und sich einander ihre angebliche Rechtlichkeit bezeugen. Dagegen muß der ein sehr schlechter und von Grund aus verdorbener Mensch seyn, der bei vollem be- zeugten Zutrauen Veruntreuungen begeht. Es giebt aber Zeichen, woran man Menschen dieser Art sehr bald erkennt.
§. 208.
Vorwerks- und Unter- verwalter.Wenn Besitzungen aus mehrern Gütern oder Vorwerken bestehen, so pflegt ein jedes seinen besondern Aufseher oder Verwalter zu haben, die dann dem allge- meinen Wirthschaftsdirektor subordinirt sind, und von diesem, so oft es nöthig ist, spezielle Vorschriften zu ihrem Verfahren erhalten. Je nachdem diese Vor- werke ihren eigenen Haushalt, Bestand von Zug- und Nutzvieh und die dazu ge- hörigen Menschen haben, oder in Hinsicht alles dessen mit dem Haupthofe in ge- nauer Verbindung stehen, von daher ihren Bedarf erhalten, und dahin ihren Ertrag abliefern, auch weiter oder näher abgelegen sind, wohnt ein solcher Ver- walter auf dem Vorwerke oder auf dem Haupthofe, und begiebt sich von hier ab täglich dahin.
Verwalter dieser Klasse können bloß mechanisch unterrichtete Leute seyn, welche nur die Gewandheit haben, positive Vorschriften, die ihnen unter allen Umständen gegeben werden, und die sie einholen müssen, auszuführen. Thätig- keit, Aufmerksamkeit, Redlichkeit, ein gewisses praktisches Gefühl und Augen- maaß und pünktliche Folgsamkeit sind die nöthigen Eigenschaften dieser Leute; auf gründliche Kenntnisse kommt es bei ihnen nicht an, und ein bischen fragmentari- sches Wissen, was über ihren täglichen Wirkungskreis hinausgeht, wird vielmehr leicht nachtheilig. Leute dieser Art werden am besten aus dem gewöhnlichen Bauerstande genommen, und man wählt dazu am besten schon früh in der Jugend Burschen aus, die sich durch Aktivität, Ehrliebe und Rechtlichkeit vor andern auszeichnen, sucht sie sich anhänglich zu machen, und giebt ihnen allmählig einen Vorzug, macht sie dann zu sogenannten Ackervoigten oder Meisterknechten, welche die Aufsicht über anderes Gesinde und besondere Geschäfte führen, läßt sie im Schreiben und Rechnen mehr unterrichten, und bringt sie somit dahin, daß sie bei mehr gesetzten Jahren die Uebersicht der Geschäfte einer spezialen Wirthschaft erlangen, und nun die Führung derselben übernehmen können. Bei Menschen, welche man sich auf diese Weise angezogen hat, und die im Gesindesstande die
Direktion der Wirthſchaft.
und ſich einander ihre angebliche Rechtlichkeit bezeugen. Dagegen muß der ein ſehr ſchlechter und von Grund aus verdorbener Menſch ſeyn, der bei vollem be- zeugten Zutrauen Veruntreuungen begeht. Es giebt aber Zeichen, woran man Menſchen dieſer Art ſehr bald erkennt.
§. 208.
Vorwerks- und Unter- verwalter.Wenn Beſitzungen aus mehrern Guͤtern oder Vorwerken beſtehen, ſo pflegt ein jedes ſeinen beſondern Aufſeher oder Verwalter zu haben, die dann dem allge- meinen Wirthſchaftsdirektor ſubordinirt ſind, und von dieſem, ſo oft es noͤthig iſt, ſpezielle Vorſchriften zu ihrem Verfahren erhalten. Je nachdem dieſe Vor- werke ihren eigenen Haushalt, Beſtand von Zug- und Nutzvieh und die dazu ge- hoͤrigen Menſchen haben, oder in Hinſicht alles deſſen mit dem Haupthofe in ge- nauer Verbindung ſtehen, von daher ihren Bedarf erhalten, und dahin ihren Ertrag abliefern, auch weiter oder naͤher abgelegen ſind, wohnt ein ſolcher Ver- walter auf dem Vorwerke oder auf dem Haupthofe, und begiebt ſich von hier ab taͤglich dahin.
