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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Der Gyps.
§. 82.

Die Auflösung des wenigen Gypses im Wasser ist dem äußern Ansehen nach
vom reinen Wasser gar nicht verschieden. Sie besitzt indessen etwas Geschmack,
obgleich der trockne Gyps ganz geschmacklos ist. Dieser Geschmack läßt sich nicht
gut beschreiben. Man nennt ihn einen harten Geschmack, und man bemerkt
ihn an einigen Quellwassern, die Gyps aufgelöst enthalten, weswegen man diese
Wasser harte Wasser nennt. Wird die Gypsauflösung abgeraucht, so schlägt
sich in dem Maße, wie die Feuchtigkeit verdunstet, Gyps in ihr nieder. Denn
die bleibende Flüssigkeit behält nur noch so viel Gyps, wie sie aufzulösen vermögend
ist. In Wasser, was Kohlensäure enthält, löst sich weit mehr Gyps auf, wie
in reinem Wasser. Es läßt aber auch das, was es mehr aufgenommen hatte,
mit seiner Kohlensäure zugleich fahren, verliert es mithin an der Luft größten-
theils, und in der Siedhitze gänzlich. Die mit Gyps verunreinigten oder harten
Wasser sind zu manchem Gebrauche fehlerhaft, dagegen aber auf Wiesen geleitet
sehr düngend und fruchtbringend.

§. 83.

Der Gyps besteht nach Buchholz Untersuchungen, die die genauesten zu
seyn scheinen, aus 33 Prozent Kalkerde, 43 Prozent Schwefelsäure und 24 Pro-
zent Krystallwasser. Doch können andere Gypsarten ein anderes Verhältniß ha-
ben. Sein Krystallwasser verliert der Gyps in der Luft nicht. Die Gypskrystalle
zerfallen daher an der Luft nicht, eben so wenig, wie sie Feuchtigkeit aus der Luft
an sich ziehen. Wenn aber der Gyps erhitzt wird, so läßt er sein Krystallwasser
völlig fahren, ohne zu knistern. Er verliert von seinem Gewichte so viel, als sein
Wasser beträgt. Die Hitze, bei welcher dies geschieht, braucht nicht groß zu
seyn, bei weitem nicht so stark, wie die zum Brennen des Kalks erforderliche.
Wenn der Gyps, in mäßigen Stücken zerschlagen, gebrannt wird, so wird er
durch das Brennen ganz mürbe und leicht zerreiblich.

§. 84.

Der Gyps, welcher also im Feuer sein Krystallwasser verloren hat, wird
gebrannter Gyps genannt. In diesem Zustande findet er seine Anwendung
als Mörtel, und dann auch besonders zu Abgüssen. Wenn der gebrannte Gyps
sein gepulvert, und als feines Mehl mit Wasser zusammengerührt wird, so zieht er

M 2
Der Gyps.
§. 82.

Die Aufloͤſung des wenigen Gypſes im Waſſer iſt dem aͤußern Anſehen nach
vom reinen Waſſer gar nicht verſchieden. Sie beſitzt indeſſen etwas Geſchmack,
obgleich der trockne Gyps ganz geſchmacklos iſt. Dieſer Geſchmack laͤßt ſich nicht
gut beſchreiben. Man nennt ihn einen harten Geſchmack, und man bemerkt
ihn an einigen Quellwaſſern, die Gyps aufgeloͤſt enthalten, weswegen man dieſe
Waſſer harte Waſſer nennt. Wird die Gypsaufloͤſung abgeraucht, ſo ſchlaͤgt
ſich in dem Maße, wie die Feuchtigkeit verdunſtet, Gyps in ihr nieder. Denn
die bleibende Fluͤſſigkeit behaͤlt nur noch ſo viel Gyps, wie ſie aufzuloͤſen vermoͤgend
iſt. In Waſſer, was Kohlenſaͤure enthaͤlt, loͤſt ſich weit mehr Gyps auf, wie
in reinem Waſſer. Es laͤßt aber auch das, was es mehr aufgenommen hatte,
mit ſeiner Kohlenſaͤure zugleich fahren, verliert es mithin an der Luft groͤßten-
theils, und in der Siedhitze gaͤnzlich. Die mit Gyps verunreinigten oder harten
Waſſer ſind zu manchem Gebrauche fehlerhaft, dagegen aber auf Wieſen geleitet
ſehr duͤngend und fruchtbringend.

§. 83.

