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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
wenig Oel gebend. Das Kraut ist rauher und minder saftig, wie das vom Ackerret-
tig, jedoch dem Viehe angenehm und nahrhaft, weshalb man sogar den damit an-
gefüllten Boden als Futterfeld gebraucht hat, ohne etwas einzusäen, indem man nur
durch Pflügen und Eggen sein Aufgehn mehrmahls in einem Sommer beförderte.

Verschiedene andere Pflanzen, Abarten aus dem Geschlechte der Brassica, des
Rapses und Rübsens, können ebenfalls im Boden einwuchern, und werden dann
auch, ihrer großen Aehnlichkeit wegen, mit unter dem Namen des Hedderichs
begriffen.

Es scheinen diese Unkrautearten in den Aeckern des nördlichen Deutschlandes
seit Menschengedenken sich sehr vermehrt zu haben. Es ist jetzt eine seltene Ausnahme
ein Feld davon frei zu finden. Sie werden zum Theil durch Unvorsichtigkeit im Reini-
gen der Saat fortgepflanzt; aber auch die größte Vorsicht hilft nichts, wenn ihr
Same einmal viel im Acker liegt. Sie sind nur durch fleißige Bearbeitung und Rüh-
rung der Ackererde in den Sommermonaten, dann durch Einschränkung des Som-
merkornbaues und vermehrten Winterungsbau zu vermindern, und endlich durch
Ausziehung der einzelnen Pflanzen zu vertilgen.

Ein ungleich nachtheiligeres, aber nicht so allgemein verbreitetes Samenun-
krant ist die gelbe Wucherblume (Chrysanthemum segetum). Es hat einen so
üppigen Wuchs, ist so hart, und vermehrt sich so schnell und übermäßig, daß es den
Boden zu allen Sommergetreidebau ganz untauglich und werthlos machen kann.
Dies Gewächs keimt spät, und erst, wenn der Boden ziemlich durchwärmt ist,
wächst dann aber so schnell und so frech empor, daß es die vor seinem Keimen schon
ziemlich herangewachsene Saat noch unterdrückt. Es breitet sich mit seinen starken
saftigen Zweigen und Blättern über das ganze Feld aus, und scheint alle Kraft
an sich zu ziehen. Es ist so zähe, daß eine Pflanze, welche nur eben ihre Blü-
tenknospen zeigte, ausgerissen nicht nur aufblüht, sondern auch reifen Samen macht.
Wenn es ausgejätet und in Haufen zusammengeworfen worden, kommt es nicht in
eine zerstörende Gährung, sondern die obenliegenden Pflanzen treiben noch hervor,
vegetiren fort und setzten Samen an, so daß zu seiner Zerstörung kein anderes Mit-
tel ist, als es entweder tief zu vergraben, oder zu verbrennen. Sein Samen geht
auch die Leiber der Thiere durch, ohne die Keimkraft zu verlieren, und wird daher
mit dem Miste verbreitet. In Gegenden, wo man das Uebel in der Nachbarschaft

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Die Bodenarten.
wenig Oel gebend. Das Kraut iſt rauher und minder ſaftig, wie das vom Ackerret-
tig, jedoch dem Viehe angenehm und nahrhaft, weshalb man ſogar den damit an-
gefuͤllten Boden als Futterfeld gebraucht hat, ohne etwas einzuſaͤen, indem man nur
durch Pfluͤgen und Eggen ſein Aufgehn mehrmahls in einem Sommer befoͤrderte.

Verſchiedene andere Pflanzen, Abarten aus dem Geſchlechte der Brassica, des
Rapſes und Ruͤbſens, koͤnnen ebenfalls im Boden einwuchern, und werden dann
auch, ihrer großen Aehnlichkeit wegen, mit unter dem Namen des Hedderichs
begriffen.

Es ſcheinen dieſe Unkrautearten in den Aeckern des noͤrdlichen Deutſchlandes
ſeit Menſchengedenken ſich ſehr vermehrt zu haben. Es iſt jetzt eine ſeltene Ausnahme
ein Feld davon frei zu finden. Sie werden zum Theil durch Unvorſichtigkeit im Reini-
gen der Saat fortgepflanzt; aber auch die groͤßte Vorſicht hilft nichts, wenn ihr
Same einmal viel im Acker liegt. Sie ſind nur durch fleißige Bearbeitung und Ruͤh-
rung der Ackererde in den Sommermonaten, dann durch Einſchraͤnkung des Som-
merkornbaues und vermehrten Winterungsbau zu vermindern, und endlich durch
Ausziehung der einzelnen Pflanzen zu vertilgen.

