boden herrühre. Auch die schwarzbräunliche Farbe des in den Furchen stehenden Wassers und des abgespühlten Schlamms beweißt Reichthum des Ackers.
Bei einiger Uebung erkennt man schon durch den Fußtritt und durch das Auf- stoßen mit dem Stocke, selbst durch das Gefühl beim Ueberreiten, die verschiedenen Grade der Gebundenheit des Bodens, und ob zäher Ton, milder Lehm oder loser Sand darin prädominire; auch giebt dies die Beschaffenheit der Erdklöße, nach fri- scher Beackerung, und die leichte Trennbarkeit oder der Widerstand älterer Klöße zu erkennen. Mittelst des Zerreibens zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger kann man aber das Verhältniß des Thons zur grobkörnigen Kieselerde noch genauer schätzen lernen.
Die Tiefe der Ackerkrume erkennt man leicht durch das Einstoßen mit einem Stocke und an Gräben, wo die Erde eingeschossen ist, so wie man auch bei letztern die Art des Untergrundes erkennen kann, welche auch der Aufwurf des Maul- wurfs angiebt.
Diese zuerst in die Sinne fallenden Kennzeichen müssen dann zu der genauern agronomischen Untersuchung, wenn man anders Zeit dazu hat, leiten.
§. 72.
Auch der wissenschaftliche Landwirth, der bestimmtere Begriffe von den Klassen und der Güte des Bodens hat, und die mannigfaltigen Rücksichten kennt, welche man dabei zu nehmen hat, muß die gebräuchliche Klassifikation und die Ausdrücke kennen, worin Empiriker, im Allgemeinen oder provinziell, die Bodenarten abthei- len und sie bezeichnen, damit er sie, besonders bei solchen Kaufunterhandlun- gen, verstehe.
§. 73.
Allgemein und natürlich ist die Unterscheidung zwischen gutem, mittlermGewöhnliche Klassifikatio- nen des Bo- dens. und schlechtem Boden. Allein sie ist bloß relativ, und was man hier Mittelbo- den nennt, heißt dort guter, und an andern Orten schlechter Boden. Man nimmt dabei nur auf den verhältnißmäßigen Grad der Fruchtbarkeit in jeder Gegend Rück- sicht. Bald versteht man unter schlechtem Boden einen dürren losen Sand, bald einen naßkalten, zähen Lehm. Auf die Möglichkeit, die mehrere oder mindere Schwierigkeit, letztern vielleicht durch Abwässerung zu verbessern, nimmt man wenig Rücksicht, und oft hat der gute Boden vor dem schlechten keinen andern Vorzug, als
Werthſchaͤtzung eines Landguts.
boden herruͤhre. Auch die ſchwarzbraͤunliche Farbe des in den Furchen ſtehenden Waſſers und des abgeſpuͤhlten Schlamms beweißt Reichthum des Ackers.
Bei einiger Uebung erkennt man ſchon durch den Fußtritt und durch das Auf- ſtoßen mit dem Stocke, ſelbſt durch das Gefuͤhl beim Ueberreiten, die verſchiedenen Grade der Gebundenheit des Bodens, und ob zaͤher Ton, milder Lehm oder loſer Sand darin praͤdominire; auch giebt dies die Beſchaffenheit der Erdkloͤße, nach fri- ſcher Beackerung, und die leichte Trennbarkeit oder der Widerſtand aͤlterer Kloͤße zu erkennen. Mittelſt des Zerreibens zwiſchen dem Daumen und dem Zeigefinger kann man aber das Verhaͤltniß des Thons zur grobkoͤrnigen Kieſelerde noch genauer ſchaͤtzen lernen.
Die Tiefe der Ackerkrume erkennt man leicht durch das Einſtoßen mit einem Stocke und an Graͤben, wo die Erde eingeſchoſſen iſt, ſo wie man auch bei letztern die Art des Untergrundes erkennen kann, welche auch der Aufwurf des Maul- wurfs angiebt.
Dieſe zuerſt in die Sinne fallenden Kennzeichen muͤſſen dann zu der genauern agronomiſchen Unterſuchung, wenn man anders Zeit dazu hat, leiten.
§. 72.
