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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
§. 363.

Sehr wichtig ist ferner die Wechselung der Fruchtarten in Hinsicht auf die Un-
terdrückung des Unkrauts, indem gewisse Saaten sich mit gewissen Unkrautsarten
am leichtesten vermischen, solche auf- und zur Reife kommen lassen und ihre Ver-
mehrung begünstigen; wogegen andere diese Unkrautsart gar nicht dulden. Diese
Rücksicht ist bei der Wahl des Fruchtwechsels auf einem mit besondern Unkrautsar-
ten angefüllten Boden von großer Wichtigkeit, und es kann dadurch, wenn sie
gehörig getroffen worden, der Acker völlig davon gereinigt werden.

§. 364.

Diese Erfahrungen und Gründe bestimmen die Regeln, welche man bei dem
Fruchtwechsel zu befolgen hat. Zugleich aber tritt die Rücksicht auf Viehfutterung
ein, die wieder doppelt ist. Nämlich 1) in Ansehung des daraus unmittelbar zu
ziehenden Gewinnstes, und 2) des dadurch zu erhaltenden Düngers.

Das Gesetz des Fruchtwechsels verlangt zwar keinesweges, wie manche sich
eingebildet haben, daß die Hälfte des Ackers zum Futterbau verwandt werde.
Selbst in England giebt es ganze Gegenden, die die Regel des Fruchtwechsels seit
undenklichen Zeiten beobachtet haben, aber nicht einen Halm zur Viehfutterung
bauen, sogar ihr Stroh nach der Stadt verkaufen, und überall kein Vieh halten,
weil sie Dünger genug und überflüßig an dem schlammigen mit Muscheln bedeck-
ten Seekraute haben, welches die Fluth an ihre Ufer führt, und welches sie mit
großer Sorgfalt bergen. Sie bauen hauptsächlich, wechselnd mit dem Getreide,
gedrillte Schotenfrüchte, die sie zum Theil grün nach London verkaufen. Aber es
erfordert das Gesetz einer richtigen Oekonomie mehrentheils, daß ein großer Theil
des Ackers zum Futterbau verwandt werde, um dadurch den Dünger zu einem
desto einträglichern Getreidebau herbeizuschaffen. Ob mehr oder weniger, das be-
stimmen die übrigen Verhältnisse der Oekonomie, besonders die Menge des nur
zum Graswuchs geeigneten Bodens und etwa das Vorhandenseyn anderer Dünger-
quellen. Und so ist es dann allerdings häufig der Fall, daß ein Fruchtwechsel ge-
wählt werden muß, wo 1/2, 2/5 , 3/8 , des ganzen zum Futterbau mit dem nachhal-
tigsten Vortheile bestimmt werde; wogegen in andern Fällen 1/4, 1/5 , 1/6 schon genug

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Der Fruchtwechſel.
§. 363.

Sehr wichtig iſt ferner die Wechſelung der Fruchtarten in Hinſicht auf die Un-
terdruͤckung des Unkrauts, indem gewiſſe Saaten ſich mit gewiſſen Unkrautsarten
am leichteſten vermiſchen, ſolche auf- und zur Reife kommen laſſen und ihre Ver-
mehrung beguͤnſtigen; wogegen andere dieſe Unkrautsart gar nicht dulden. Dieſe
Ruͤckſicht iſt bei der Wahl des Fruchtwechſels auf einem mit beſondern Unkrautsar-
ten angefuͤllten Boden von großer Wichtigkeit, und es kann dadurch, wenn ſie
gehoͤrig getroffen worden, der Acker voͤllig davon gereinigt werden.

§. 364.

Dieſe Erfahrungen und Gruͤnde beſtimmen die Regeln, welche man bei dem
Fruchtwechſel zu befolgen hat. Zugleich aber tritt die Ruͤckſicht auf Viehfutterung
ein, die wieder doppelt iſt. Naͤmlich 1) in Anſehung des daraus unmittelbar zu
ziehenden Gewinnſtes, und 2) des dadurch zu erhaltenden Duͤngers.

