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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
gen werden können; wo dieser Boden durch seine innere, vermittelst der Mist-
düngung leicht zu erneuernde Gährung von selbst in ein feines Pulver zerfällt, und
die deshalb eine alljährige Bestellung ertragen -- können hier ihrer Seltenheit
wegen nicht in Betracht kommen. Auf sie hat der Fluch nicht gewirkt, der bei
Adam's und Eva's Austritt aus dem Paradiese auf den Boden gelegt ward.

§. 312.

Ungeachtet das reine Dreifeldersystem den dritten Theil seines Ackers oderVertheidi-
gung des
Dreifelder-
systems.

doch den größten Theil desselben unbenutzt lassen muß, so hat man es dennoch als
das vorzüglichste unter allen, sogar als das einzig mögliche gute Feldsystem häufig
vertheidigt, und zwar aus folgenden Gründen:

1) Das Alterthum und die Allgemeinheit dieses Systems beweise dessen
Vorzüglichkeit, indem es nicht denkbar sey, daß ein fehlerhaftes System den
Beifall aller Nationen und Zeiten erhalten, sich so allgemein verbreiten und
fortdauern könne.

2) Kein andres bekanntes und bisher erdachtes System baue mehr Getreide,
wie dieses. Das Getreide aber mache die Hauptnahrung und das Hauptbedürfniß
der Menschen aus, werde deshalb auch am meisten gesucht und am theuersten und
gleichmäßigsten bezahlt. Wenn es minder thierische Produkte hervorbringe, so
sey dies gerade ein Beweis seiner vorzüglichen Nutzbarkeit, indem ein Acker durch
vegetabilische Produktion wenigstens dreimal so viel Nahrung für die Menschen
hervorbringe, als durch thierische Produktion. Es sey also gleich wohlthätig für
die Menschheit, den Staat und den einzelnen Landwirth.

3) Dieses System vertheile seine Arbeiten am besten. Zwischen der Som-
mer- und Winteraussaat sey hinlängliche Muße, die Brache zu bearbeiten und die
Düngerausfuhr zu beschaffen. Der Acker könne folglich früh genug zur Aufnahme
der Winterungssaat, als der vorzüglichsten und einträglichsten, in Ordnung seyn.
Deshalb erfordere es das wenigste Gespann.

4) Alle Arbeiten seyen dabei einfach und kunstlos, können daher mit den ge-
wöhnlichen Arbeitern ohne Unterschied vollführet werden. Auch bedürfe es nur der
einfachsten und bekanntesten Werkzeuge.

5) Es beruhe auf der einmal bestehenden Eintheilung und den Besitzstand
der Felder. Alle den Ackerbau betreffende Gesetze, Anordnungen und Observan-

Das Felderſyſtem.
gen werden koͤnnen; wo dieſer Boden durch ſeine innere, vermittelſt der Miſt-
duͤngung leicht zu erneuernde Gaͤhrung von ſelbſt in ein feines Pulver zerfaͤllt, und
die deshalb eine alljaͤhrige Beſtellung ertragen — koͤnnen hier ihrer Seltenheit
wegen nicht in Betracht kommen. Auf ſie hat der Fluch nicht gewirkt, der bei
Adam’s und Eva’s Austritt aus dem Paradieſe auf den Boden gelegt ward.

§. 312.

Ungeachtet das reine Dreifelderſyſtem den dritten Theil ſeines Ackers oderVertheidi-
gung des
Dreifelder-
ſyſtems.

doch den groͤßten Theil deſſelben unbenutzt laſſen muß, ſo hat man es dennoch als
das vorzuͤglichſte unter allen, ſogar als das einzig moͤgliche gute Feldſyſtem haͤufig
vertheidigt, und zwar aus folgenden Gruͤnden:

1) Das Alterthum und die Allgemeinheit dieſes Syſtems beweiſe deſſen
Vorzuͤglichkeit, indem es nicht denkbar ſey, daß ein fehlerhaftes Syſtem den
Beifall aller Nationen und Zeiten erhalten, ſich ſo allgemein verbreiten und
fortdauern koͤnne.

2) Kein andres bekanntes und bisher erdachtes Syſtem baue mehr Getreide,
wie dieſes. Das Getreide aber mache die Hauptnahrung und das Hauptbeduͤrfniß
der Menſchen aus, werde deshalb auch am meiſten geſucht und am theuerſten und
gleichmaͤßigſten bezahlt. Wenn es minder thieriſche Produkte hervorbringe, ſo
ſey dies gerade ein Beweis ſeiner vorzuͤglichen Nutzbarkeit, indem ein Acker durch
vegetabiliſche Produktion wenigſtens dreimal ſo viel Nahrung fuͤr die Menſchen
hervorbringe, als durch thieriſche Produktion. Es ſey alſo gleich wohlthaͤtig fuͤr
die Menſchheit, den Staat und den einzelnen Landwirth.

