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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Kalkerde.
det dadurch eine Art von Krystallisation, wodurch sein Zusammenhang unter sich
und mit den kieseligten Körpern noch mehr verstärkt wird.

§. 74.

Unschmelzbar-
keit
Der Kalk ist auch bei der heftigsten Glühhitze für sich allein nicht zum Schmel-
zen zu bringen. Jedoch kann ein zu heftiges Feuer eine Wirkung auf ihn hervor-
bringen, wodurch er seine Auflösbarkeit im Wasser und seine Brauchbarkeit zum
Mörtel verliert. Man kennt diesen Umstand bei der Kalkbrennerei sehr gut, und
sucht ihn zu vermeiden. Solcher Kalk wird todter oder todt gebrannter Kalk ge-
nannt. Es erleidet derselbe hier wol eine Art von Verglasung oder Zusammensin-
terung, wodurch seine Kohäsionskraft vermehrt, und seine Anziehung zum Wasser
verringert wird.

Mit der Kieselerde vermengt, läßt sich aber der Kalk gänzlich schmelzen.

§. 75.

Verbindung
mit den Säu-
ren.
Zu allen Säuren besitzt der Kalk eine starke Verwandtschaft, und diese ist
bei den meisten Säuren noch stärker, wie die der Alkalien. Der Kalk zieht die
Kohlensäure stärker an, wie das Kali, Natrum und Ammonium, und kann sie die-
sen entziehen, weswegen er als das vorzüglichste Mittel gebraucht wird, kohlen-
saure Alkalien in ätzende zu verwandeln. Auch zur Schwefelsäure, Salzsäure,
Salpetersäure und Phosphorsäure hat er eine stärkere Verwandtschaft, wie die
reinen Alkalien, und diese sind daher nicht im Stande, seine Verbindungen mit
denselben aufzuheben.

§. 76.

Werden Säuren mit gebranntem vorher gelöschten Kalk zusammengebracht,
so geht die Vereinigung schnell, ohne das mindeste Aufbrausen, vor sich. Giebt die
angewandte Säure, die Salz- und Salpetersäure, mit dem Kalke ein auflösliches
Mittelsalz, so wird der Kalk in die Flüssigkeit aufgenommen und unsichtbar; die
Auflösung wird klar. Giebt aber die Verbindung mit der Säure, wie Schwefel-
säure und Phosphorsäure, ein unauflösliches oder schwer auflösliches Mittelsalz,
so bleibt der Kalk in der Flüssigkeit schwimmend, und sondert sich, nachdem er
sich mit der Säure vereinigt hat, wieder ab.

Werden flüssige mit Wasser vermischte Säuren auf ungelöschtem gebrannten
Kalk gegossen, so entsteht eine Erhitzung und ein Aufwallen der Flüssigkeit, welche

Die Kalkerde.
det dadurch eine Art von Kryſtalliſation, wodurch ſein Zuſammenhang unter ſich
und mit den kieſeligten Koͤrpern noch mehr verſtaͤrkt wird.

§. 74.

Unſchmelzbar-
keit
Der Kalk iſt auch bei der heftigſten Gluͤhhitze fuͤr ſich allein nicht zum Schmel-
zen zu bringen. Jedoch kann ein zu heftiges Feuer eine Wirkung auf ihn hervor-
bringen, wodurch er ſeine Aufloͤsbarkeit im Waſſer und ſeine Brauchbarkeit zum
Moͤrtel verliert. Man kennt dieſen Umſtand bei der Kalkbrennerei ſehr gut, und
ſucht ihn zu vermeiden. Solcher Kalk wird todter oder todt gebrannter Kalk ge-
nannt. Es erleidet derſelbe hier wol eine Art von Verglaſung oder Zuſammenſin-
terung, wodurch ſeine Kohaͤſionskraft vermehrt, und ſeine Anziehung zum Waſſer
verringert wird.

Mit der Kieſelerde vermengt, laͤßt ſich aber der Kalk gaͤnzlich ſchmelzen.

§. 75.

Verbindung
mit den Saͤu-
ren.
Zu allen Saͤuren beſitzt der Kalk eine ſtarke Verwandtſchaft, und dieſe iſt
bei den meiſten Saͤuren noch ſtaͤrker, wie die der Alkalien. Der Kalk zieht die
Kohlenſaͤure ſtaͤrker an, wie das Kali, Natrum und Ammonium, und kann ſie die-
ſen entziehen, weswegen er als das vorzuͤglichſte Mittel gebraucht wird, kohlen-
ſaure Alkalien in aͤtzende zu verwandeln. Auch zur Schwefelſaͤure, Salzſaͤure,
Salpeterſaͤure und Phosphorſaͤure hat er eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft, wie die
reinen Alkalien, und dieſe ſind daher nicht im Stande, ſeine Verbindungen mit
denſelben aufzuheben.