Das Geſetz des Fruchtwechſels verlangt zwar keinesweges, wie manche ſich
eingebildet haben, daß die Haͤlfte des Ackers zum Futterbau verwandt werde.
Selbſt in England giebt es ganze Gegenden, die die Regel des Fruchtwechſels ſeit
undenklichen Zeiten beobachtet haben, aber nicht einen Halm zur Viehfutterung
bauen, ſogar ihr Stroh nach der Stadt verkaufen, und uͤberall kein Vieh halten,
weil ſie Duͤnger genug und uͤberfluͤßig an dem ſchlammigen mit Muſcheln bedeck-
ten Seekraute haben, welches die Fluth an ihre Ufer fuͤhrt, und welches ſie mit
großer Sorgfalt bergen. Sie bauen hauptſaͤchlich, wechſelnd mit dem Getreide,
gedrillte Schotenfruͤchte, die ſie zum Theil gruͤn nach London verkaufen. Aber es
erfordert das Geſetz einer richtigen Oekonomie mehrentheils, daß ein großer Theil
des Ackers zum Futterbau verwandt werde, um dadurch den Duͤnger zu einem
deſto eintraͤglichern Getreidebau herbeizuſchaffen. Ob mehr oder weniger, das be-
ſtimmen die uͤbrigen Verhaͤltniſſe der Oekonomie, beſonders die Menge des nur
zum Graswuchs geeigneten Bodens und etwa das Vorhandenſeyn anderer Duͤnger-
quellen. Und ſo iſt es dann allerdings haͤufig der Fall, daß ein Fruchtwechſel ge-
waͤhlt werden muß, wo ½, ⅖, ⅜, des ganzen zum Futterbau mit dem nachhal-
tigſten Vortheile beſtimmt werde; wogegen in andern Faͤllen ¼, ⅕, ⅙ ſchon genug

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[347/0393] Der Fruchtwechſel. §. 363. Sehr wichtig iſt ferner die Wechſelung der Fruchtarten in Hinſicht auf die Un- terdruͤckung des Unkrauts, indem gewiſſe Saaten ſich mit gewiſſen Unkrautsarten am leichteſten vermiſchen, ſolche auf- und zur Reife kommen laſſen und ihre Ver- mehrung beguͤnſtigen; wogegen andere dieſe Unkrautsart gar nicht dulden. Dieſe Ruͤckſicht iſt bei der Wahl des Fruchtwechſels auf einem mit beſondern Unkrautsar- ten angefuͤllten Boden von großer Wichtigkeit, und es kann dadurch, wenn ſie gehoͤrig getroffen worden, der Acker voͤllig davon gereinigt werden. §. 364. Dieſe Erfahrungen und Gruͤnde beſtimmen die Regeln, welche man bei dem Fruchtwechſel zu befolgen hat. Zugleich aber tritt die Ruͤckſicht auf Viehfutterung ein, die wieder doppelt iſt. Naͤmlich 1) in Anſehung des daraus unmittelbar zu ziehenden Gewinnſtes, und 2) des dadurch zu erhaltenden Duͤngers. Das Geſetz des Fruchtwechſels verlangt zwar keinesweges, wie manche ſich eingebildet haben, daß die Haͤlfte des Ackers zum Futterbau verwandt werde. Selbſt in England giebt es ganze Gegenden, die die Regel des Fruchtwechſels ſeit undenklichen Zeiten beobachtet haben, aber nicht einen Halm zur Viehfutterung bauen, ſogar ihr Stroh nach der Stadt verkaufen, und uͤberall kein Vieh halten, weil ſie Duͤnger genug und uͤberfluͤßig an dem ſchlammigen mit Muſcheln bedeck- ten Seekraute haben, welches die Fluth an ihre Ufer fuͤhrt, und welches ſie mit großer Sorgfalt bergen. Sie bauen hauptſaͤchlich, wechſelnd mit dem Getreide, gedrillte Schotenfruͤchte, die ſie zum Theil gruͤn nach London verkaufen. Aber es erfordert das Geſetz einer richtigen Oekonomie mehrentheils, daß ein großer Theil des Ackers zum Futterbau verwandt werde, um dadurch den Duͤnger zu einem deſto eintraͤglichern Getreidebau herbeizuſchaffen. Ob mehr oder weniger, das be- ſtimmen die uͤbrigen Verhaͤltniſſe der Oekonomie, beſonders die Menge des nur zum Graswuchs geeigneten Bodens und etwa das Vorhandenſeyn anderer Duͤnger- quellen. Und ſo iſt es dann allerdings haͤufig der Fall, daß ein Fruchtwechſel ge- waͤhlt werden muß, wo ½, ⅖, ⅜, [FORMEL] des ganzen zum Futterbau mit dem nachhal- tigſten Vortheile beſtimmt werde; wogegen in andern Faͤllen ¼, ⅕, ⅙ ſchon genug X x 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/393>, abgerufen am 26.11.2024.