Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Werthschätzung eines Landguts.
saatsmaaß bestimmt. Man hat hier nämlich den -- obwohl im Allgemeinen fal-
schen -- Grundsatz angenommen, daß der Acker nach Verhältniß seiner Güte und
seines Reichthums stärker, der schlechtere und magere aber schwächer besäet werden
müsse, weil jener viel, dieser wenig tragen könne. Auf einen Scheffel Einsaat rech-
net man daher, vom besten Boden vielleicht 45, vom schlechtesten Boden 200 und
mehrere Quadratruthen. Ja man hat außer dem Ackerlande auch andere Pertinen-
zien, Wasser, Morast und Moor, nach solchen Scheffeln gewürdiget, und aus der
Summe dieser Scheffel die Größe eines Guts, zugleich mit dessen Ertrag und
Werth, bestimmen wollen. Wie unzuverläßig eine solche Angabe sey, mußte bald
in die Augen fallen und sie hat gerade in den Ländern, wo diese Würdigungsart
gesetzmäßig eingeführt, und das Kataster darauf begründet war, allen Glauben ver-
loren, Wo hingegen dieser Begriff weniger allgemein eingeführt ist, und seine Unbe-
stimmtheit weniger auffällt, da hängen kurzsichtige Landwirthe und Kameralisten noch
wohl daran, so daß man sogar in den neuesten Zeiten, in einem aufgeklärten Staate,
sehr drückende Abgaben, nach dem Maaße der Einsaat -- und obendrein nach sehr
unsichern Angaben eines Jahrs -- bestimmt hat, indem man solche dem Werthe
der Güter dadurch am angemessensten zu machen glaubte. Zuweilen hat man gar
von der Aussaat rückwärts sich einen Begriff vom Flächenmaaß gebildet, und versteht
unter einem Morgen, einem Joch, einem Tagewerk, keine bestimmte geometrische
Fläche, sondern ein solches Stück Landes, wo man eine gewisse Quantität Getreide
nach hergebrachter Gewohnheit einzusäen pflegt.

Wenn die Größe des gesammten Ackers durch das Aussaatsmaaß angegeben
wird, so versteht man entweder die sämmtliche Aussaat darunter, oder aber, was an
einigen Orten häufiger geschieht, nur die Winterungsaussaat, folglich bei der Drei-
felderwirthschaft, nur den dritten Theil des Ackers.

§. 70.

Die Güte des Bodens nach seinen chemischen und physischen EigenschaftenBeurtheilung
der Güte des
Bodens.

gründlich zu beurtheilen und seinen Werth und Ertrag zu bestimmen, ist eine der
wichtigsten Aufgaben der Landwirthschaftslehre, die wir in dem Hauptstücke von der
Agronomie zu lösen versuchen werden. Hier, wo wir nur von dem reden,
was beim Ankaufen des Guts -- wo keine so genaue Untersuchung Statt findet --

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
ſaatsmaaß beſtimmt. Man hat hier naͤmlich den — obwohl im Allgemeinen fal-
ſchen — Grundſatz angenommen, daß der Acker nach Verhaͤltniß ſeiner Guͤte und
ſeines Reichthums ſtaͤrker, der ſchlechtere und magere aber ſchwaͤcher beſaͤet werden
muͤſſe, weil jener viel, dieſer wenig tragen koͤnne. Auf einen Scheffel Einſaat rech-
net man daher, vom beſten Boden vielleicht 45, vom ſchlechteſten Boden 200 und
mehrere Quadratruthen. Ja man hat außer dem Ackerlande auch andere Pertinen-
zien, Waſſer, Moraſt und Moor, nach ſolchen Scheffeln gewuͤrdiget, und aus der
Summe dieſer Scheffel die Groͤße eines Guts, zugleich mit deſſen Ertrag und
Werth, beſtimmen wollen. Wie unzuverlaͤßig eine ſolche Angabe ſey, mußte bald
in die Augen fallen und ſie hat gerade in den Laͤndern, wo dieſe Wuͤrdigungsart
geſetzmaͤßig eingefuͤhrt, und das Kataſter darauf begruͤndet war, allen Glauben ver-
loren, Wo hingegen dieſer Begriff weniger allgemein eingefuͤhrt iſt, und ſeine Unbe-
ſtimmtheit weniger auffaͤllt, da haͤngen kurzſichtige Landwirthe und Kameraliſten noch
wohl daran, ſo daß man ſogar in den neueſten Zeiten, in einem aufgeklaͤrten Staate,
ſehr druͤckende Abgaben, nach dem Maaße der Einſaat — und obendrein nach ſehr
unſichern Angaben eines Jahrs — beſtimmt hat, indem man ſolche dem Werthe
der Guͤter dadurch am angemeſſenſten zu machen glaubte. Zuweilen hat man gar
von der Ausſaat ruͤckwaͤrts ſich einen Begriff vom Flaͤchenmaaß gebildet, und verſteht
unter einem Morgen, einem Joch, einem Tagewerk, keine beſtimmte geometriſche
Flaͤche, ſondern ein ſolches Stuͤck Landes, wo man eine gewiſſe Quantitaͤt Getreide
nach hergebrachter Gewohnheit einzuſaͤen pflegt.