§. 76.

Werden Saͤuren mit gebranntem vorher geloͤſchten Kalk zuſammengebracht,
ſo geht die Vereinigung ſchnell, ohne das mindeſte Aufbrauſen, vor ſich. Giebt die
angewandte Saͤure, die Salz- und Salpeterſaͤure, mit dem Kalke ein aufloͤsliches
Mittelſalz, ſo wird der Kalk in die Fluͤſſigkeit aufgenommen und unſichtbar; die
Aufloͤſung wird klar. Giebt aber die Verbindung mit der Saͤure, wie Schwefel-
ſaͤure und Phosphorſaͤure, ein unaufloͤsliches oder ſchwer aufloͤsliches Mittelſalz,
ſo bleibt der Kalk in der Fluͤſſigkeit ſchwimmend, und ſondert ſich, nachdem er
ſich mit der Saͤure vereinigt hat, wieder ab.

Werden fluͤſſige mit Waſſer vermiſchte Saͤuren auf ungeloͤſchtem gebrannten
Kalk gegoſſen, ſo entſteht eine Erhitzung und ein Aufwallen der Fluͤſſigkeit, welche

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[86/0130] Die Kalkerde. det dadurch eine Art von Kryſtalliſation, wodurch ſein Zuſammenhang unter ſich und mit den kieſeligten Koͤrpern noch mehr verſtaͤrkt wird. §. 74. Der Kalk iſt auch bei der heftigſten Gluͤhhitze fuͤr ſich allein nicht zum Schmel- zen zu bringen. Jedoch kann ein zu heftiges Feuer eine Wirkung auf ihn hervor- bringen, wodurch er ſeine Aufloͤsbarkeit im Waſſer und ſeine Brauchbarkeit zum Moͤrtel verliert. Man kennt dieſen Umſtand bei der Kalkbrennerei ſehr gut, und ſucht ihn zu vermeiden. Solcher Kalk wird todter oder todt gebrannter Kalk ge- nannt. Es erleidet derſelbe hier wol eine Art von Verglaſung oder Zuſammenſin- terung, wodurch ſeine Kohaͤſionskraft vermehrt, und ſeine Anziehung zum Waſſer verringert wird. Unſchmelzbar- keit Mit der Kieſelerde vermengt, laͤßt ſich aber der Kalk gaͤnzlich ſchmelzen. §. 75. Zu allen Saͤuren beſitzt der Kalk eine ſtarke Verwandtſchaft, und dieſe iſt bei den meiſten Saͤuren noch ſtaͤrker, wie die der Alkalien. Der Kalk zieht die Kohlenſaͤure ſtaͤrker an, wie das Kali, Natrum und Ammonium, und kann ſie die- ſen entziehen, weswegen er als das vorzuͤglichſte Mittel gebraucht wird, kohlen- ſaure Alkalien in aͤtzende zu verwandeln. Auch zur Schwefelſaͤure, Salzſaͤure, Salpeterſaͤure und Phosphorſaͤure hat er eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft, wie die reinen Alkalien, und dieſe ſind daher nicht im Stande, ſeine Verbindungen mit denſelben aufzuheben. Verbindung mit den Saͤu- ren. §. 76. Werden Saͤuren mit gebranntem vorher geloͤſchten Kalk zuſammengebracht, ſo geht die Vereinigung ſchnell, ohne das mindeſte Aufbrauſen, vor ſich. Giebt die angewandte Saͤure, die Salz- und Salpeterſaͤure, mit dem Kalke ein aufloͤsliches Mittelſalz, ſo wird der Kalk in die Fluͤſſigkeit aufgenommen und unſichtbar; die Aufloͤſung wird klar. Giebt aber die Verbindung mit der Saͤure, wie Schwefel- ſaͤure und Phosphorſaͤure, ein unaufloͤsliches oder ſchwer aufloͤsliches Mittelſalz, ſo bleibt der Kalk in der Fluͤſſigkeit ſchwimmend, und ſondert ſich, nachdem er ſich mit der Saͤure vereinigt hat, wieder ab. Werden fluͤſſige mit Waſſer vermiſchte Saͤuren auf ungeloͤſchtem gebrannten Kalk gegoſſen, ſo entſteht eine Erhitzung und ein Aufwallen der Fluͤſſigkeit, welche

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/130>, abgerufen am 21.11.2024.