nöthiget werden können. Auch diese Methode schien auf einigen Bodenarten, wo der heraufgebrachte Untergrund aus einer glücklichen Erdmischung bestand, und zer- setzbare Verbindungen von Kohlen- und Wasserstoff enthielt, der Erwartung zu ent- sprechen; vereitelte sie aber bald, indem besonders dieser Untergrund den Pflanzen nach einigen Ernten ohne Düngung alle Nahrung versagte.
Wenn nur wenige in diese Extreme verfallen sind, so findet man dagegen desto häu- figer, daß sich die Ackerbauer entweder auf die eine oder die andere jener beiden Kräfte verlassen, je nachdem sie die eine oder die andere mehr in ihrer Gewalt haben und an- wenden können. In der Nähe von Städten, wo Dünger wohlfeil zu erhalten ist, oder in Gegenden, wo viele Weideauen und Wiesengründe eine starke Viehhaltung begünstigen, wird der Acker wenig bearbeitet, weder Brache gehalten noch Gewächse gebauet, die ihre Stelle ersetzen; sondern alljährig Getreide, oft derselben Art, ein- gesäet. Wo man hingegen wegen des Mangels der Futterung wenig Dünger macht, wird der Acker durch fleißige Bearbeitung, besonders der Brache, und auch durch die hinzukommende Ruhe oder natürlichen Graswuchs tragbar gemacht. Selbst die nahe verwandten Wirthschaftssysteme des Hollsteiners und des Mecklenburgers unterschieden sich dadurch, daß jener stark düngte, um dieses thun zu können, einen größern Theil seines Ackers zur Nahrung des Viehes gebrauchte, ihn zum Fruchtbau aber wenig bearbeitete; wogegen der Mecklenburger, dem sein Feldsystem nur eine schwächere Düngung erlaubte, dieses durch die öftere und sorgfältige, das ganze Jahr hindurch fortgesetzte Bearbeitung seiner Brache ersetzte. Ungeachtet ein solcher Ersatz bis auf einen gewissen Punkt möglich ist; so kann er doch nie vollständig seyn, und es hat keinen Zweifel, daß das Höchste nur da erreicht werden könne, wo Boden, Arbeit, Düngung und die ausgewählte Frucht im gerechten und im möglich besten Verhältnisse gegen einander stehen.
Daß es Bodenarten gebe, die von Natur so reich, und seitdem sie in Kultur genommen, so wenig erschöpft sind, daß sie lange keiner Düngeraufführung bedürfen, ist zwar richtig; allein dies gehört zu den seltenen Ausnahmen, auf welche nicht im Allgemeinen, sondern nur besonders Rücksicht genommen werden kann, wie an sei- nem Orte geschehen wird. Oftmals wird aber auch solchen Aeckern diese Unerschöpf- lichkeit zugeschrieben, welche ihre Kraft durch das längere Niederlegen zum Grase und durch starken Besatz mit Vieh wieder erhalten.
Verhaͤltniß der Duͤngung,
noͤthiget werden koͤnnen. Auch dieſe Methode ſchien auf einigen Bodenarten, wo der heraufgebrachte Untergrund aus einer gluͤcklichen Erdmiſchung beſtand, und zer- ſetzbare Verbindungen von Kohlen- und Waſſerſtoff enthielt, der Erwartung zu ent- ſprechen; vereitelte ſie aber bald, indem beſonders dieſer Untergrund den Pflanzen nach einigen Ernten ohne Duͤngung alle Nahrung verſagte.
Wenn nur wenige in dieſe Extreme verfallen ſind, ſo findet man dagegen deſto haͤu- figer, daß ſich die Ackerbauer entweder auf die eine oder die andere jener beiden Kraͤfte verlaſſen, je nachdem ſie die eine oder die andere mehr in ihrer Gewalt haben und an- wenden koͤnnen. In der Naͤhe von Staͤdten, wo Duͤnger wohlfeil zu erhalten iſt, oder in Gegenden, wo viele Weideauen und Wieſengruͤnde eine ſtarke Viehhaltung beguͤnſtigen, wird der Acker wenig bearbeitet, weder Brache gehalten noch Gewaͤchſe gebauet, die ihre Stelle erſetzen; ſondern alljaͤhrig Getreide, oft derſelben Art, ein- geſaͤet. Wo man hingegen wegen des Mangels der Futterung wenig Duͤnger macht, wird der Acker durch fleißige Bearbeitung, beſonders der Brache, und auch durch die hinzukommende Ruhe oder natuͤrlichen Graswuchs tragbar gemacht. Selbſt die nahe verwandten Wirthſchaftsſyſteme des Hollſteiners und des Mecklenburgers unterſchieden ſich dadurch, daß jener ſtark duͤngte, um dieſes thun zu koͤnnen, einen groͤßern Theil ſeines Ackers zur Nahrung des Viehes gebrauchte, ihn zum Fruchtbau aber wenig bearbeitete; wogegen der Mecklenburger, dem ſein Feldſyſtem nur eine ſchwaͤchere Duͤngung erlaubte, dieſes durch die oͤftere und ſorgfaͤltige, das ganze Jahr hindurch fortgeſetzte Bearbeitung ſeiner Brache erſetzte. Ungeachtet ein ſolcher Erſatz bis auf einen gewiſſen Punkt moͤglich iſt; ſo kann er doch nie vollſtaͤndig ſeyn, und es hat keinen Zweifel, daß das Hoͤchſte nur da erreicht werden koͤnne, wo Boden, Arbeit, Duͤngung und die ausgewaͤhlte Frucht im gerechten und im moͤglich beſten Verhaͤltniſſe gegen einander ſtehen.
