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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
teten, die Brache nur durch die sorgsame Bearbeitung der in entfernten Reihendas englische
System ge-
nannt wor-
den.

stehenden staudigern Früchte ersetzen lehrten, den Kleebau nur dann für sicher und
durch dichte Beschattung des Bodens für verbessernd hielten, wenn er mit der er-
sten Saat in einem Acker gesäet würde, der durch den Bau jener Früchte völlig
gelockert und gereinigt wäre, und die nur den Klee in diesem Zustande eine wohl-
thätige Vorfrucht vor Weizen nannten, aber in ein schlechtes Kleefeld Weizen zu
säen -- wenn es sich nicht völlig ausgelegen habe oder zuvor nicht durch Sommer-
pflügen gereiniget sey -- für ein Verbrechen gegen alle Grundsätze eines guten
Ackerbaues erklärten. Diese Lehren und viele merkwürdige bisher übersehene
Erfahrungen der Engländer, die mit den meinigen so sehr stimmten, bewogen mich,
solche dem deutschen Publikum zuerst in dem Hannöverschen Magazin, dann in
meiner Anleitung zur Kenntniß der englischen Landwirthschaft vorzulegen.

Man hat diese Fruchtfolge daher das englische System nicht ganz ohne Grund
genannt, obwohl es in England keinesweges allgemein, sondern nur in einigen
Grafschaften landüblich war, aber jetzt in den Wirthschaften alle aufgeklärteren
und verbessernden Landwirthe gefunden wird, und sich von da aus nun freilich im-
mer mehr verbreitet.

Der große Beifall, den diese Lehre in jenem Werke vorgetragen erhielt, er-
weckte demselben auch viele Gegner, die gerade daher, daß es aus England her-
stamme, einen Grund zu seiner Verwerflichkeit hernahmen. Bei der Unkenntniß
aller englischen Verhältnisse schrieben sie den Getreidemangel, den England gerade
damals in einigen Jahren erlitten hatte, diesem Systeme zu, obgleich alle engli-
sche Schriftsteller einstimmig behaupteten, daß dieser bei der zunehmenden Be-
völkerung nur eine Folge der noch überwiegenden Dreifelderwirthschaft, der großen
öden Weidereviere, die sie erfordert, und in andern Gegenden des zu vielen gar
nicht aufgebrochenen oder doch zu lange ruhenden Graslandes sey. Diese Schrift-
steller zeigen einstimmig, daß jenem Mangel nur durch die mehrere Einführung
dieses Fruchtfolgesystems abgeholfen werden könne, indem die wenigen und klei-
nen Grafschaften, wo es zu Hause ist, hauptsächlich die ungeheure Hauptstadt und
die vielen andern Handels- und Fabrikstädte, ja ganze Fabrik-Grafschaften --
z. B. Norfolk, das weit größere Lankaster -- mit Getreide versorgten.


Der Fruchtwechſel.
teten, die Brache nur durch die ſorgſame Bearbeitung der in entfernten Reihendas engliſche
Syſtem ge-
nannt wor-
den.

ſtehenden ſtaudigern Fruͤchte erſetzen lehrten, den Kleebau nur dann fuͤr ſicher und
durch dichte Beſchattung des Bodens fuͤr verbeſſernd hielten, wenn er mit der er-
ſten Saat in einem Acker geſaͤet wuͤrde, der durch den Bau jener Fruͤchte voͤllig
gelockert und gereinigt waͤre, und die nur den Klee in dieſem Zuſtande eine wohl-
thaͤtige Vorfrucht vor Weizen nannten, aber in ein ſchlechtes Kleefeld Weizen zu
ſaͤen — wenn es ſich nicht voͤllig ausgelegen habe oder zuvor nicht durch Sommer-
pfluͤgen gereiniget ſey — fuͤr ein Verbrechen gegen alle Grundſaͤtze eines guten
Ackerbaues erklaͤrten. Dieſe Lehren und viele merkwuͤrdige bisher uͤberſehene
Erfahrungen der Englaͤnder, die mit den meinigen ſo ſehr ſtimmten, bewogen mich,
ſolche dem deutſchen Publikum zuerſt in dem Hannoͤverſchen Magazin, dann in
meiner Anleitung zur Kenntniß der engliſchen Landwirthſchaft vorzulegen.

Man hat dieſe Fruchtfolge daher das engliſche Syſtem nicht ganz ohne Grund
genannt, obwohl es in England keinesweges allgemein, ſondern nur in einigen
Grafſchaften landuͤblich war, aber jetzt in den Wirthſchaften alle aufgeklaͤrteren
und verbeſſernden Landwirthe gefunden wird, und ſich von da aus nun freilich im-
mer mehr verbreitet.