Ein ungleich nachtheiligeres, aber nicht ſo allgemein verbreitetes Samenun-
krant iſt die gelbe Wucherblume (Chrysanthemum segetum). Es hat einen ſo
uͤppigen Wuchs, iſt ſo hart, und vermehrt ſich ſo ſchnell und uͤbermaͤßig, daß es den
Boden zu allen Sommergetreidebau ganz untauglich und werthlos machen kann.
Dies Gewaͤchs keimt ſpaͤt, und erſt, wenn der Boden ziemlich durchwaͤrmt iſt,
waͤchſt dann aber ſo ſchnell und ſo frech empor, daß es die vor ſeinem Keimen ſchon
ziemlich herangewachſene Saat noch unterdruͤckt. Es breitet ſich mit ſeinen ſtarken
ſaftigen Zweigen und Blaͤttern uͤber das ganze Feld aus, und ſcheint alle Kraft
an ſich zu ziehen. Es iſt ſo zaͤhe, daß eine Pflanze, welche nur eben ihre Bluͤ-
tenknospen zeigte, ausgeriſſen nicht nur aufbluͤht, ſondern auch reifen Samen macht.
Wenn es ausgejaͤtet und in Haufen zuſammengeworfen worden, kommt es nicht in
eine zerſtoͤrende Gaͤhrung, ſondern die obenliegenden Pflanzen treiben noch hervor,
vegetiren fort und ſetzten Samen an, ſo daß zu ſeiner Zerſtoͤrung kein anderes Mit-
tel iſt, als es entweder tief zu vergraben, oder zu verbrennen. Sein Samen geht
auch die Leiber der Thiere durch, ohne die Keimkraft zu verlieren, und wird daher
mit dem Miſte verbreitet. In Gegenden, wo man das Uebel in der Nachbarſchaft

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[163/0211] Die Bodenarten. wenig Oel gebend. Das Kraut iſt rauher und minder ſaftig, wie das vom Ackerret- tig, jedoch dem Viehe angenehm und nahrhaft, weshalb man ſogar den damit an- gefuͤllten Boden als Futterfeld gebraucht hat, ohne etwas einzuſaͤen, indem man nur durch Pfluͤgen und Eggen ſein Aufgehn mehrmahls in einem Sommer befoͤrderte. Verſchiedene andere Pflanzen, Abarten aus dem Geſchlechte der Brassica, des Rapſes und Ruͤbſens, koͤnnen ebenfalls im Boden einwuchern, und werden dann auch, ihrer großen Aehnlichkeit wegen, mit unter dem Namen des Hedderichs begriffen. Es ſcheinen dieſe Unkrautearten in den Aeckern des noͤrdlichen Deutſchlandes ſeit Menſchengedenken ſich ſehr vermehrt zu haben. Es iſt jetzt eine ſeltene Ausnahme ein Feld davon frei zu finden. Sie werden zum Theil durch Unvorſichtigkeit im Reini- gen der Saat fortgepflanzt; aber auch die groͤßte Vorſicht hilft nichts, wenn ihr Same einmal viel im Acker liegt. Sie ſind nur durch fleißige Bearbeitung und Ruͤh- rung der Ackererde in den Sommermonaten, dann durch Einſchraͤnkung des Som- merkornbaues und vermehrten Winterungsbau zu vermindern, und endlich durch Ausziehung der einzelnen Pflanzen zu vertilgen. Ein ungleich nachtheiligeres, aber nicht ſo allgemein verbreitetes Samenun- krant iſt die gelbe Wucherblume (Chrysanthemum segetum). Es hat einen ſo uͤppigen Wuchs, iſt ſo hart, und vermehrt ſich ſo ſchnell und uͤbermaͤßig, daß es den Boden zu allen Sommergetreidebau ganz untauglich und werthlos machen kann. Dies Gewaͤchs keimt ſpaͤt, und erſt, wenn der Boden ziemlich durchwaͤrmt iſt, waͤchſt dann aber ſo ſchnell und ſo frech empor, daß es die vor ſeinem Keimen ſchon ziemlich herangewachſene Saat noch unterdruͤckt. Es breitet ſich mit ſeinen ſtarken ſaftigen Zweigen und Blaͤttern uͤber das ganze Feld aus, und ſcheint alle Kraft an ſich zu ziehen. Es iſt ſo zaͤhe, daß eine Pflanze, welche nur eben ihre Bluͤ- tenknospen zeigte, ausgeriſſen nicht nur aufbluͤht, ſondern auch reifen Samen macht. Wenn es ausgejaͤtet und in Haufen zuſammengeworfen worden, kommt es nicht in eine zerſtoͤrende Gaͤhrung, ſondern die obenliegenden Pflanzen treiben noch hervor, vegetiren fort und ſetzten Samen an, ſo daß zu ſeiner Zerſtoͤrung kein anderes Mit- tel iſt, als es entweder tief zu vergraben, oder zu verbrennen. Sein Samen geht auch die Leiber der Thiere durch, ohne die Keimkraft zu verlieren, und wird daher mit dem Miſte verbreitet. In Gegenden, wo man das Uebel in der Nachbarſchaft X 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/211>, abgerufen am 23.05.2024.