Auch der wiſſenſchaftliche Landwirth, der beſtimmtere Begriffe von den Klaſſen und der Guͤte des Bodens hat, und die mannigfaltigen Ruͤckſichten kennt, welche man dabei zu nehmen hat, muß die gebraͤuchliche Klaſſifikation und die Ausdruͤcke kennen, worin Empiriker, im Allgemeinen oder provinziell, die Bodenarten abthei- len und ſie bezeichnen, damit er ſie, beſonders bei ſolchen Kaufunterhandlun- gen, verſtehe.
§. 73.
Allgemein und natuͤrlich iſt die Unterſcheidung zwiſchen gutem, mittlermGewoͤhnliche Klaſſifikatio- nen des Bo- dens. und ſchlechtem Boden. Allein ſie iſt bloß relativ, und was man hier Mittelbo- den nennt, heißt dort guter, und an andern Orten ſchlechter Boden. Man nimmt dabei nur auf den verhaͤltnißmaͤßigen Grad der Fruchtbarkeit in jeder Gegend Ruͤck- ſicht. Bald verſteht man unter ſchlechtem Boden einen duͤrren loſen Sand, bald einen naßkalten, zaͤhen Lehm. Auf die Moͤglichkeit, die mehrere oder mindere Schwierigkeit, letztern vielleicht durch Abwaͤſſerung zu verbeſſern, nimmt man wenig Ruͤckſicht, und oft hat der gute Boden vor dem ſchlechten keinen andern Vorzug, als
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Werthſchaͤtzung eines Landguts.
boden herruͤhre. Auch die ſchwarzbraͤunliche Farbe des in den Furchen ſtehenden
Waſſers und des abgeſpuͤhlten Schlamms beweißt Reichthum des Ackers.
Bei einiger Uebung erkennt man ſchon durch den Fußtritt und durch das Auf-
ſtoßen mit dem Stocke, ſelbſt durch das Gefuͤhl beim Ueberreiten, die verſchiedenen
Grade der Gebundenheit des Bodens, und ob zaͤher Ton, milder Lehm oder loſer
Sand darin praͤdominire; auch giebt dies die Beſchaffenheit der Erdkloͤße, nach fri-
ſcher Beackerung, und die leichte Trennbarkeit oder der Widerſtand aͤlterer Kloͤße zu
erkennen. Mittelſt des Zerreibens zwiſchen dem Daumen und dem Zeigefinger kann
man aber das Verhaͤltniß des Thons zur grobkoͤrnigen Kieſelerde noch genauer
ſchaͤtzen lernen.
Die Tiefe der Ackerkrume erkennt man leicht durch das Einſtoßen mit einem
Stocke und an Graͤben, wo die Erde eingeſchoſſen iſt, ſo wie man auch bei letztern
die Art des Untergrundes erkennen kann, welche auch der Aufwurf des Maul-
wurfs angiebt.
Dieſe zuerſt in die Sinne fallenden Kennzeichen muͤſſen dann zu der genauern
agronomiſchen Unterſuchung, wenn man anders Zeit dazu hat, leiten.
§. 72.
Auch der wiſſenſchaftliche Landwirth, der beſtimmtere Begriffe von den Klaſſen
und der Guͤte des Bodens hat, und die mannigfaltigen Ruͤckſichten kennt, welche
man dabei zu nehmen hat, muß die gebraͤuchliche Klaſſifikation und die Ausdruͤcke
kennen, worin Empiriker, im Allgemeinen oder provinziell, die Bodenarten abthei-
len und ſie bezeichnen, damit er ſie, beſonders bei ſolchen Kaufunterhandlun-
gen, verſtehe.
§. 73.
Allgemein und natuͤrlich iſt die Unterſcheidung zwiſchen gutem, mittlerm
und ſchlechtem Boden. Allein ſie iſt bloß relativ, und was man hier Mittelbo-
den nennt, heißt dort guter, und an andern Orten ſchlechter Boden. Man nimmt
dabei nur auf den verhaͤltnißmaͤßigen Grad der Fruchtbarkeit in jeder Gegend Ruͤck-
ſicht. Bald verſteht man unter ſchlechtem Boden einen duͤrren loſen Sand, bald
einen naßkalten, zaͤhen Lehm. Auf die Moͤglichkeit, die mehrere oder mindere
Schwierigkeit, letztern vielleicht durch Abwaͤſſerung zu verbeſſern, nimmt man wenig
Ruͤckſicht, und oft hat der gute Boden vor dem ſchlechten keinen andern Vorzug, als
Gewoͤhnliche
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nen des Bo-
dens.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/69>, abgerufen am 16.02.2025.
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