Der Gyps beſteht nach Buchholz Unterſuchungen, die die genaueſten zu
ſeyn ſcheinen, aus 33 Prozent Kalkerde, 43 Prozent Schwefelſaͤure und 24 Pro-
zent Kryſtallwaſſer. Doch koͤnnen andere Gypsarten ein anderes Verhaͤltniß ha-
ben. Sein Kryſtallwaſſer verliert der Gyps in der Luft nicht. Die Gypskryſtalle
zerfallen daher an der Luft nicht, eben ſo wenig, wie ſie Feuchtigkeit aus der Luft
an ſich ziehen. Wenn aber der Gyps erhitzt wird, ſo laͤßt er ſein Kryſtallwaſſer
voͤllig fahren, ohne zu kniſtern. Er verliert von ſeinem Gewichte ſo viel, als ſein
Waſſer betraͤgt. Die Hitze, bei welcher dies geſchieht, braucht nicht groß zu
ſeyn, bei weitem nicht ſo ſtark, wie die zum Brennen des Kalks erforderliche.
Wenn der Gyps, in maͤßigen Stuͤcken zerſchlagen, gebrannt wird, ſo wird er
durch das Brennen ganz muͤrbe und leicht zerreiblich.

§. 84.

Der Gyps, welcher alſo im Feuer ſein Kryſtallwaſſer verloren hat, wird
gebrannter Gyps genannt. In dieſem Zuſtande findet er ſeine Anwendung
als Moͤrtel, und dann auch beſonders zu Abguͤſſen. Wenn der gebrannte Gyps
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[91/0135] Der Gyps. §. 82. Die Aufloͤſung des wenigen Gypſes im Waſſer iſt dem aͤußern Anſehen nach vom reinen Waſſer gar nicht verſchieden. Sie beſitzt indeſſen etwas Geſchmack, obgleich der trockne Gyps ganz geſchmacklos iſt. Dieſer Geſchmack laͤßt ſich nicht gut beſchreiben. Man nennt ihn einen harten Geſchmack, und man bemerkt ihn an einigen Quellwaſſern, die Gyps aufgeloͤſt enthalten, weswegen man dieſe Waſſer harte Waſſer nennt. Wird die Gypsaufloͤſung abgeraucht, ſo ſchlaͤgt ſich in dem Maße, wie die Feuchtigkeit verdunſtet, Gyps in ihr nieder. Denn die bleibende Fluͤſſigkeit behaͤlt nur noch ſo viel Gyps, wie ſie aufzuloͤſen vermoͤgend iſt. In Waſſer, was Kohlenſaͤure enthaͤlt, loͤſt ſich weit mehr Gyps auf, wie in reinem Waſſer. Es laͤßt aber auch das, was es mehr aufgenommen hatte, mit ſeiner Kohlenſaͤure zugleich fahren, verliert es mithin an der Luft groͤßten- theils, und in der Siedhitze gaͤnzlich. Die mit Gyps verunreinigten oder harten Waſſer ſind zu manchem Gebrauche fehlerhaft, dagegen aber auf Wieſen geleitet ſehr duͤngend und fruchtbringend. §. 83. Der Gyps beſteht nach Buchholz Unterſuchungen, die die genaueſten zu ſeyn ſcheinen, aus 33 Prozent Kalkerde, 43 Prozent Schwefelſaͤure und 24 Pro- zent Kryſtallwaſſer. Doch koͤnnen andere Gypsarten ein anderes Verhaͤltniß ha- ben. Sein Kryſtallwaſſer verliert der Gyps in der Luft nicht. Die Gypskryſtalle zerfallen daher an der Luft nicht, eben ſo wenig, wie ſie Feuchtigkeit aus der Luft an ſich ziehen. Wenn aber der Gyps erhitzt wird, ſo laͤßt er ſein Kryſtallwaſſer voͤllig fahren, ohne zu kniſtern. Er verliert von ſeinem Gewichte ſo viel, als ſein Waſſer betraͤgt. Die Hitze, bei welcher dies geſchieht, braucht nicht groß zu ſeyn, bei weitem nicht ſo ſtark, wie die zum Brennen des Kalks erforderliche. Wenn der Gyps, in maͤßigen Stuͤcken zerſchlagen, gebrannt wird, ſo wird er durch das Brennen ganz muͤrbe und leicht zerreiblich. §. 84. Der Gyps, welcher alſo im Feuer ſein Kryſtallwaſſer verloren hat, wird gebrannter Gyps genannt. In dieſem Zuſtande findet er ſeine Anwendung als Moͤrtel, und dann auch beſonders zu Abguͤſſen. Wenn der gebrannte Gyps ſein gepulvert, und als feines Mehl mit Waſſer zuſammengeruͤhrt wird, ſo zieht er M 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/135>, abgerufen am 24.11.2024.