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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Erbpacht.
des Geldes, aber nicht in längern Perioden, sondern hält sich, mit allen wahren
Bedürfnissen des Lebens, weil durch ihn der Arbeitspreis im Allgemeinen bestimmt
wird, im Gleichgewichte. Daher muß die Erbpacht auf ein Maaß des gewöhn-
lichsten Getreides bestimmt, dieses aber in der Regel nicht in natura -- weil da-
bei das Erbpachtsquantum in einem Jahre von hohem, im andern von geringem
Werthe seyn würde -- sondern nach dem Durchschnitt des Preises einer Reihe
vorhergegangener Jahre in Gelde bezahlt werden. Jedoch sind bei Ziehung dieses
Durchschnittspreises diejenigen Jahre und Zeiten herauszulassen, wo der Preis
durch Mißwachs oder durch andere außerordentliche Konjunkturen sehr hoch gestie-
gen war, weil der Erbpächter beim Mißwachse, des hohen Preises ungeachtet,
doch wohl Schaden gehabt, die Rückkehr außerordentlicher Umstände aber nicht zu
erwarten und nicht zu hoffen ist. So würde es höchst unbillig seyn, einen Durch-
schnittspreis nach diesem letzten erlebten Decennium -- wo die sämmtlichen Ernten
unter dem mittelmäßigen waren, und andere den Preis erhöhende Umstände hinzu-
kamen -- zu bestimmen, und es wäre wahrscheinlich, daß in dem nächsten ein
jeder Erbpächter dabei zu Grunde gehen müßte.

Gegen diese Berechnung des Erbpachtgeldes nach dem Preise des Getreides
hat man eingewandt, daß, da dieser variiren und sinken könne, eine gewisse Rente
wiederum nicht gesichert sey. Allein der reale Werth derselben bleibt hierbei immer
gleich, und nur der nominale verändert sich. In Ansehung der Staatseinkünfte,
wo man dieses am gefährlichsten gehalten hat, würde sich ein großer Theil der Aus-
gaben, in Ansehung ihres nominalen Betrages, zum entschiedenen Vortheil des
Ganzen mit verändern lassen, z. B. alle Besoldungen, die nun von zehn zu zehn
Jahren nach den steigenden oder fallenden Preisen im Gelde vermehrt oder vermin-
dert werden müßten, wodurch einem jeden sein angemessenes Auskommen mehr
wie jetzt gesichert wäre.

§. 131.

Vortheile der
Erbpacht.
Die Vortheile der Vererbpachtung sind so evident, daß es keinen Zweifel
hat, ihre Einrichtung werde in unserm schärfer rechnenden Zeitalter bald allgemein
werden, wenigstens da, wo die Grundbesitzungen noch von beträchtlicher Größe
sind. Auch werden andere Grundstücke, die bisher unter unsichern und beiden
Theilen lästigern Bedingungen überlassen worden, nun auf diese Erbpachtseinrich-
tung modifizirt werden. Dies ist ohne Zweifel die sicherste Basis, worauf der all-

Die Erbpacht.
des Geldes, aber nicht in laͤngern Perioden, ſondern haͤlt ſich, mit allen wahren
Beduͤrfniſſen des Lebens, weil durch ihn der Arbeitspreis im Allgemeinen beſtimmt
wird, im Gleichgewichte. Daher muß die Erbpacht auf ein Maaß des gewoͤhn-
lichſten Getreides beſtimmt, dieſes aber in der Regel nicht in natura — weil da-
bei das Erbpachtsquantum in einem Jahre von hohem, im andern von geringem
Werthe ſeyn wuͤrde — ſondern nach dem Durchſchnitt des Preiſes einer Reihe
vorhergegangener Jahre in Gelde bezahlt werden. Jedoch ſind bei Ziehung dieſes
Durchſchnittspreiſes diejenigen Jahre und Zeiten herauszulaſſen, wo der Preis
durch Mißwachs oder durch andere außerordentliche Konjunkturen ſehr hoch geſtie-
gen war, weil der Erbpaͤchter beim Mißwachſe, des hohen Preiſes ungeachtet,
doch wohl Schaden gehabt, die Ruͤckkehr außerordentlicher Umſtaͤnde aber nicht zu
erwarten und nicht zu hoffen iſt. So wuͤrde es hoͤchſt unbillig ſeyn, einen Durch-
ſchnittspreis nach dieſem letzten erlebten Decennium — wo die ſaͤmmtlichen Ernten
unter dem mittelmaͤßigen waren, und andere den Preis erhoͤhende Umſtaͤnde hinzu-
kamen — zu beſtimmen, und es waͤre wahrſcheinlich, daß in dem naͤchſten ein
jeder Erbpaͤchter dabei zu Grunde gehen muͤßte.