Wenn die Groͤße des geſammten Ackers durch das Ausſaatsmaaß angegeben
wird, ſo verſteht man entweder die ſaͤmmtliche Ausſaat darunter, oder aber, was an
einigen Orten haͤufiger geſchieht, nur die Winterungsausſaat, folglich bei der Drei-
felderwirthſchaft, nur den dritten Theil des Ackers.

§. 70.

Die Guͤte des Bodens nach ſeinen chemiſchen und phyſiſchen EigenſchaftenBeurtheilung
der Guͤte des
Bodens.

gruͤndlich zu beurtheilen und ſeinen Werth und Ertrag zu beſtimmen, iſt eine der
wichtigſten Aufgaben der Landwirthſchaftslehre, die wir in dem Hauptſtuͤcke von der
Agronomie zu loͤſen verſuchen werden. Hier, wo wir nur von dem reden,
was beim Ankaufen des Guts — wo keine ſo genaue Unterſuchung Statt findet —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0067" n="37"/><fw place="top" type="header">Werth&#x017F;cha&#x0364;tzung eines Landguts.</fw><lb/>
&#x017F;aatsmaaß be&#x017F;timmt. Man hat hier na&#x0364;mlich den &#x2014; obwohl im Allgemeinen fal-<lb/>
&#x017F;chen &#x2014; Grund&#x017F;atz angenommen, daß der Acker nach Verha&#x0364;ltniß &#x017F;einer Gu&#x0364;te und<lb/>
&#x017F;eines Reichthums &#x017F;ta&#x0364;rker, der &#x017F;chlechtere und magere aber &#x017F;chwa&#x0364;cher be&#x017F;a&#x0364;et werden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, weil jener viel, die&#x017F;er wenig tragen ko&#x0364;nne. Auf einen Scheffel Ein&#x017F;aat rech-<lb/>
net man daher, vom be&#x017F;ten Boden vielleicht 45, vom &#x017F;chlechte&#x017F;ten Boden 200 und<lb/>
mehrere Quadratruthen. Ja man hat außer dem Ackerlande auch andere Pertinen-<lb/>
zien, Wa&#x017F;&#x017F;er, Mora&#x017F;t und Moor, nach &#x017F;olchen Scheffeln gewu&#x0364;rdiget, und aus der<lb/>
Summe die&#x017F;er Scheffel die Gro&#x0364;ße eines Guts, zugleich mit de&#x017F;&#x017F;en Ertrag und<lb/>
Werth, be&#x017F;timmen wollen. Wie unzuverla&#x0364;ßig eine &#x017F;olche Angabe &#x017F;ey, mußte bald<lb/>
in die Augen fallen und &#x017F;ie hat gerade in den La&#x0364;ndern, wo die&#x017F;e Wu&#x0364;rdigungsart<lb/>
ge&#x017F;etzma&#x0364;ßig eingefu&#x0364;hrt, und das Kata&#x017F;ter darauf begru&#x0364;ndet war, allen Glauben ver-<lb/>
loren, Wo hingegen die&#x017F;er Begriff weniger allgemein eingefu&#x0364;hrt i&#x017F;t, und &#x017F;eine Unbe-<lb/>
&#x017F;timmtheit weniger auffa&#x0364;llt, da ha&#x0364;ngen kurz&#x017F;ichtige Landwirthe und Kamerali&#x017F;ten noch<lb/>
wohl daran, &#x017F;o daß man &#x017F;ogar in den neue&#x017F;ten Zeiten, in einem aufgekla&#x0364;rten Staate,<lb/>
&#x017F;ehr dru&#x0364;ckende Abgaben, nach dem Maaße der Ein&#x017F;aat &#x2014; und obendrein nach &#x017F;ehr<lb/>
un&#x017F;ichern Angaben <hi rendition="#g">eines</hi> Jahrs &#x2014; be&#x017F;timmt hat, indem man &#x017F;olche dem Werthe<lb/>
der Gu&#x0364;ter dadurch am angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten zu machen glaubte. Zuweilen hat man gar<lb/>
von der Aus&#x017F;aat ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts &#x017F;ich einen Begriff vom Fla&#x0364;chenmaaß gebildet, und ver&#x017F;teht<lb/>
unter einem Morgen, einem Joch, einem Tagewerk, keine be&#x017F;timmte geometri&#x017F;che<lb/>
Fla&#x0364;che, &#x017F;ondern ein &#x017F;olches Stu&#x0364;ck Landes, wo man eine gewi&#x017F;&#x017F;e Quantita&#x0364;t Getreide<lb/>
nach hergebrachter Gewohnheit einzu&#x017F;a&#x0364;en pflegt.</p><lb/>
              <p>Wenn die Gro&#x0364;ße des ge&#x017F;ammten Ackers durch das Aus&#x017F;aatsmaaß angegeben<lb/>
wird, &#x017F;o ver&#x017F;teht man entweder die &#x017F;a&#x0364;mmtliche Aus&#x017F;aat darunter, oder aber, was an<lb/>
