Indessen findet man selten, daß aufmerksame und überlegende Wirthe sich genau an diese Rotationen binden. Sie richten sich vielmehr in Ansehung der Haltung oder Nichthaltung der Brache nach dem Zustande, worin sie ihren Acker in jedem Jahre antreffen, säen nur Klee, wenn sich der Boden bei der Gersten- einsaat mürbe zerfallend und rein von Unkraut findet, und Hülsenfrüchte unter derselben Bedingung; wählen zu beiden den reinsten Theil des Feldes aus, und binden sich nicht an eine strenge Folge; nur machen sie es sich zum Gesetz, den Klee nicht früher als im neunten Jahre auf denselben Fleck zu bringen, weil die Erfahrung das Mißrathen desselben bei öfterer Wiederkehr sie gelehrt hat. Und wenn nach geschehener Aussaat der Hülsenfrüchte diese, es sey wegen ungünstiger Witterung oder weil sie sich dennoch in der Beschaffenheit des Ackers betrogen ha- ben, nicht üppig emporkommen, und mit dichtem Laube das Feld bedecken, be- nutzen sie solche im grünen Zustande zum Futter, oder pflügen sie unter, und ge- ben dem Acker sodann eine vollständige Brachbearbeitung.
Unter diesen Bedingungen können solche Wirthschaften ihren Acker in gutem Stande erhalten, und sich einträglicher Fruchternten rühmen. Dagegen ist ein Miswachs bei denen, die mit zu großer Sparsamkeit diese Wirthschaft betreiben wollen, häufiger, als man es öffentlich erfährt, oder wird doch auf andere Ursa- chen geschoben, und deshalb findet man so viele erfahrne Dreifelderwirthe, die zu dem reinen orthodoxen Systeme wieder zurückkehren, oder, gewarnt durch das Beispiel ihrer Nachbarn, solches nie verlassen haben, ja sogar ihre Erbsen und ihren nöthigen Klee im Sommerfelde bauen, und darnach reine Brache halten. Den Pächtern machen es vorsichtige Gutsbesitzer, von erfahrnen Landwirthen be- lehrt, häufig zur Bedingung, die Brache gar nicht, oder nur einen bestimmten Theil derselben zu besömmern, und deshalb wird auch die Brachbenutzung in den Pachtanschlägen in der Regel nicht aufgenommen. Viele vorsichtige Wirthe sehen also noch immer die Brache als die Basis eines sichern und nachhaltig einträglichen Feldbaues an.
Einige glückliche Flecke des Erdbodens, wo dieser dem Getreide, Klee und den Hülsenfrüchten, vermöge seiner aus Thon, Kalk und vegetabilisch-animalischer Erde bestehenden Mischung, so angeeignet ist, daß diese Früchte alles Unkraut überwinden, und die etwanigen aufkommenden Pflanzen desselben leicht ausgezo-
Das Felderſyſtem.
Indeſſen findet man ſelten, daß aufmerkſame und uͤberlegende Wirthe ſich genau an dieſe Rotationen binden. Sie richten ſich vielmehr in Anſehung der Haltung oder Nichthaltung der Brache nach dem Zuſtande, worin ſie ihren Acker in jedem Jahre antreffen, ſaͤen nur Klee, wenn ſich der Boden bei der Gerſten- einſaat muͤrbe zerfallend und rein von Unkraut findet, und Huͤlſenfruͤchte unter derſelben Bedingung; waͤhlen zu beiden den reinſten Theil des Feldes aus, und binden ſich nicht an eine ſtrenge Folge; nur machen ſie es ſich zum Geſetz, den Klee nicht fruͤher als im neunten Jahre auf denſelben Fleck zu bringen, weil die Erfahrung das Mißrathen deſſelben bei oͤfterer Wiederkehr ſie gelehrt hat. Und wenn nach geſchehener Ausſaat der Huͤlſenfruͤchte dieſe, es ſey wegen unguͤnſtiger Witterung oder weil ſie ſich dennoch in der Beſchaffenheit des Ackers betrogen ha- ben, nicht uͤppig emporkommen, und mit dichtem Laube das Feld bedecken, be- nutzen ſie ſolche im gruͤnen Zuſtande zum Futter, oder pfluͤgen ſie unter, und ge- ben dem Acker ſodann eine vollſtaͤndige Brachbearbeitung.