3) Dieſes Syſtem vertheile ſeine Arbeiten am beſten. Zwiſchen der Som-
mer- und Winterausſaat ſey hinlaͤngliche Muße, die Brache zu bearbeiten und die
Duͤngerausfuhr zu beſchaffen. Der Acker koͤnne folglich fruͤh genug zur Aufnahme
der Winterungsſaat, als der vorzuͤglichſten und eintraͤglichſten, in Ordnung ſeyn.
Deshalb erfordere es das wenigſte Geſpann.

4) Alle Arbeiten ſeyen dabei einfach und kunſtlos, koͤnnen daher mit den ge-
woͤhnlichen Arbeitern ohne Unterſchied vollfuͤhret werden. Auch beduͤrfe es nur der
einfachſten und bekannteſten Werkzeuge.

5) Es beruhe auf der einmal beſtehenden Eintheilung und den Beſitzſtand
der Felder. Alle den Ackerbau betreffende Geſetze, Anordnungen und Obſervan-

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[301/0347] Das Felderſyſtem. gen werden koͤnnen; wo dieſer Boden durch ſeine innere, vermittelſt der Miſt- duͤngung leicht zu erneuernde Gaͤhrung von ſelbſt in ein feines Pulver zerfaͤllt, und die deshalb eine alljaͤhrige Beſtellung ertragen — koͤnnen hier ihrer Seltenheit wegen nicht in Betracht kommen. Auf ſie hat der Fluch nicht gewirkt, der bei Adam’s und Eva’s Austritt aus dem Paradieſe auf den Boden gelegt ward. §. 312. Ungeachtet das reine Dreifelderſyſtem den dritten Theil ſeines Ackers oder doch den groͤßten Theil deſſelben unbenutzt laſſen muß, ſo hat man es dennoch als das vorzuͤglichſte unter allen, ſogar als das einzig moͤgliche gute Feldſyſtem haͤufig vertheidigt, und zwar aus folgenden Gruͤnden: Vertheidi- gung des Dreifelder- ſyſtems. 1) Das Alterthum und die Allgemeinheit dieſes Syſtems beweiſe deſſen Vorzuͤglichkeit, indem es nicht denkbar ſey, daß ein fehlerhaftes Syſtem den Beifall aller Nationen und Zeiten erhalten, ſich ſo allgemein verbreiten und fortdauern koͤnne. 2) Kein andres bekanntes und bisher erdachtes Syſtem baue mehr Getreide, wie dieſes. Das Getreide aber mache die Hauptnahrung und das Hauptbeduͤrfniß der Menſchen aus, werde deshalb auch am meiſten geſucht und am theuerſten und gleichmaͤßigſten bezahlt. Wenn es minder thieriſche Produkte hervorbringe, ſo ſey dies gerade ein Beweis ſeiner vorzuͤglichen Nutzbarkeit, indem ein Acker durch vegetabiliſche Produktion wenigſtens dreimal ſo viel Nahrung fuͤr die Menſchen hervorbringe, als durch thieriſche Produktion. Es ſey alſo gleich wohlthaͤtig fuͤr die Menſchheit, den Staat und den einzelnen Landwirth. 3) Dieſes Syſtem vertheile ſeine Arbeiten am beſten. Zwiſchen der Som- mer- und Winterausſaat ſey hinlaͤngliche Muße, die Brache zu bearbeiten und die Duͤngerausfuhr zu beſchaffen. Der Acker koͤnne folglich fruͤh genug zur Aufnahme der Winterungsſaat, als der vorzuͤglichſten und eintraͤglichſten, in Ordnung ſeyn. Deshalb erfordere es das wenigſte Geſpann. 4) Alle Arbeiten ſeyen dabei einfach und kunſtlos, koͤnnen daher mit den ge- woͤhnlichen Arbeitern ohne Unterſchied vollfuͤhret werden. Auch beduͤrfe es nur der einfachſten und bekannteſten Werkzeuge. 5) Es beruhe auf der einmal beſtehenden Eintheilung und den Beſitzſtand der Felder. Alle den Ackerbau betreffende Geſetze, Anordnungen und Obſervan-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/347>, abgerufen am 24.11.2024.