einigen Orten ha&#x0364;ufiger ge&#x017F;chieht, nur die Winterungsaus&#x017F;aat, <choice><sic>&#x017F;olglich</sic><corr>folglich</corr></choice> bei der Drei-<lb/>
felderwirth&#x017F;chaft, nur den dritten Theil des Ackers.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 70.</head><lb/>
              <p>Die Gu&#x0364;te des Bodens nach &#x017F;einen chemi&#x017F;chen und phy&#x017F;i&#x017F;chen <choice><sic>Eigen&#x017F;cha&#x017F;ten</sic><corr>Eigen&#x017F;chaften</corr></choice><note place="right">Beurtheilung<lb/>
der Gu&#x0364;te des<lb/>
Bodens.</note><lb/>
gru&#x0364;ndlich zu beurtheilen und &#x017F;einen Werth und Ertrag zu be&#x017F;timmen, i&#x017F;t eine der<lb/>
wichtig&#x017F;ten Aufgaben der Landwirth&#x017F;chaftslehre, die wir in dem Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke von der<lb/><hi rendition="#g">Agronomie</hi> zu lo&#x0364;&#x017F;en <hi rendition="#g">ver&#x017F;uchen</hi> werden. Hier, wo wir nur von dem reden,<lb/>
was beim Ankaufen des Guts &#x2014; wo keine &#x017F;o genaue Unter&#x017F;uchung Statt findet &#x2014;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0067] Werthſchaͤtzung eines Landguts. ſaatsmaaß beſtimmt. Man hat hier naͤmlich den — obwohl im Allgemeinen fal- ſchen — Grundſatz angenommen, daß der Acker nach Verhaͤltniß ſeiner Guͤte und ſeines Reichthums ſtaͤrker, der ſchlechtere und magere aber ſchwaͤcher beſaͤet werden muͤſſe, weil jener viel, dieſer wenig tragen koͤnne. Auf einen Scheffel Einſaat rech- net man daher, vom beſten Boden vielleicht 45, vom ſchlechteſten Boden 200 und mehrere Quadratruthen. Ja man hat außer dem Ackerlande auch andere Pertinen- zien, Waſſer, Moraſt und Moor, nach ſolchen Scheffeln gewuͤrdiget, und aus der Summe dieſer Scheffel die Groͤße eines Guts, zugleich mit deſſen Ertrag und Werth, beſtimmen wollen. Wie unzuverlaͤßig eine ſolche Angabe ſey, mußte bald in die Augen fallen und ſie hat gerade in den Laͤndern, wo dieſe Wuͤrdigungsart geſetzmaͤßig eingefuͤhrt, und das Kataſter darauf begruͤndet war, allen Glauben ver- loren, Wo hingegen dieſer Begriff weniger allgemein eingefuͤhrt iſt, und ſeine Unbe- ſtimmtheit weniger auffaͤllt, da haͤngen kurzſichtige Landwirthe und Kameraliſten noch wohl daran, ſo daß man ſogar in den neueſten Zeiten, in einem aufgeklaͤrten Staate, ſehr druͤckende Abgaben, nach dem Maaße der Einſaat — und obendrein nach ſehr unſichern Angaben eines Jahrs — beſtimmt hat, indem man ſolche dem Werthe der Guͤter dadurch am angemeſſenſten zu machen glaubte. Zuweilen hat man gar von der Ausſaat ruͤckwaͤrts ſich einen Begriff vom Flaͤchenmaaß gebildet, und verſteht unter einem Morgen, einem Joch, einem Tagewerk, keine beſtimmte geometriſche Flaͤche, ſondern ein ſolches Stuͤck Landes, wo man eine gewiſſe Quantitaͤt Getreide nach hergebrachter Gewohnheit einzuſaͤen pflegt. Wenn die Groͤße des geſammten Ackers durch das Ausſaatsmaaß angegeben wird, ſo verſteht man entweder die ſaͤmmtliche Ausſaat darunter, oder aber, was an einigen Orten haͤufiger geſchieht, nur die Winterungsausſaat, folglich bei der Drei- felderwirthſchaft, nur den dritten Theil des Ackers. §. 70. Die Guͤte des Bodens nach ſeinen chemiſchen und phyſiſchen Eigenſchaften gruͤndlich zu beurtheilen und ſeinen Werth und Ertrag zu beſtimmen, iſt eine der wichtigſten Aufgaben der Landwirthſchaftslehre, die wir in dem Hauptſtuͤcke von der Agronomie zu loͤſen verſuchen werden. Hier, wo wir nur von dem reden, was beim Ankaufen des Guts — wo keine ſo genaue Unterſuchung Statt findet — Beurtheilung der Guͤte des Bodens.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/67
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/67>, abgerufen am 21.11.2024.