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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
Pflanzenlebens erst auflösen muß, um sich den Theil von jedem, dessen die Pflanze
bedarf, anzueignen, so wird es ihr schwerer gemacht; sie wird minder schnell fort-
kommen und gedeihen. Wenn keiner der Stoffe, deren sie bedarf, im Boden
gänzlich fehlt, aber nicht in hinlänglichem Verhältnisse da ist, so muß sie ihn mit
ihren Wurzeln gleichsam länger und weiter zusammensuchen, damit sie ihn in je-
dem Momente, wo sie dessen bedarf, anziehen könne. Ja es läßt sich nicht ohne
Wahrscheinlichkeit annehmen, daß ein der Pflanze an sich nöthiger Stoff auch in
zu großem Verhältnisse im Boden seyn, und daß die Pflanze sich schon durch die
Abstoßung des sich zu stark darbietenden Stoffes oder durch seine Abtrennung von
dem übrigen schwächen könne. Und so läßt es sich allerdings erklären, warum
Pflanzenarten, oft nacheinander gebaut, in einem Boden zu minderer Vollkom-
menheit kommen, wenn gleich dieser Boden noch alle die Nahrungsstoffe in sich
enthält, deren sie bedürfen, und sie diese Vollkommenheit wieder völlig erreichen,
nachdem der Boden geruhet hat, oder eine andere Frucht darauf gebauet ist. Es
läßt sich sogar denken, daß eine andere Pflanze, die ein entgegengesetztes Verhält-
niß der Urstoffe zu ihrer Nahrung gebraucht, gerade durch Ausziehung desselben
das angemessene Verhältniß für eine andere wieder herstellen könne, so daß jene
nun besser darauf fortkommt, als wenn diese nicht darauf gewachsen wäre und dem
Boden nichts entzogen hätte. Nahrungsstoff hat die dazwischen gekommene
Pflanze allerdings auch weggenommen, aber in einem andern Verhältnisse.
Durch solchen Wechsel kann folglich der Boden endlich ganz erschöpft werden,
und so, daß er nun gar keine Pflanze mehr ernährt; aber für jede einzelne
Pflanze wird er langsamer erschöpft, als wenn nur diese beständig darauf
erbauet wäre.

Vergl. Einhof in Annalen des Ackerbaues. 8 Bd. S. 321 u. f.

§. 356.

Gründe aus
der Erfah-
rung.
Wachsen mehrere Pflanzenarten zugleich auf demselben Boden, so giebt frei-
lich jede nicht einen so hohen Ertrag, als wenn sie den Boden allein eingenommen
hätte. Denn auch ohne Hinsicht auf den Raum, den eine der andern über und
unter der Erde wegnimmt, gebraucht jede von jedem Stoffe etwas, und entzieht es
also der andern. Allein wir wollen auf die Erfahrung zurückkommen. Hier fin-

Der Fruchtwechſel.
Pflanzenlebens erſt aufloͤſen muß, um ſich den Theil von jedem, deſſen die Pflanze
bedarf, anzueignen, ſo wird es ihr ſchwerer gemacht; ſie wird minder ſchnell fort-
kommen und gedeihen. Wenn keiner der Stoffe, deren ſie bedarf, im Boden
gaͤnzlich fehlt, aber nicht in hinlaͤnglichem Verhaͤltniſſe da iſt, ſo muß ſie ihn mit
ihren Wurzeln gleichſam laͤnger und weiter zuſammenſuchen, damit ſie ihn in je-
dem Momente, wo ſie deſſen bedarf, anziehen koͤnne. Ja es laͤßt ſich nicht ohne
Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß ein der Pflanze an ſich noͤthiger Stoff auch in
zu großem Verhaͤltniſſe im Boden ſeyn, und daß die Pflanze ſich ſchon durch die
Abſtoßung des ſich zu ſtark darbietenden Stoffes oder durch ſeine Abtrennung von
dem uͤbrigen ſchwaͤchen koͤnne. Und ſo laͤßt es ſich allerdings erklaͤren, warum
Pflanzenarten, oft nacheinander gebaut, in einem Boden zu minderer Vollkom-
menheit kommen, wenn gleich dieſer Boden noch alle die Nahrungsſtoffe in ſich
enthaͤlt, deren ſie beduͤrfen, und ſie dieſe Vollkommenheit wieder voͤllig erreichen,
nachdem der Boden geruhet hat, oder eine andere Frucht darauf gebauet iſt. Es
laͤßt ſich ſogar denken, daß eine andere Pflanze, die ein entgegengeſetztes Verhaͤlt-
niß der Urſtoffe zu ihrer Nahrung gebraucht, gerade durch Ausziehung deſſelben
das angemeſſene Verhaͤltniß fuͤr eine andere wieder herſtellen koͤnne, ſo daß jene
nun beſſer darauf fortkommt, als wenn dieſe nicht darauf gewachſen waͤre und dem
Boden nichts entzogen haͤtte. Nahrungsſtoff hat die dazwiſchen gekommene
Pflanze allerdings auch weggenommen, aber in einem andern Verhaͤltniſſe.
Durch ſolchen Wechſel kann folglich der Boden endlich ganz erſchoͤpft werden,
und ſo, daß er nun gar keine Pflanze mehr ernaͤhrt; aber fuͤr jede einzelne
Pflanze wird er langſamer erſchoͤpft, als wenn nur dieſe beſtaͤndig darauf
erbauet waͤre.

