt er, "verstehe "ich jegliche Vorherverordnung, jegliche Vorherbil- "dung der Theile, die durch sich selbst vermögend ist, "das Daseyn einer Pflanze oder eines Thieres zu be- "stimmen. Jch behaupte aber deßhalb nicht, daß "die Knöpfchen an den Ausschößlingen der Armpoly- "pen schon an sich selbst Polypen im Kleinen, und "unter der Haut der Mutter versteckt sind, sondern
"daß
*) Ebendaselbst, Art. 14. 83.
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
Materie aus, fuͤllen die Maſchen aus, und ſind das, was der Einſchlag bey dem Weber iſt. *) Der Keim iſt organiſirt und enthaͤlt alle Formen des ganzen organiſirten Koͤrpers in ſich. Die Nahrung formet nicht. Die Theile, welche hervorgehen, haben zwar Verhaͤltniſſe und Beziehungen gegen einander, die in ſo weit von der Maſſe oder von der Anhaͤufung der Materie abhangen, wodurch Groͤße, Feſtigkeit und Figur beſtimmt wird, als es dabey auf die Groͤße der Theile ankommt; aber wenn man abſondert, was eigentlich Verhaͤltniſſe der Maſſen ſind, ſo muß in Hinſicht aller uͤbrigen Beziehungen der Keim den Grund zu ihnen enthalten, und in deſſen Elementen eine verhaͤltnißmaͤßige Verſchiedenheit liegen, welche in den Verhaͤltniſſen der entwickelten Theile nur ſichtbar wird und hervorgeht.
Herr Bonnet will dennoch nicht, daß man ſich im Keime den Abriß des Thiers oder der Pflanze im Kleinen vorſtellen ſolle. Er erklaͤrt dieſe Jdee fuͤr unrichtig, und laͤugnet, daß er dieß habe ſa- gen wollen. Seine letztere Erklaͤrung von einem Keim, die er in der Vorrede zu ſeinem vortrefflichen Buch uͤber die organiſirten Koͤrper gegeben hat, be- ſtimmet nichts weiter, als daß der Grund der Bil- dung voͤllig in dem Keim liege, oder daß die Bil- dung des Ganzen ſchon in der Bildung des Keims enthalten ſey. „Durch den Keim‟, ſagt er, „verſtehe „ich jegliche Vorherverordnung, jegliche Vorherbil- „dung der Theile, die durch ſich ſelbſt vermoͤgend iſt, „das Daſeyn einer Pflanze oder eines Thieres zu be- „ſtimmen. Jch behaupte aber deßhalb nicht, daß „die Knoͤpfchen an den Ausſchoͤßlingen der Armpoly- „pen ſchon an ſich ſelbſt Polypen im Kleinen, und „unter der Haut der Mutter verſteckt ſind, ſondern
„daß
*) Ebendaſelbſt, Art. 14. 83.
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
Materie aus, fuͤllen die Maſchen aus, und ſind
das, was der Einſchlag bey dem Weber iſt. *) Der
Keim iſt organiſirt und enthaͤlt alle Formen des ganzen
organiſirten Koͤrpers in ſich. Die Nahrung formet
nicht. Die Theile, welche hervorgehen, haben zwar
Verhaͤltniſſe und Beziehungen gegen einander, die in
ſo weit von der Maſſe oder von der Anhaͤufung der
Materie abhangen, wodurch Groͤße, Feſtigkeit und
Figur beſtimmt wird, als es dabey auf die Groͤße
der Theile ankommt; aber wenn man abſondert, was
eigentlich Verhaͤltniſſe der Maſſen ſind, ſo muß in
Hinſicht aller uͤbrigen Beziehungen der Keim den
Grund zu ihnen enthalten, und in deſſen Elementen
eine verhaͤltnißmaͤßige Verſchiedenheit liegen, welche
in den Verhaͤltniſſen der entwickelten Theile nur
ſichtbar wird und hervorgeht.
Herr Bonnet will dennoch nicht, daß man ſich
im Keime den Abriß des Thiers oder der Pflanze
im Kleinen vorſtellen ſolle. Er erklaͤrt dieſe Jdee
fuͤr unrichtig, und laͤugnet, daß er dieß habe ſa-
gen wollen. Seine letztere Erklaͤrung von einem
Keim, die er in der Vorrede zu ſeinem vortrefflichen
Buch uͤber die organiſirten Koͤrper gegeben hat, be-
ſtimmet nichts weiter, als daß der Grund der Bil-
dung voͤllig in dem Keim liege, oder daß die Bil-
dung des Ganzen ſchon in der Bildung des Keims
enthalten ſey. „Durch den Keim‟, ſagt er, „verſtehe
„ich jegliche Vorherverordnung, jegliche Vorherbil-
„dung der Theile, die durch ſich ſelbſt vermoͤgend iſt,
„das Daſeyn einer Pflanze oder eines Thieres zu be-
„ſtimmen. Jch behaupte aber deßhalb nicht, daß
„die Knoͤpfchen an den Ausſchoͤßlingen der Armpoly-
„pen ſchon an ſich ſelbſt Polypen im Kleinen, und
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„daß
*) Ebendaſelbſt, Art. 14. 83.
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/486>, abgerufen am 22.11.2024.
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