Daß es Bodenarten gebe, die von Natur ſo reich, und ſeitdem ſie in Kultur genommen, ſo wenig erſchoͤpft ſind, daß ſie lange keiner Duͤngerauffuͤhrung beduͤrfen, iſt zwar richtig; allein dies gehoͤrt zu den ſeltenen Ausnahmen, auf welche nicht im Allgemeinen, ſondern nur beſonders Ruͤckſicht genommen werden kann, wie an ſei- nem Orte geſchehen wird. Oftmals wird aber auch ſolchen Aeckern dieſe Unerſchoͤpf- lichkeit zugeſchrieben, welche ihre Kraft durch das laͤngere Niederlegen zum Graſe und durch ſtarken Beſatz mit Vieh wieder erhalten.
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Verhaͤltniß der Duͤngung,
noͤthiget werden koͤnnen. Auch dieſe Methode ſchien auf einigen Bodenarten, wo
der heraufgebrachte Untergrund aus einer gluͤcklichen Erdmiſchung beſtand, und zer-
ſetzbare Verbindungen von Kohlen- und Waſſerſtoff enthielt, der Erwartung zu ent-
ſprechen; vereitelte ſie aber bald, indem beſonders dieſer Untergrund den Pflanzen
nach einigen Ernten ohne Duͤngung alle Nahrung verſagte.
Wenn nur wenige in dieſe Extreme verfallen ſind, ſo findet man dagegen deſto haͤu-
figer, daß ſich die Ackerbauer entweder auf die eine oder die andere jener beiden Kraͤfte
verlaſſen, je nachdem ſie die eine oder die andere mehr in ihrer Gewalt haben und an-
wenden koͤnnen. In der Naͤhe von Staͤdten, wo Duͤnger wohlfeil zu erhalten iſt,
oder in Gegenden, wo viele Weideauen und Wieſengruͤnde eine ſtarke Viehhaltung
beguͤnſtigen, wird der Acker wenig bearbeitet, weder Brache gehalten noch Gewaͤchſe
gebauet, die ihre Stelle erſetzen; ſondern alljaͤhrig Getreide, oft derſelben Art, ein-
geſaͤet. Wo man hingegen wegen des Mangels der Futterung wenig Duͤnger macht,
wird der Acker durch fleißige Bearbeitung, beſonders der Brache, und auch durch die
hinzukommende Ruhe oder natuͤrlichen Graswuchs tragbar gemacht. Selbſt die nahe
verwandten Wirthſchaftsſyſteme des Hollſteiners und des Mecklenburgers
unterſchieden ſich dadurch, daß jener ſtark duͤngte, um dieſes thun zu koͤnnen, einen
groͤßern Theil ſeines Ackers zur Nahrung des Viehes gebrauchte, ihn zum Fruchtbau
aber wenig bearbeitete; wogegen der Mecklenburger, dem ſein Feldſyſtem nur eine
ſchwaͤchere Duͤngung erlaubte, dieſes durch die oͤftere und ſorgfaͤltige, das ganze
Jahr hindurch fortgeſetzte Bearbeitung ſeiner Brache erſetzte. Ungeachtet ein ſolcher
Erſatz bis auf einen gewiſſen Punkt moͤglich iſt; ſo kann er doch nie vollſtaͤndig ſeyn,
und es hat keinen Zweifel, daß das Hoͤchſte nur da erreicht werden koͤnne, wo
Boden, Arbeit, Duͤngung und die ausgewaͤhlte Frucht im gerechten und im moͤglich
beſten Verhaͤltniſſe gegen einander ſtehen.
Daß es Bodenarten gebe, die von Natur ſo reich, und ſeitdem ſie in Kultur
genommen, ſo wenig erſchoͤpft ſind, daß ſie lange keiner Duͤngerauffuͤhrung beduͤrfen,
iſt zwar richtig; allein dies gehoͤrt zu den ſeltenen Ausnahmen, auf welche nicht im
Allgemeinen, ſondern nur beſonders Ruͤckſicht genommen werden kann, wie an ſei-
nem Orte geſchehen wird. Oftmals wird aber auch ſolchen Aeckern dieſe Unerſchoͤpf-
lichkeit zugeſchrieben, welche ihre Kraft durch das laͤngere Niederlegen zum Graſe und
durch ſtarken Beſatz mit Vieh wieder erhalten.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/278>, abgerufen am 16.07.2024.
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