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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.

Bei der Schätzung der Bodenarten zuvörderst nach ihren Bestandtheilen,
nehme ich eine Gleichheit ihrer übrigen Verhältnisse, in Ansehung ihrer Lage,
ihres Feuchtigkeitzustandes, ihrer Tiefe, ihres Untergrundes u. s. f. an, und setze
voraus, daß sie hierin einander gleich und fehlerfrey sind. In der Folge werden
wir auf jene Eigenschaften zurückkommen, und ihren verschiedenen Einfluß auf
die verschiedenen Bodenarten würdigen.

§. 126.

Der Humus ist wie oben gesagt diejenige Substanz, welche im ErdbodenVerhalten des
Humus im
Boden.

den Pflanzen die Nahrung giebt. Die Kraft oder der Reichthum des Bodens,
oder was man auch zuweilen seine Fettigkeit (obgleich darunter auch zuwei-
len die Beschaffenheit des Thons verstanden wird) nennt, hängt daher ledig-
lich von ihm und seinem Verhältnisse ab. Zugleich aber hat er auch physisch, und
als unzersetzter Körper betrachtet, eine merkliche Einwirkung auf den Boden. Er
macht den thonigten Boden porös, begünstigt die Einwirkung der Luft darauf-
befördert seine Mürbheit und sein Zerfallen. Den Sand befestigt er, und hält,
durch seine Vermengung mit selbigem die Feuchtigkeit mehr an, und zwar thut er
beides mehr, als er es für sich allein thun würde, so daß der aus Humus und
Sand in gerechtem Verhältnisse gemengte Boden mehr gebunden und Feuchtig-
keit haltend ist, als wenn einer dieser Bestandtheile zu sehr überwöge. Den
überreichen Kalkboden kühlt er, wie man zu sagen pflegt, macht ihn milder und
weniger reizend, befestigt seine Consistenz, und hält auch in ihm die Verdunstung
der Feuchtigkeit mehr zurück.

Indessen kann diese fruchtbare Substanz auch in übergroßer Menge im Bo-
den vorhanden seyn, so daß dieser dadurch zu lose und zu schwammig wird, und
den Pflanzenwurzeln nicht die nöthige feste Haltung giebt. Er saugt in diesem
Uebermaße die Feuchtigkeit wie ein Schwamm begierig ein, wird davon bei nasser
Witterung überfüllt, und fast morastig, so daß die Pflanzen alles Uebel erleiden,
was eine übermäßige Nässe ihnen verursacht, davon krank werden und absterben.
Bei der Dürre läßt er dagegen die Feuchtigkeit durch starke Ansdünstung leicht
fahren, und wird daher an der Oberfläche ganz dürre und staubigt, so daß die da-
rin liegenden Samenkörner nicht keimen können, oder was noch schlimmer ist,
im Keime wieder vertrocknen. Einige Zolle tiefer, wo ihn die Atmosphäre nicht

Zweiter Theil. Q
Die Bodenarten.

Bei der Schaͤtzung der Bodenarten zuvoͤrderſt nach ihren Beſtandtheilen,
nehme ich eine Gleichheit ihrer uͤbrigen Verhaͤltniſſe, in Anſehung ihrer Lage,
ihres Feuchtigkeitzuſtandes, ihrer Tiefe, ihres Untergrundes u. ſ. f. an, und ſetze
voraus, daß ſie hierin einander gleich und fehlerfrey ſind. In der Folge werden
wir auf jene Eigenſchaften zuruͤckkommen, und ihren verſchiedenen Einfluß auf
die verſchiedenen Bodenarten wuͤrdigen.

§. 126.

Der Humus iſt wie oben geſagt diejenige Subſtanz, welche im ErdbodenVerhalten des
Humus im
Boden.

den Pflanzen die Nahrung giebt. Die Kraft oder der Reichthum des Bodens,
oder was man auch zuweilen ſeine Fettigkeit (obgleich darunter auch zuwei-
len die Beſchaffenheit des Thons verſtanden wird) nennt, haͤngt daher ledig-
lich von ihm und ſeinem Verhaͤltniſſe ab. Zugleich aber hat er auch phyſiſch, und
als unzerſetzter Koͤrper betrachtet, eine merkliche Einwirkung auf den Boden. Er
macht den thonigten Boden poroͤs, beguͤnſtigt die Einwirkung der Luft darauf-
befoͤrdert ſeine Muͤrbheit und ſein Zerfallen. Den Sand befeſtigt er, und haͤlt,
durch ſeine Vermengung mit ſelbigem die Feuchtigkeit mehr an, und zwar thut er
beides mehr, als er es fuͤr ſich allein thun wuͤrde, ſo daß der aus Humus und
Sand in gerechtem Verhaͤltniſſe gemengte Boden mehr gebunden und Feuchtig-
keit haltend iſt, als wenn einer dieſer Beſtandtheile zu ſehr uͤberwoͤge. Den
uͤberreichen Kalkboden kuͤhlt er, wie man zu ſagen pflegt, macht ihn milder und
weniger reizend, befeſtigt ſeine Conſiſtenz, und haͤlt auch in ihm die Verdunſtung
der Feuchtigkeit mehr zuruͤck.

