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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
desto sparsamer kann man mit dem Kalk seyn. Auch diese Haufen müssen bis zur
überstandenen Gährungshitze ruhig stehen bleiben, dann aber ein oder mehrere Male
durchstochen und wieder aufgesetzt werden.

Diejenigen, welche wenigstens den Gebrauch des Stallmistes zu diesen Menge-
haufen verwerfen, halten solche für eine unnütze Vermehrung der Arbeit. Dieser
Mist, sagen sie, könne im Acker genugsam mit der Erde verbunden und zertheilt wer-
den, und dies geschähe auf eine weit leichtere und zweckmäßigere Weise als in sol-
chen Mengehaufen. Die faulende Gährung des Mistes im Acker selbst sey diesem
sehr wohlthätig, und sie haben auf thonigem, kalten Acker gewiß Recht zu dieser
Behauptung.

Was aber noch mehr gegen die allgemeine Anwendung dieses Mengedüngers
streitet, und solche erschwert, ist dies, daß der Stallmist dann wenigstens um ein
Jahr später gebraucht werden, und zur Wirksamkeit kommen kann. Und dies ist in einer
Wirthschaft, wo man noch keinen Ueberfluß von Miste hat, von sehr großer Wich-
tigkeit. Man kann aus dem frisch gebrauchten Miste dann schon neues Düngerma-
terial -- unangesehn die untzbare Produktion -- erzeugt haben, bevor jener Kom-
post dem Acker einverleibt wird.

Folglich kann man nicht wohl auf die Anlegung solcher Komposthaufen denken,
bevor man nicht einigen Ueberfluß über den nothwendigen Dünger besitzt. Dann
aber werden die Anlagen solches Komposts um so rathsamer, je mehr man an Ma-
terialien besitzt oder herbeischaffen kann, die ohne solche Vermengung schwer auflös-
bar seyn würden. Man kann sich einen großen Schatz dadurch bereiten, und sich
einen reichlichen Ertrag von solchen Saaten sichern, die mißlich scheinen, und einer
Aufhülfe bedürfen.

Man bedient sich nämlich dieses Komposts ohne allen Zweifel und nach unzäh-
ligen Erfahrungen am vortheilhaftesten, wenn man ihn nicht unterpflügt, sondern
auf die Oberfläche des Ackers bringt. Man führt ihn entweder auf die Saatfurche,
überstreuet diese vom Wagen ab durch Leute, die ihn mit Schaufeln auswerfen, da-
mit, und egget ihn dann zugleich mit der Saat ein, oder pflügt ihn mit solcher flach
unter. Oder aber man bedient sich desselben um ihn auf eine ähnliche Weise über die
gelaufene Saat, über die Winterung oft erst im Frühjahr, auszustreuen, wenn sie
schon ihre Vegetationsperiode angefangen hat. Hier ist eine solche Ueberdüngung

Die Miſtduͤngung.
deſto ſparſamer kann man mit dem Kalk ſeyn. Auch dieſe Haufen muͤſſen bis zur
uͤberſtandenen Gaͤhrungshitze ruhig ſtehen bleiben, dann aber ein oder mehrere Male
durchſtochen und wieder aufgeſetzt werden.

Diejenigen, welche wenigſtens den Gebrauch des Stallmiſtes zu dieſen Menge-
haufen verwerfen, halten ſolche fuͤr eine unnuͤtze Vermehrung der Arbeit. Dieſer
Miſt, ſagen ſie, koͤnne im Acker genugſam mit der Erde verbunden und zertheilt wer-
den, und dies geſchaͤhe auf eine weit leichtere und zweckmaͤßigere Weiſe als in ſol-
chen Mengehaufen. Die faulende Gaͤhrung des Miſtes im Acker ſelbſt ſey dieſem
ſehr wohlthaͤtig, und ſie haben auf thonigem, kalten Acker gewiß Recht zu dieſer
Behauptung.

Was aber noch mehr gegen die allgemeine Anwendung dieſes Mengeduͤngers
ſtreitet, und ſolche erſchwert, iſt dies, daß der Stallmiſt dann wenigſtens um ein
Jahr ſpaͤter gebraucht werden, und zur Wirkſamkeit kommen kann. Und dies iſt in einer
Wirthſchaft, wo man noch keinen Ueberfluß von Miſte hat, von ſehr großer Wich-
tigkeit. Man kann aus dem friſch gebrauchten Miſte dann ſchon neues Duͤngerma-
terial — unangeſehn die untzbare Produktion — erzeugt haben, bevor jener Kom-
poſt dem Acker einverleibt wird.

