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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Direktion der Wirthschaft.

Der möglich theuerste Verkauf und die Benutzung der höchsten Preise ist, --
was auch einige einseitige Moralisten dagegen sagen, -- Pflicht des landwirthschaft-
lichen Gewerbsmannes. Die vielen Unfälle und das Risiko, denen die Landwirth-
schaft unterworfen ist, können nicht anders als durch die Benutzung glücklicher Kon-
junkturen wieder aufgewogen werden. Und wenn diese sich nicht von Zeit zu Zeit er-
eigneten, so würde man mit den Anschlägen in Rücksicht der unzuberechnenden Un-
fälle fast immer zu kurz schießen.

Indessen ist es mehrentheils nicht thunlich, daß der Landwirth mit seinem Ver-
kaufe bis auf den wahrscheinlich höchsten Preis gänzlich zurückhalte und unter demsel-
ben nichts losschlage. In den meisten Fällen gebraucht er früher Geld, bevor dieser
höchste Preis eintritt, und wenn er dieses gleich auf seinen Kredit anderweitig erhalten
könnte, so würde sich doch bei einer genauen Berechnung der Unkosten und der Zinsen
häufig ergeben, daß kein wahrer Vortheil dabei sey, zumal wenn er in Anschlag
bringt, wie sehr ihn die unangenehmen Geschäfte des Geldnegozes von der Beachtung
der übrigen abziehen, und in welche Verlegenheit zuweilen die Wiederbezahlungster-
mine setzen können. Ohne die mannigfaltigen Fälle, wo solche Spekulationen nach-
theilig ausschlagen können, hier anzuführen, wird sich jeder leicht an Beispiele erin-
nern, wo übrigens sehr gute Wirthe gerade hiedurch zurückgekommen sind. Wenn
es aber auch der Landwirth mit seinem Betriebskapital oder Kassenvorrath zwingen
kann, so lähmt er sich doch oft dadurch zu andern vortheilhaften Unternehmungen,
wozu sich häufig Gelegenheit findet, wenn größerer Vorrath in der Kasse ist.

Ferner fehlt es, um beträchtliche Aufschüttungen zu machen, in den meisten
Wirthschaften an Raum, und besonders an solchem, wo das Getreide gegen alles
Verderben und Unfälle gesichert ist.

Vorzüglich aber ist auf die Bequemlichkeit des Verfahrens, da wo dieses auf der
Achse geschehen muß, oder wo es dem Landwirthe nicht vom Hofe abgeholt wird,
große Rücksicht zu nehmen. Selten stehen die Getreidepreise dann am höchsten,
wenn hierzu die bequemste Zeit vorhanden; wogegen dann, wenn die Preise auf den
höchsten Punkt kommen, die wichtigsten Arbeiten auf den Acker vorfallen und ver-
nachläßigt werden müßten, wenn Getreidefuhren nicht gegen Lohn geschehen könnten.
Oft tritt dann der Fall ein, daß man gern verkaufte, aber kein Gespann zum Verfah-
ren übrig hat, so daß die aufgehäuften Vorräthe sodann sehr lästig werden, und man

Direktion der Wirthſchaft.

Der moͤglich theuerſte Verkauf und die Benutzung der hoͤchſten Preiſe iſt, —
was auch einige einſeitige Moraliſten dagegen ſagen, — Pflicht des landwirthſchaft-
lichen Gewerbsmannes. Die vielen Unfaͤlle und das Riſiko, denen die Landwirth-
ſchaft unterworfen iſt, koͤnnen nicht anders als durch die Benutzung gluͤcklicher Kon-
junkturen wieder aufgewogen werden. Und wenn dieſe ſich nicht von Zeit zu Zeit er-
eigneten, ſo wuͤrde man mit den Anſchlaͤgen in Ruͤckſicht der unzuberechnenden Un-
faͤlle faſt immer zu kurz ſchießen.

Indeſſen iſt es mehrentheils nicht thunlich, daß der Landwirth mit ſeinem Ver-
kaufe bis auf den wahrſcheinlich hoͤchſten Preis gaͤnzlich zuruͤckhalte und unter demſel-
ben nichts losſchlage. In den meiſten Faͤllen gebraucht er fruͤher Geld, bevor dieſer
hoͤchſte Preis eintritt, und wenn er dieſes gleich auf ſeinen Kredit anderweitig erhalten
koͤnnte, ſo wuͤrde ſich doch bei einer genauen Berechnung der Unkoſten und der Zinſen
haͤufig ergeben, daß kein wahrer Vortheil dabei ſey, zumal wenn er in Anſchlag
bringt, wie ſehr ihn die unangenehmen Geſchaͤfte des Geldnegozes von der Beachtung
der uͤbrigen abziehen, und in welche Verlegenheit zuweilen die Wiederbezahlungster-
mine ſetzen koͤnnen. Ohne die mannigfaltigen Faͤlle, wo ſolche Spekulationen nach-
theilig ausſchlagen koͤnnen, hier anzufuͤhren, wird ſich jeder leicht an Beiſpiele erin-
nern, wo uͤbrigens ſehr gute Wirthe gerade hiedurch zuruͤckgekommen ſind. Wenn
es aber auch der Landwirth mit ſeinem Betriebskapital oder Kaſſenvorrath zwingen
kann, ſo laͤhmt er ſich doch oft dadurch zu andern vortheilhaften Unternehmungen,
wozu ſich haͤufig Gelegenheit findet, wenn groͤßerer Vorrath in der Kaſſe iſt.