Verwalter dieſer Klaſſe koͤnnen bloß mechaniſch unterrichtete Leute ſeyn, welche nur die Gewandheit haben, poſitive Vorſchriften, die ihnen unter allen Umſtaͤnden gegeben werden, und die ſie einholen muͤſſen, auszufuͤhren. Thaͤtig- keit, Aufmerkſamkeit, Redlichkeit, ein gewiſſes praktiſches Gefuͤhl und Augen- maaß und puͤnktliche Folgſamkeit ſind die noͤthigen Eigenſchaften dieſer Leute; auf gruͤndliche Kenntniſſe kommt es bei ihnen nicht an, und ein bischen fragmentari- ſches Wiſſen, was uͤber ihren taͤglichen Wirkungskreis hinausgeht, wird vielmehr leicht nachtheilig. Leute dieſer Art werden am beſten aus dem gewoͤhnlichen Bauerſtande genommen, und man waͤhlt dazu am beſten ſchon fruͤh in der Jugend Burſchen aus, die ſich durch Aktivitaͤt, Ehrliebe und Rechtlichkeit vor andern auszeichnen, ſucht ſie ſich anhaͤnglich zu machen, und giebt ihnen allmaͤhlig einen Vorzug, macht ſie dann zu ſogenannten Ackervoigten oder Meiſterknechten, welche die Aufſicht uͤber anderes Geſinde und beſondere Geſchaͤfte fuͤhren, laͤßt ſie im Schreiben und Rechnen mehr unterrichten, und bringt ſie ſomit dahin, daß ſie bei mehr geſetzten Jahren die Ueberſicht der Geſchaͤfte einer ſpezialen Wirthſchaft erlangen, und nun die Fuͤhrung derſelben uͤbernehmen koͤnnen. Bei Menſchen, welche man ſich auf dieſe Weiſe angezogen hat, und die im Geſindesſtande die
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Direktion der Wirthſchaft.
und ſich einander ihre angebliche Rechtlichkeit bezeugen. Dagegen muß der ein
ſehr ſchlechter und von Grund aus verdorbener Menſch ſeyn, der bei vollem be-
zeugten Zutrauen Veruntreuungen begeht. Es giebt aber Zeichen, woran man
Menſchen dieſer Art ſehr bald erkennt.
§. 208.
Wenn Beſitzungen aus mehrern Guͤtern oder Vorwerken beſtehen, ſo pflegt
ein jedes ſeinen beſondern Aufſeher oder Verwalter zu haben, die dann dem allge-
meinen Wirthſchaftsdirektor ſubordinirt ſind, und von dieſem, ſo oft es noͤthig
iſt, ſpezielle Vorſchriften zu ihrem Verfahren erhalten. Je nachdem dieſe Vor-
werke ihren eigenen Haushalt, Beſtand von Zug- und Nutzvieh und die dazu ge-
hoͤrigen Menſchen haben, oder in Hinſicht alles deſſen mit dem Haupthofe in ge-
nauer Verbindung ſtehen, von daher ihren Bedarf erhalten, und dahin ihren
Ertrag abliefern, auch weiter oder naͤher abgelegen ſind, wohnt ein ſolcher Ver-
walter auf dem Vorwerke oder auf dem Haupthofe, und begiebt ſich von hier
ab taͤglich dahin.
Vorwerks-
und Unter-
verwalter.
Verwalter dieſer Klaſſe koͤnnen bloß mechaniſch unterrichtete Leute ſeyn,
welche nur die Gewandheit haben, poſitive Vorſchriften, die ihnen unter allen
Umſtaͤnden gegeben werden, und die ſie einholen muͤſſen, auszufuͤhren. Thaͤtig-
keit, Aufmerkſamkeit, Redlichkeit, ein gewiſſes praktiſches Gefuͤhl und Augen-
maaß und puͤnktliche Folgſamkeit ſind die noͤthigen Eigenſchaften dieſer Leute; auf
gruͤndliche Kenntniſſe kommt es bei ihnen nicht an, und ein bischen fragmentari-
ſches Wiſſen, was uͤber ihren taͤglichen Wirkungskreis hinausgeht, wird vielmehr
leicht nachtheilig. Leute dieſer Art werden am beſten aus dem gewoͤhnlichen
Bauerſtande genommen, und man waͤhlt dazu am beſten ſchon fruͤh in der Jugend
Burſchen aus, die ſich durch Aktivitaͤt, Ehrliebe und Rechtlichkeit vor andern
auszeichnen, ſucht ſie ſich anhaͤnglich zu machen, und giebt ihnen allmaͤhlig einen
Vorzug, macht ſie dann zu ſogenannten Ackervoigten oder Meiſterknechten,
welche die Aufſicht uͤber anderes Geſinde und beſondere Geſchaͤfte fuͤhren, laͤßt ſie
im Schreiben und Rechnen mehr unterrichten, und bringt ſie ſomit dahin, daß ſie
bei mehr geſetzten Jahren die Ueberſicht der Geſchaͤfte einer ſpezialen Wirthſchaft
erlangen, und nun die Fuͤhrung derſelben uͤbernehmen koͤnnen. Bei Menſchen,
welche man ſich auf dieſe Weiſe angezogen hat, und die im Geſindesſtande die
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/218>, abgerufen am 17.02.2025.
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