Folglich kann man nicht wohl auf die Anlegung ſolcher Kompoſthaufen denken,
bevor man nicht einigen Ueberfluß uͤber den nothwendigen Duͤnger beſitzt. Dann
aber werden die Anlagen ſolches Kompoſts um ſo rathſamer, je mehr man an Ma-
terialien beſitzt oder herbeiſchaffen kann, die ohne ſolche Vermengung ſchwer aufloͤs-
bar ſeyn wuͤrden. Man kann ſich einen großen Schatz dadurch bereiten, und ſich
einen reichlichen Ertrag von ſolchen Saaten ſichern, die mißlich ſcheinen, und einer
Aufhuͤlfe beduͤrfen.

Man bedient ſich naͤmlich dieſes Kompoſts ohne allen Zweifel und nach unzaͤh-
ligen Erfahrungen am vortheilhafteſten, wenn man ihn nicht unterpfluͤgt, ſondern
auf die Oberflaͤche des Ackers bringt. Man fuͤhrt ihn entweder auf die Saatfurche,
uͤberſtreuet dieſe vom Wagen ab durch Leute, die ihn mit Schaufeln auswerfen, da-
mit, und egget ihn dann zugleich mit der Saat ein, oder pfluͤgt ihn mit ſolcher flach
unter. Oder aber man bedient ſich deſſelben um ihn auf eine aͤhnliche Weiſe uͤber die
gelaufene Saat, uͤber die Winterung oft erſt im Fruͤhjahr, auszuſtreuen, wenn ſie
ſchon ihre Vegetationsperiode angefangen hat. Hier iſt eine ſolche Ueberduͤngung

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[207/0255] Die Miſtduͤngung. deſto ſparſamer kann man mit dem Kalk ſeyn. Auch dieſe Haufen muͤſſen bis zur uͤberſtandenen Gaͤhrungshitze ruhig ſtehen bleiben, dann aber ein oder mehrere Male durchſtochen und wieder aufgeſetzt werden. Diejenigen, welche wenigſtens den Gebrauch des Stallmiſtes zu dieſen Menge- haufen verwerfen, halten ſolche fuͤr eine unnuͤtze Vermehrung der Arbeit. Dieſer Miſt, ſagen ſie, koͤnne im Acker genugſam mit der Erde verbunden und zertheilt wer- den, und dies geſchaͤhe auf eine weit leichtere und zweckmaͤßigere Weiſe als in ſol- chen Mengehaufen. Die faulende Gaͤhrung des Miſtes im Acker ſelbſt ſey dieſem ſehr wohlthaͤtig, und ſie haben auf thonigem, kalten Acker gewiß Recht zu dieſer Behauptung. Was aber noch mehr gegen die allgemeine Anwendung dieſes Mengeduͤngers ſtreitet, und ſolche erſchwert, iſt dies, daß der Stallmiſt dann wenigſtens um ein Jahr ſpaͤter gebraucht werden, und zur Wirkſamkeit kommen kann. Und dies iſt in einer Wirthſchaft, wo man noch keinen Ueberfluß von Miſte hat, von ſehr großer Wich- tigkeit. Man kann aus dem friſch gebrauchten Miſte dann ſchon neues Duͤngerma- terial — unangeſehn die untzbare Produktion — erzeugt haben, bevor jener Kom- poſt dem Acker einverleibt wird. Folglich kann man nicht wohl auf die Anlegung ſolcher Kompoſthaufen denken, bevor man nicht einigen Ueberfluß uͤber den nothwendigen Duͤnger beſitzt. Dann aber werden die Anlagen ſolches Kompoſts um ſo rathſamer, je mehr man an Ma- terialien beſitzt oder herbeiſchaffen kann, die ohne ſolche Vermengung ſchwer aufloͤs- bar ſeyn wuͤrden. Man kann ſich einen großen Schatz dadurch bereiten, und ſich einen reichlichen Ertrag von ſolchen Saaten ſichern, die mißlich ſcheinen, und einer Aufhuͤlfe beduͤrfen. Man bedient ſich naͤmlich dieſes Kompoſts ohne allen Zweifel und nach unzaͤh- ligen Erfahrungen am vortheilhafteſten, wenn man ihn nicht unterpfluͤgt, ſondern auf die Oberflaͤche des Ackers bringt. Man fuͤhrt ihn entweder auf die Saatfurche, uͤberſtreuet dieſe vom Wagen ab durch Leute, die ihn mit Schaufeln auswerfen, da- mit, und egget ihn dann zugleich mit der Saat ein, oder pfluͤgt ihn mit ſolcher flach unter. Oder aber man bedient ſich deſſelben um ihn auf eine aͤhnliche Weiſe uͤber die gelaufene Saat, uͤber die Winterung oft erſt im Fruͤhjahr, auszuſtreuen, wenn ſie ſchon ihre Vegetationsperiode angefangen hat. Hier iſt eine ſolche Ueberduͤngung

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/255>, abgerufen am 23.11.2024.