Der große Beifall, den dieſe Lehre in jenem Werke vorgetragen erhielt, er-
weckte demſelben auch viele Gegner, die gerade daher, daß es aus England her-
ſtamme, einen Grund zu ſeiner Verwerflichkeit hernahmen. Bei der Unkenntniß
aller engliſchen Verhaͤltniſſe ſchrieben ſie den Getreidemangel, den England gerade
damals in einigen Jahren erlitten hatte, dieſem Syſteme zu, obgleich alle engli-
ſche Schriftſteller einſtimmig behaupteten, daß dieſer bei der zunehmenden Be-
voͤlkerung nur eine Folge der noch uͤberwiegenden Dreifelderwirthſchaft, der großen
oͤden Weidereviere, die ſie erfordert, und in andern Gegenden des zu vielen gar
nicht aufgebrochenen oder doch zu lange ruhenden Graslandes ſey. Dieſe Schrift-
ſteller zeigen einſtimmig, daß jenem Mangel nur durch die mehrere Einfuͤhrung
dieſes Fruchtfolgeſyſtems abgeholfen werden koͤnne, indem die wenigen und klei-
nen Grafſchaften, wo es zu Hauſe iſt, hauptſaͤchlich die ungeheure Hauptſtadt und
die vielen andern Handels- und Fabrikſtaͤdte, ja ganze Fabrik-Grafſchaften —
z. B. Norfolk, das weit groͤßere Lankaſter — mit Getreide verſorgten.


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[351/0397] Der Fruchtwechſel. teten, die Brache nur durch die ſorgſame Bearbeitung der in entfernten Reihen ſtehenden ſtaudigern Fruͤchte erſetzen lehrten, den Kleebau nur dann fuͤr ſicher und durch dichte Beſchattung des Bodens fuͤr verbeſſernd hielten, wenn er mit der er- ſten Saat in einem Acker geſaͤet wuͤrde, der durch den Bau jener Fruͤchte voͤllig gelockert und gereinigt waͤre, und die nur den Klee in dieſem Zuſtande eine wohl- thaͤtige Vorfrucht vor Weizen nannten, aber in ein ſchlechtes Kleefeld Weizen zu ſaͤen — wenn es ſich nicht voͤllig ausgelegen habe oder zuvor nicht durch Sommer- pfluͤgen gereiniget ſey — fuͤr ein Verbrechen gegen alle Grundſaͤtze eines guten Ackerbaues erklaͤrten. Dieſe Lehren und viele merkwuͤrdige bisher uͤberſehene Erfahrungen der Englaͤnder, die mit den meinigen ſo ſehr ſtimmten, bewogen mich, ſolche dem deutſchen Publikum zuerſt in dem Hannoͤverſchen Magazin, dann in meiner Anleitung zur Kenntniß der engliſchen Landwirthſchaft vorzulegen. das engliſche Syſtem ge- nannt wor- den. Man hat dieſe Fruchtfolge daher das engliſche Syſtem nicht ganz ohne Grund genannt, obwohl es in England keinesweges allgemein, ſondern nur in einigen Grafſchaften landuͤblich war, aber jetzt in den Wirthſchaften alle aufgeklaͤrteren und verbeſſernden Landwirthe gefunden wird, und ſich von da aus nun freilich im- mer mehr verbreitet. Der große Beifall, den dieſe Lehre in jenem Werke vorgetragen erhielt, er- weckte demſelben auch viele Gegner, die gerade daher, daß es aus England her- ſtamme, einen Grund zu ſeiner Verwerflichkeit hernahmen. Bei der Unkenntniß aller engliſchen Verhaͤltniſſe ſchrieben ſie den Getreidemangel, den England gerade damals in einigen Jahren erlitten hatte, dieſem Syſteme zu, obgleich alle engli- ſche Schriftſteller einſtimmig behaupteten, daß dieſer bei der zunehmenden Be- voͤlkerung nur eine Folge der noch uͤberwiegenden Dreifelderwirthſchaft, der großen oͤden Weidereviere, die ſie erfordert, und in andern Gegenden des zu vielen gar nicht aufgebrochenen oder doch zu lange ruhenden Graslandes ſey. Dieſe Schrift- ſteller zeigen einſtimmig, daß jenem Mangel nur durch die mehrere Einfuͤhrung dieſes Fruchtfolgeſyſtems abgeholfen werden koͤnne, indem die wenigen und klei- nen Grafſchaften, wo es zu Hauſe iſt, hauptſaͤchlich die ungeheure Hauptſtadt und die vielen andern Handels- und Fabrikſtaͤdte, ja ganze Fabrik-Grafſchaften — z. B. Norfolk, das weit groͤßere Lankaſter — mit Getreide verſorgten.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/397>, abgerufen am 27.11.2024.