Indeſſen kann dieſe fruchtbare Subſtanz auch in uͤbergroßer Menge im Bo-
den vorhanden ſeyn, ſo daß dieſer dadurch zu loſe und zu ſchwammig wird, und
den Pflanzenwurzeln nicht die noͤthige feſte Haltung giebt. Er ſaugt in dieſem
Uebermaße die Feuchtigkeit wie ein Schwamm begierig ein, wird davon bei naſſer
Witterung uͤberfuͤllt, und faſt moraſtig, ſo daß die Pflanzen alles Uebel erleiden,
was eine uͤbermaͤßige Naͤſſe ihnen verurſacht, davon krank werden und abſterben.
Bei der Duͤrre laͤßt er dagegen die Feuchtigkeit durch ſtarke Ansduͤnſtung leicht
fahren, und wird daher an der Oberflaͤche ganz duͤrre und ſtaubigt, ſo daß die da-
rin liegenden Samenkoͤrner nicht keimen koͤnnen, oder was noch ſchlimmer iſt,
im Keime wieder vertrocknen. Einige Zolle tiefer, wo ihn die Atmoſphaͤre nicht

Zweiter Theil. Q
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[121/0165] Die Bodenarten. Bei der Schaͤtzung der Bodenarten zuvoͤrderſt nach ihren Beſtandtheilen, nehme ich eine Gleichheit ihrer uͤbrigen Verhaͤltniſſe, in Anſehung ihrer Lage, ihres Feuchtigkeitzuſtandes, ihrer Tiefe, ihres Untergrundes u. ſ. f. an, und ſetze voraus, daß ſie hierin einander gleich und fehlerfrey ſind. In der Folge werden wir auf jene Eigenſchaften zuruͤckkommen, und ihren verſchiedenen Einfluß auf die verſchiedenen Bodenarten wuͤrdigen. §. 126. Der Humus iſt wie oben geſagt diejenige Subſtanz, welche im Erdboden den Pflanzen die Nahrung giebt. Die Kraft oder der Reichthum des Bodens, oder was man auch zuweilen ſeine Fettigkeit (obgleich darunter auch zuwei- len die Beſchaffenheit des Thons verſtanden wird) nennt, haͤngt daher ledig- lich von ihm und ſeinem Verhaͤltniſſe ab. Zugleich aber hat er auch phyſiſch, und als unzerſetzter Koͤrper betrachtet, eine merkliche Einwirkung auf den Boden. Er macht den thonigten Boden poroͤs, beguͤnſtigt die Einwirkung der Luft darauf- befoͤrdert ſeine Muͤrbheit und ſein Zerfallen. Den Sand befeſtigt er, und haͤlt, durch ſeine Vermengung mit ſelbigem die Feuchtigkeit mehr an, und zwar thut er beides mehr, als er es fuͤr ſich allein thun wuͤrde, ſo daß der aus Humus und Sand in gerechtem Verhaͤltniſſe gemengte Boden mehr gebunden und Feuchtig- keit haltend iſt, als wenn einer dieſer Beſtandtheile zu ſehr uͤberwoͤge. Den uͤberreichen Kalkboden kuͤhlt er, wie man zu ſagen pflegt, macht ihn milder und weniger reizend, befeſtigt ſeine Conſiſtenz, und haͤlt auch in ihm die Verdunſtung der Feuchtigkeit mehr zuruͤck. Verhalten des Humus im Boden. Indeſſen kann dieſe fruchtbare Subſtanz auch in uͤbergroßer Menge im Bo- den vorhanden ſeyn, ſo daß dieſer dadurch zu loſe und zu ſchwammig wird, und den Pflanzenwurzeln nicht die noͤthige feſte Haltung giebt. Er ſaugt in dieſem Uebermaße die Feuchtigkeit wie ein Schwamm begierig ein, wird davon bei naſſer Witterung uͤberfuͤllt, und faſt moraſtig, ſo daß die Pflanzen alles Uebel erleiden, was eine uͤbermaͤßige Naͤſſe ihnen verurſacht, davon krank werden und abſterben. Bei der Duͤrre laͤßt er dagegen die Feuchtigkeit durch ſtarke Ansduͤnſtung leicht fahren, und wird daher an der Oberflaͤche ganz duͤrre und ſtaubigt, ſo daß die da- rin liegenden Samenkoͤrner nicht keimen koͤnnen, oder was noch ſchlimmer iſt, im Keime wieder vertrocknen. Einige Zolle tiefer, wo ihn die Atmoſphaͤre nicht Zweiter Theil. Q

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/165>, abgerufen am 21.11.2024.