tion. Nur wird diese schon etwas weiter ausgedehnet, oder doch so unbestimmt vorgetragen, daß hiebey nicht so ausdrücklich, wie bey der buffonischen, eine vorexisti- rende Organisation zu der Bildung einer neuen erfodert wird. Jch sage, nicht so deutlich sey dieses bestimmt. Denn Hr. Needham hat sich wirklich so unbestimmt ausgedruckt, daß er selbst Schuld daran ist, wenn man ihm den Vorwurf, die alte verworfene generationem aequivocam wieder einführen zu wollen, gemacht hat. *)
Jndessen ist es doch auch vorher auszumachen, was und wie viel in diesem letztern Vorwurf enthalten sey? Soll die ungleichartige Erzeugung (generatio aequivoca) eine Erzeugung organischer Wesen aus un- organisirter Materie seyn, ohne daß eine vorhergebildete organisirte Ursache solche zusammenbringe? Sollen Jnsekten aus der Vermoderung entstehen, das ist, We- sen, die organisirt sind, zusammengesetzt werden aus ei- ner Materie, die es nicht ist, und die regellos oder doch nicht nach den Gesetzen einer Organisation beweget wird? Dieß hieße so viel als, Ordnung soll aus Un- ordnung entstehen, Regelmäßigkeit aus Regellosigkeit, im Grunde, ein Etwas aus Nichts. Bis so weit ist die ungleichartige Erzeugung ein Unding vor der Ver-
nunft.
*)Observat. microscopiques. Wie weit die Meinung des Hrn. Etatsr. Müllers über die Entstehungsart der Jnfusionsthierchen, in der Vorrede zu der Historia ver- mium p. 1. sich dieser nähere oder nicht, will ich hier nicht untersuchen. Es ist meine Meinung nicht, ein kritisches Verzeichniß der verschiedenen Hypothesen über die Zeugung zu liefern, sondern die Reihe der allgemei- nen Vernunftbegriffe vorzulegen, wornach diese Mei- nungen übersehen, verglichen, und wenn man die Fak- ta aus der Naturgeschichte damit verbindet, beurthei- let werden müssen. Denn es wird sich bald zeigen, daß letzteres fast allein, etwas weniges ausgenommen, nur mittelst der Erfahrung geschehen könne.
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
tion. Nur wird dieſe ſchon etwas weiter ausgedehnet, oder doch ſo unbeſtimmt vorgetragen, daß hiebey nicht ſo ausdruͤcklich, wie bey der buffoniſchen, eine vorexiſti- rende Organiſation zu der Bildung einer neuen erfodert wird. Jch ſage, nicht ſo deutlich ſey dieſes beſtimmt. Denn Hr. Needham hat ſich wirklich ſo unbeſtimmt ausgedruckt, daß er ſelbſt Schuld daran iſt, wenn man ihm den Vorwurf, die alte verworfene generationem æquivocam wieder einfuͤhren zu wollen, gemacht hat. *)
Jndeſſen iſt es doch auch vorher auszumachen, was und wie viel in dieſem letztern Vorwurf enthalten ſey? Soll die ungleichartige Erzeugung (generatio æquivoca) eine Erzeugung organiſcher Weſen aus un- organiſirter Materie ſeyn, ohne daß eine vorhergebildete organiſirte Urſache ſolche zuſammenbringe? Sollen Jnſekten aus der Vermoderung entſtehen, das iſt, We- ſen, die organiſirt ſind, zuſammengeſetzt werden aus ei- ner Materie, die es nicht iſt, und die regellos oder doch nicht nach den Geſetzen einer Organiſation beweget wird? Dieß hieße ſo viel als, Ordnung ſoll aus Un- ordnung entſtehen, Regelmaͤßigkeit aus Regelloſigkeit, im Grunde, ein Etwas aus Nichts. Bis ſo weit iſt die ungleichartige Erzeugung ein Unding vor der Ver-
nunft.
*)Obſervat. microſcopiques. Wie weit die Meinung des Hrn. Etatsr. Muͤllers uͤber die Entſtehungsart der Jnfuſionsthierchen, in der Vorrede zu der Hiſtoria ver- mium p. 1. ſich dieſer naͤhere oder nicht, will ich hier nicht unterſuchen. Es iſt meine Meinung nicht, ein kritiſches Verzeichniß der verſchiedenen Hypotheſen uͤber die Zeugung zu liefern, ſondern die Reihe der allgemei- nen Vernunftbegriffe vorzulegen, wornach dieſe Mei- nungen uͤberſehen, verglichen, und wenn man die Fak- ta aus der Naturgeſchichte damit verbindet, beurthei- let werden muͤſſen. Denn es wird ſich bald zeigen, daß letzteres faſt allein, etwas weniges ausgenommen, nur mittelſt der Erfahrung geſchehen koͤnne.
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
tion. Nur wird dieſe ſchon etwas weiter ausgedehnet,
oder doch ſo unbeſtimmt vorgetragen, daß hiebey nicht
ſo ausdruͤcklich, wie bey der buffoniſchen, eine vorexiſti-
rende Organiſation zu der Bildung einer neuen erfodert
wird. Jch ſage, nicht ſo deutlich ſey dieſes beſtimmt.
Denn Hr. Needham hat ſich wirklich ſo unbeſtimmt
ausgedruckt, daß er ſelbſt Schuld daran iſt, wenn man
ihm den Vorwurf, die alte verworfene generationem
æquivocam wieder einfuͤhren zu wollen, gemacht hat. *)
Jndeſſen iſt es doch auch vorher auszumachen, was
und wie viel in dieſem letztern Vorwurf enthalten ſey?
Soll die ungleichartige Erzeugung (generatio
æquivoca) eine Erzeugung organiſcher Weſen aus un-
organiſirter Materie ſeyn, ohne daß eine vorhergebildete
organiſirte Urſache ſolche zuſammenbringe? Sollen
Jnſekten aus der Vermoderung entſtehen, das iſt, We-
ſen, die organiſirt ſind, zuſammengeſetzt werden aus ei-
ner Materie, die es nicht iſt, und die regellos oder
doch nicht nach den Geſetzen einer Organiſation beweget
wird? Dieß hieße ſo viel als, Ordnung ſoll aus Un-
ordnung entſtehen, Regelmaͤßigkeit aus Regelloſigkeit,
im Grunde, ein Etwas aus Nichts. Bis ſo weit iſt
die ungleichartige Erzeugung ein Unding vor der Ver-
nunft.
*) Obſervat. microſcopiques. Wie weit die Meinung
des Hrn. Etatsr. Muͤllers uͤber die Entſtehungsart der
Jnfuſionsthierchen, in der Vorrede zu der Hiſtoria ver-
mium p. 1. ſich dieſer naͤhere oder nicht, will ich hier
nicht unterſuchen. Es iſt meine Meinung nicht, ein
kritiſches Verzeichniß der verſchiedenen Hypotheſen uͤber
die Zeugung zu liefern, ſondern die Reihe der allgemei-
nen Vernunftbegriffe vorzulegen, wornach dieſe Mei-
nungen uͤberſehen, verglichen, und wenn man die Fak-
ta aus der Naturgeſchichte damit verbindet, beurthei-
let werden muͤſſen. Denn es wird ſich bald zeigen, daß
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/500>, abgerufen am 29.06.2024.
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