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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Der Mergel.
aufzuhelfen. Und in manchen Gegenden hat man wirklich ganze Distrikte gefun-
den, die schon vor alten Zeiten durch den Gebrauch derselben sind aufgeholfen
worden. Auch kannten ihn die Römer. Die allgemeine Aufmerksamkeit hat die
Mergelung doch erst seit kurzem auf sich gezogen, und es giebt noch viele Land-
wirthe, die von dieser Substanz durchaus keinen klaren Begriff haben, obgleich
wenige chemische Kenntnisse dazu gehören, um den Mergel von allen andern Erd-
arten zu unterscheiden. Aus der gänzlichen Unbekanntschaft mit dem Mergel
rührt es zum Theil her, daß man die Wirkung des Mergels ableugnet, ihn sogar
verschreiet und nachtheiligen Erfolg von seiner Anwendung gesehen haben will.
Es war dann aber nicht Mergel, den man auf das Land führte, sondern vielleicht
ein bindender eisenhaltiger Thon, oder eine andere Erdart, die sich für den Bo-
den gar nicht paßte. Als Düngungsmittel werden wir vom Mergel in der Folge
reden. Hier nur von seiner Natur und seiner natürlichen Gegenwart im Boden.

§. 90.

Der Mergel ist eine Vereinigung der kohlensauren Kalkerde mit dem Thon.
Beide Substanzen befinden sich meistentheils auf eine inniger Art vermengt, so
daß man weder mit dem bloßen Auge, noch selbst mit dem Microscope die Kalk-
theilchen und einzelne Thontheilchen unterscheiden kann. Wir haben es der Na-
tur noch nicht abgemerkt, wie sie diese Erdart bereitet. Denn wenn man Vermen-
gungen von Kalk und Thon gemacht hat, so sind diese von dem natürlichen Mer-
gel doch noch sehr verschieden gewesen; sie haben z. B. das Zerfallen an der
Luft und das Verwittern mit dem natürlichen Mergel nicht gleich gehabt.

§. 91.

Die Verhältnisse, in welchen Thon und Kalk im Mergel mit einander ver-
bunden sind, sind höchst mannigfaltig verschieden. Zuweilen ist das Verhältniß
beider gleich; dann ist der Thon mehr oder minder überwiegend, dann ist es wie-
der der Kalk. Die Natur hat sich kein bestimmtes Maß vorgeschrieben, worin sie
beide Erdarten vermengt. Nach diesen verschiedenen Verhältnissen des Thons
und des Kalks hat man den Mergel klassifizirt, und den verschiedenen Sorten ver-
schiedene Benennungen gegeben. Die Klassifikation, welche Andreä in seinem
Werke über die Erdarten des hannöverschen Landes aufgestellt hat, ist in der That
die zweckmäßigste und auch in Deutschland fast allgemein angenommen. Nach

Der Mergel.
aufzuhelfen. Und in manchen Gegenden hat man wirklich ganze Diſtrikte gefun-
den, die ſchon vor alten Zeiten durch den Gebrauch derſelben ſind aufgeholfen
worden. Auch kannten ihn die Roͤmer. Die allgemeine Aufmerkſamkeit hat die
Mergelung doch erſt ſeit kurzem auf ſich gezogen, und es giebt noch viele Land-
wirthe, die von dieſer Subſtanz durchaus keinen klaren Begriff haben, obgleich
wenige chemiſche Kenntniſſe dazu gehoͤren, um den Mergel von allen andern Erd-
arten zu unterſcheiden. Aus der gaͤnzlichen Unbekanntſchaft mit dem Mergel
ruͤhrt es zum Theil her, daß man die Wirkung des Mergels ableugnet, ihn ſogar
verſchreiet und nachtheiligen Erfolg von ſeiner Anwendung geſehen haben will.
Es war dann aber nicht Mergel, den man auf das Land fuͤhrte, ſondern vielleicht
ein bindender eiſenhaltiger Thon, oder eine andere Erdart, die ſich fuͤr den Bo-
den gar nicht paßte. Als Duͤngungsmittel werden wir vom Mergel in der Folge
reden. Hier nur von ſeiner Natur und ſeiner natuͤrlichen Gegenwart im Boden.

§. 90.