Vergl. Einhof in Annalen des Ackerbaues. 8 Bd. S. 321 u. f.

§. 356.

Gruͤnde aus
der Erfah-
rung.
Wachſen mehrere Pflanzenarten zugleich auf demſelben Boden, ſo giebt frei-
lich jede nicht einen ſo hohen Ertrag, als wenn ſie den Boden allein eingenommen
haͤtte. Denn auch ohne Hinſicht auf den Raum, den eine der andern uͤber und
unter der Erde wegnimmt, gebraucht jede von jedem Stoffe etwas, und entzieht es
alſo der andern. Allein wir wollen auf die Erfahrung zuruͤckkommen. Hier fin-

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[340/0386] Der Fruchtwechſel. Pflanzenlebens erſt aufloͤſen muß, um ſich den Theil von jedem, deſſen die Pflanze bedarf, anzueignen, ſo wird es ihr ſchwerer gemacht; ſie wird minder ſchnell fort- kommen und gedeihen. Wenn keiner der Stoffe, deren ſie bedarf, im Boden gaͤnzlich fehlt, aber nicht in hinlaͤnglichem Verhaͤltniſſe da iſt, ſo muß ſie ihn mit ihren Wurzeln gleichſam laͤnger und weiter zuſammenſuchen, damit ſie ihn in je- dem Momente, wo ſie deſſen bedarf, anziehen koͤnne. Ja es laͤßt ſich nicht ohne Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß ein der Pflanze an ſich noͤthiger Stoff auch in zu großem Verhaͤltniſſe im Boden ſeyn, und daß die Pflanze ſich ſchon durch die Abſtoßung des ſich zu ſtark darbietenden Stoffes oder durch ſeine Abtrennung von dem uͤbrigen ſchwaͤchen koͤnne. Und ſo laͤßt es ſich allerdings erklaͤren, warum Pflanzenarten, oft nacheinander gebaut, in einem Boden zu minderer Vollkom- menheit kommen, wenn gleich dieſer Boden noch alle die Nahrungsſtoffe in ſich enthaͤlt, deren ſie beduͤrfen, und ſie dieſe Vollkommenheit wieder voͤllig erreichen, nachdem der Boden geruhet hat, oder eine andere Frucht darauf gebauet iſt. Es laͤßt ſich ſogar denken, daß eine andere Pflanze, die ein entgegengeſetztes Verhaͤlt- niß der Urſtoffe zu ihrer Nahrung gebraucht, gerade durch Ausziehung deſſelben das angemeſſene Verhaͤltniß fuͤr eine andere wieder herſtellen koͤnne, ſo daß jene nun beſſer darauf fortkommt, als wenn dieſe nicht darauf gewachſen waͤre und dem Boden nichts entzogen haͤtte. Nahrungsſtoff hat die dazwiſchen gekommene Pflanze allerdings auch weggenommen, aber in einem andern Verhaͤltniſſe. Durch ſolchen Wechſel kann folglich der Boden endlich ganz erſchoͤpft werden, und ſo, daß er nun gar keine Pflanze mehr ernaͤhrt; aber fuͤr jede einzelne Pflanze wird er langſamer erſchoͤpft, als wenn nur dieſe beſtaͤndig darauf erbauet waͤre. Vergl. Einhof in Annalen des Ackerbaues. 8 Bd. S. 321 u. f. §. 356. Wachſen mehrere Pflanzenarten zugleich auf demſelben Boden, ſo giebt frei- lich jede nicht einen ſo hohen Ertrag, als wenn ſie den Boden allein eingenommen haͤtte. Denn auch ohne Hinſicht auf den Raum, den eine der andern uͤber und unter der Erde wegnimmt, gebraucht jede von jedem Stoffe etwas, und entzieht es alſo der andern. Allein wir wollen auf die Erfahrung zuruͤckkommen. Hier fin- Gruͤnde aus der Erfah- rung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/386>, abgerufen am 26.11.2024.