Ferner fehlt es, um betraͤchtliche Aufſchuͤttungen zu machen, in den meiſten
Wirthſchaften an Raum, und beſonders an ſolchem, wo das Getreide gegen alles
Verderben und Unfaͤlle geſichert iſt.

Vorzuͤglich aber iſt auf die Bequemlichkeit des Verfahrens, da wo dieſes auf der
Achſe geſchehen muß, oder wo es dem Landwirthe nicht vom Hofe abgeholt wird,
große Ruͤckſicht zu nehmen. Selten ſtehen die Getreidepreiſe dann am hoͤchſten,
wenn hierzu die bequemſte Zeit vorhanden; wogegen dann, wenn die Preiſe auf den
hoͤchſten Punkt kommen, die wichtigſten Arbeiten auf den Acker vorfallen und ver-
nachlaͤßigt werden muͤßten, wenn Getreidefuhren nicht gegen Lohn geſchehen koͤnnten.
Oft tritt dann der Fall ein, daß man gern verkaufte, aber kein Geſpann zum Verfah-
ren uͤbrig hat, ſo daß die aufgehaͤuften Vorraͤthe ſodann ſehr laͤſtig werden, und man

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[198/0228] Direktion der Wirthſchaft. Der moͤglich theuerſte Verkauf und die Benutzung der hoͤchſten Preiſe iſt, — was auch einige einſeitige Moraliſten dagegen ſagen, — Pflicht des landwirthſchaft- lichen Gewerbsmannes. Die vielen Unfaͤlle und das Riſiko, denen die Landwirth- ſchaft unterworfen iſt, koͤnnen nicht anders als durch die Benutzung gluͤcklicher Kon- junkturen wieder aufgewogen werden. Und wenn dieſe ſich nicht von Zeit zu Zeit er- eigneten, ſo wuͤrde man mit den Anſchlaͤgen in Ruͤckſicht der unzuberechnenden Un- faͤlle faſt immer zu kurz ſchießen. Indeſſen iſt es mehrentheils nicht thunlich, daß der Landwirth mit ſeinem Ver- kaufe bis auf den wahrſcheinlich hoͤchſten Preis gaͤnzlich zuruͤckhalte und unter demſel- ben nichts losſchlage. In den meiſten Faͤllen gebraucht er fruͤher Geld, bevor dieſer hoͤchſte Preis eintritt, und wenn er dieſes gleich auf ſeinen Kredit anderweitig erhalten koͤnnte, ſo wuͤrde ſich doch bei einer genauen Berechnung der Unkoſten und der Zinſen haͤufig ergeben, daß kein wahrer Vortheil dabei ſey, zumal wenn er in Anſchlag bringt, wie ſehr ihn die unangenehmen Geſchaͤfte des Geldnegozes von der Beachtung der uͤbrigen abziehen, und in welche Verlegenheit zuweilen die Wiederbezahlungster- mine ſetzen koͤnnen. Ohne die mannigfaltigen Faͤlle, wo ſolche Spekulationen nach- theilig ausſchlagen koͤnnen, hier anzufuͤhren, wird ſich jeder leicht an Beiſpiele erin- nern, wo uͤbrigens ſehr gute Wirthe gerade hiedurch zuruͤckgekommen ſind. Wenn es aber auch der Landwirth mit ſeinem Betriebskapital oder Kaſſenvorrath zwingen kann, ſo laͤhmt er ſich doch oft dadurch zu andern vortheilhaften Unternehmungen, wozu ſich haͤufig Gelegenheit findet, wenn groͤßerer Vorrath in der Kaſſe iſt. Ferner fehlt es, um betraͤchtliche Aufſchuͤttungen zu machen, in den meiſten Wirthſchaften an Raum, und beſonders an ſolchem, wo das Getreide gegen alles Verderben und Unfaͤlle geſichert iſt. Vorzuͤglich aber iſt auf die Bequemlichkeit des Verfahrens, da wo dieſes auf der Achſe geſchehen muß, oder wo es dem Landwirthe nicht vom Hofe abgeholt wird, große Ruͤckſicht zu nehmen. Selten ſtehen die Getreidepreiſe dann am hoͤchſten, wenn hierzu die bequemſte Zeit vorhanden; wogegen dann, wenn die Preiſe auf den hoͤchſten Punkt kommen, die wichtigſten Arbeiten auf den Acker vorfallen und ver- nachlaͤßigt werden muͤßten, wenn Getreidefuhren nicht gegen Lohn geſchehen koͤnnten. Oft tritt dann der Fall ein, daß man gern verkaufte, aber kein Geſpann zum Verfah- ren uͤbrig hat, ſo daß die aufgehaͤuften Vorraͤthe ſodann ſehr laͤſtig werden, und man

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/228>, abgerufen am 27.11.2024.