Der Mergel iſt eine Vereinigung der kohlenſauren Kalkerde mit dem Thon.
Beide Subſtanzen befinden ſich meiſtentheils auf eine inniger Art vermengt, ſo
daß man weder mit dem bloßen Auge, noch ſelbſt mit dem Microſcope die Kalk-
theilchen und einzelne Thontheilchen unterſcheiden kann. Wir haben es der Na-
tur noch nicht abgemerkt, wie ſie dieſe Erdart bereitet. Denn wenn man Vermen-
gungen von Kalk und Thon gemacht hat, ſo ſind dieſe von dem natuͤrlichen Mer-
gel doch noch ſehr verſchieden geweſen; ſie haben z. B. das Zerfallen an der
Luft und das Verwittern mit dem natuͤrlichen Mergel nicht gleich gehabt.

§. 91.

Die Verhaͤltniſſe, in welchen Thon und Kalk im Mergel mit einander ver-
bunden ſind, ſind hoͤchſt mannigfaltig verſchieden. Zuweilen iſt das Verhaͤltniß
beider gleich; dann iſt der Thon mehr oder minder uͤberwiegend, dann iſt es wie-
der der Kalk. Die Natur hat ſich kein beſtimmtes Maß vorgeſchrieben, worin ſie
beide Erdarten vermengt. Nach dieſen verſchiedenen Verhaͤltniſſen des Thons
und des Kalks hat man den Mergel klaſſifizirt, und den verſchiedenen Sorten ver-
ſchiedene Benennungen gegeben. Die Klaſſifikation, welche Andreaͤ in ſeinem
Werke uͤber die Erdarten des hannoͤverſchen Landes aufgeſtellt hat, iſt in der That
die zweckmaͤßigſte und auch in Deutſchland faſt allgemein angenommen. Nach

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[95/0139] Der Mergel. aufzuhelfen. Und in manchen Gegenden hat man wirklich ganze Diſtrikte gefun- den, die ſchon vor alten Zeiten durch den Gebrauch derſelben ſind aufgeholfen worden. Auch kannten ihn die Roͤmer. Die allgemeine Aufmerkſamkeit hat die Mergelung doch erſt ſeit kurzem auf ſich gezogen, und es giebt noch viele Land- wirthe, die von dieſer Subſtanz durchaus keinen klaren Begriff haben, obgleich wenige chemiſche Kenntniſſe dazu gehoͤren, um den Mergel von allen andern Erd- arten zu unterſcheiden. Aus der gaͤnzlichen Unbekanntſchaft mit dem Mergel ruͤhrt es zum Theil her, daß man die Wirkung des Mergels ableugnet, ihn ſogar verſchreiet und nachtheiligen Erfolg von ſeiner Anwendung geſehen haben will. Es war dann aber nicht Mergel, den man auf das Land fuͤhrte, ſondern vielleicht ein bindender eiſenhaltiger Thon, oder eine andere Erdart, die ſich fuͤr den Bo- den gar nicht paßte. Als Duͤngungsmittel werden wir vom Mergel in der Folge reden. Hier nur von ſeiner Natur und ſeiner natuͤrlichen Gegenwart im Boden. §. 90. Der Mergel iſt eine Vereinigung der kohlenſauren Kalkerde mit dem Thon. Beide Subſtanzen befinden ſich meiſtentheils auf eine inniger Art vermengt, ſo daß man weder mit dem bloßen Auge, noch ſelbſt mit dem Microſcope die Kalk- theilchen und einzelne Thontheilchen unterſcheiden kann. Wir haben es der Na- tur noch nicht abgemerkt, wie ſie dieſe Erdart bereitet. Denn wenn man Vermen- gungen von Kalk und Thon gemacht hat, ſo ſind dieſe von dem natuͤrlichen Mer- gel doch noch ſehr verſchieden geweſen; ſie haben z. B. das Zerfallen an der Luft und das Verwittern mit dem natuͤrlichen Mergel nicht gleich gehabt. §. 91. Die Verhaͤltniſſe, in welchen Thon und Kalk im Mergel mit einander ver- bunden ſind, ſind hoͤchſt mannigfaltig verſchieden. Zuweilen iſt das Verhaͤltniß beider gleich; dann iſt der Thon mehr oder minder uͤberwiegend, dann iſt es wie- der der Kalk. Die Natur hat ſich kein beſtimmtes Maß vorgeſchrieben, worin ſie beide Erdarten vermengt. Nach dieſen verſchiedenen Verhaͤltniſſen des Thons und des Kalks hat man den Mergel klaſſifizirt, und den verſchiedenen Sorten ver- ſchiedene Benennungen gegeben. Die Klaſſifikation, welche Andreaͤ in ſeinem Werke uͤber die Erdarten des hannoͤverſchen Landes aufgeſtellt hat, iſt in der That die zweckmaͤßigſte und auch in Deutſchland faſt allgemein angenommen. Nach

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/139>, abgerufen am 21.11.2024.