Unter dieſen Bedingungen koͤnnen ſolche Wirthſchaften ihren Acker in gutem Stande erhalten, und ſich eintraͤglicher Fruchternten ruͤhmen. Dagegen iſt ein Miswachs bei denen, die mit zu großer Sparſamkeit dieſe Wirthſchaft betreiben wollen, haͤufiger, als man es oͤffentlich erfaͤhrt, oder wird doch auf andere Urſa- chen geſchoben, und deshalb findet man ſo viele erfahrne Dreifelderwirthe, die zu dem reinen orthodoxen Syſteme wieder zuruͤckkehren, oder, gewarnt durch das Beiſpiel ihrer Nachbarn, ſolches nie verlaſſen haben, ja ſogar ihre Erbſen und ihren noͤthigen Klee im Sommerfelde bauen, und darnach reine Brache halten. Den Paͤchtern machen es vorſichtige Gutsbeſitzer, von erfahrnen Landwirthen be- lehrt, haͤufig zur Bedingung, die Brache gar nicht, oder nur einen beſtimmten Theil derſelben zu beſoͤmmern, und deshalb wird auch die Brachbenutzung in den Pachtanſchlaͤgen in der Regel nicht aufgenommen. Viele vorſichtige Wirthe ſehen alſo noch immer die Brache als die Baſis eines ſichern und nachhaltig eintraͤglichen Feldbaues an.
Einige gluͤckliche Flecke des Erdbodens, wo dieſer dem Getreide, Klee und den Huͤlſenfruͤchten, vermoͤge ſeiner aus Thon, Kalk und vegetabiliſch-animaliſcher Erde beſtehenden Miſchung, ſo angeeignet iſt, daß dieſe Fruͤchte alles Unkraut uͤberwinden, und die etwanigen aufkommenden Pflanzen deſſelben leicht ausgezo-
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Das Felderſyſtem.
Indeſſen findet man ſelten, daß aufmerkſame und uͤberlegende Wirthe ſich
genau an dieſe Rotationen binden. Sie richten ſich vielmehr in Anſehung der
Haltung oder Nichthaltung der Brache nach dem Zuſtande, worin ſie ihren Acker
in jedem Jahre antreffen, ſaͤen nur Klee, wenn ſich der Boden bei der Gerſten-
einſaat muͤrbe zerfallend und rein von Unkraut findet, und Huͤlſenfruͤchte unter
derſelben Bedingung; waͤhlen zu beiden den reinſten Theil des Feldes aus, und
binden ſich nicht an eine ſtrenge Folge; nur machen ſie es ſich zum Geſetz, den
Klee nicht fruͤher als im neunten Jahre auf denſelben Fleck zu bringen, weil die
Erfahrung das Mißrathen deſſelben bei oͤfterer Wiederkehr ſie gelehrt hat. Und
wenn nach geſchehener Ausſaat der Huͤlſenfruͤchte dieſe, es ſey wegen unguͤnſtiger
Witterung oder weil ſie ſich dennoch in der Beſchaffenheit des Ackers betrogen ha-
ben, nicht uͤppig emporkommen, und mit dichtem Laube das Feld bedecken, be-
nutzen ſie ſolche im gruͤnen Zuſtande zum Futter, oder pfluͤgen ſie unter, und ge-
ben dem Acker ſodann eine vollſtaͤndige Brachbearbeitung.
Unter dieſen Bedingungen koͤnnen ſolche Wirthſchaften ihren Acker in gutem
Stande erhalten, und ſich eintraͤglicher Fruchternten ruͤhmen. Dagegen iſt ein
Miswachs bei denen, die mit zu großer Sparſamkeit dieſe Wirthſchaft betreiben
wollen, haͤufiger, als man es oͤffentlich erfaͤhrt, oder wird doch auf andere Urſa-
chen geſchoben, und deshalb findet man ſo viele erfahrne Dreifelderwirthe, die zu
dem reinen orthodoxen Syſteme wieder zuruͤckkehren, oder, gewarnt durch das
Beiſpiel ihrer Nachbarn, ſolches nie verlaſſen haben, ja ſogar ihre Erbſen und
ihren noͤthigen Klee im Sommerfelde bauen, und darnach reine Brache halten.
Den Paͤchtern machen es vorſichtige Gutsbeſitzer, von erfahrnen Landwirthen be-
lehrt, haͤufig zur Bedingung, die Brache gar nicht, oder nur einen beſtimmten
Theil derſelben zu beſoͤmmern, und deshalb wird auch die Brachbenutzung in den
Pachtanſchlaͤgen in der Regel nicht aufgenommen. Viele vorſichtige Wirthe ſehen
alſo noch immer die Brache als die Baſis eines ſichern und nachhaltig eintraͤglichen
Feldbaues an.
Einige gluͤckliche Flecke des Erdbodens, wo dieſer dem Getreide, Klee und
den Huͤlſenfruͤchten, vermoͤge ſeiner aus Thon, Kalk und vegetabiliſch-animaliſcher
Erde beſtehenden Miſchung, ſo angeeignet iſt, daß dieſe Fruͤchte alles Unkraut
uͤberwinden, und die etwanigen aufkommenden Pflanzen deſſelben leicht ausgezo-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/346>, abgerufen am 21.11.2024.
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