Gegen dieſe Berechnung des Erbpachtgeldes nach dem Preiſe des Getreides
hat man eingewandt, daß, da dieſer variiren und ſinken koͤnne, eine gewiſſe Rente
wiederum nicht geſichert ſey. Allein der reale Werth derſelben bleibt hierbei immer
gleich, und nur der nominale veraͤndert ſich. In Anſehung der Staatseinkuͤnfte,
wo man dieſes am gefaͤhrlichſten gehalten hat, wuͤrde ſich ein großer Theil der Aus-
gaben, in Anſehung ihres nominalen Betrages, zum entſchiedenen Vortheil des
Ganzen mit veraͤndern laſſen, z. B. alle Beſoldungen, die nun von zehn zu zehn
Jahren nach den ſteigenden oder fallenden Preiſen im Gelde vermehrt oder vermin-
dert werden muͤßten, wodurch einem jeden ſein angemeſſenes Auskommen mehr
wie jetzt geſichert waͤre.

§. 131.

Vortheile der
Erbpacht.
Die Vortheile der Vererbpachtung ſind ſo evident, daß es keinen Zweifel
hat, ihre Einrichtung werde in unſerm ſchaͤrfer rechnenden Zeitalter bald allgemein
werden, wenigſtens da, wo die Grundbeſitzungen noch von betraͤchtlicher Groͤße
ſind. Auch werden andere Grundſtuͤcke, die bisher unter unſichern und beiden
Theilen laͤſtigern Bedingungen uͤberlaſſen worden, nun auf dieſe Erbpachtseinrich-
tung modifizirt werden. Dies iſt ohne Zweifel die ſicherſte Baſis, worauf der all-

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[90/0120] Die Erbpacht. des Geldes, aber nicht in laͤngern Perioden, ſondern haͤlt ſich, mit allen wahren Beduͤrfniſſen des Lebens, weil durch ihn der Arbeitspreis im Allgemeinen beſtimmt wird, im Gleichgewichte. Daher muß die Erbpacht auf ein Maaß des gewoͤhn- lichſten Getreides beſtimmt, dieſes aber in der Regel nicht in natura — weil da- bei das Erbpachtsquantum in einem Jahre von hohem, im andern von geringem Werthe ſeyn wuͤrde — ſondern nach dem Durchſchnitt des Preiſes einer Reihe vorhergegangener Jahre in Gelde bezahlt werden. Jedoch ſind bei Ziehung dieſes Durchſchnittspreiſes diejenigen Jahre und Zeiten herauszulaſſen, wo der Preis durch Mißwachs oder durch andere außerordentliche Konjunkturen ſehr hoch geſtie- gen war, weil der Erbpaͤchter beim Mißwachſe, des hohen Preiſes ungeachtet, doch wohl Schaden gehabt, die Ruͤckkehr außerordentlicher Umſtaͤnde aber nicht zu erwarten und nicht zu hoffen iſt. So wuͤrde es hoͤchſt unbillig ſeyn, einen Durch- ſchnittspreis nach dieſem letzten erlebten Decennium — wo die ſaͤmmtlichen Ernten unter dem mittelmaͤßigen waren, und andere den Preis erhoͤhende Umſtaͤnde hinzu- kamen — zu beſtimmen, und es waͤre wahrſcheinlich, daß in dem naͤchſten ein jeder Erbpaͤchter dabei zu Grunde gehen muͤßte. Gegen dieſe Berechnung des Erbpachtgeldes nach dem Preiſe des Getreides hat man eingewandt, daß, da dieſer variiren und ſinken koͤnne, eine gewiſſe Rente wiederum nicht geſichert ſey. Allein der reale Werth derſelben bleibt hierbei immer gleich, und nur der nominale veraͤndert ſich. In Anſehung der Staatseinkuͤnfte, wo man dieſes am gefaͤhrlichſten gehalten hat, wuͤrde ſich ein großer Theil der Aus- gaben, in Anſehung ihres nominalen Betrages, zum entſchiedenen Vortheil des Ganzen mit veraͤndern laſſen, z. B. alle Beſoldungen, die nun von zehn zu zehn Jahren nach den ſteigenden oder fallenden Preiſen im Gelde vermehrt oder vermin- dert werden muͤßten, wodurch einem jeden ſein angemeſſenes Auskommen mehr wie jetzt geſichert waͤre. §. 131. Die Vortheile der Vererbpachtung ſind ſo evident, daß es keinen Zweifel hat, ihre Einrichtung werde in unſerm ſchaͤrfer rechnenden Zeitalter bald allgemein werden, wenigſtens da, wo die Grundbeſitzungen noch von betraͤchtlicher Groͤße ſind. Auch werden andere Grundſtuͤcke, die bisher unter unſichern und beiden Theilen laͤſtigern Bedingungen uͤberlaſſen worden, nun auf dieſe Erbpachtseinrich- tung modifizirt werden. Dies iſt ohne Zweifel die ſicherſte Baſis, worauf der all- Vortheile der Erbpacht.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/120>, abgerufen am 21.11.2024.