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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Mineralische Düngungsmittel.
bessert wurde. Auf solchen Bodenarten thut der Sand nach vielfachen Erfahrun-
gen ungleich größere Wirkung, wie der kräftigste Dünger, der hier sogar manch-
mal nachtheilig wird.

§. 54.

Kalkdüngung,
wie sie wirke.
Der Kalk im Boden hat zwar auf die physische Beschaffenheit desselben, wie
in der Lehre von der Agronomie gesagt worden, einen beträchtlichen Einfluß. Al-
lein bei dem Auffahren desselben nehmen wir wohl nur seine chemische Wirkung in
Anspruch, indem solche wohl nie so stark eingerichtet wird, daß er durch jenen eine
erhebliche Veränderung in der Consistenz des Bodens bewirken könne.

Die chemische oder eigentlich düngende Wirkung des Kalkes scheint wieder
von zweierlei Art zu seyn. Eines Theils wirkt er als ein bloß zerfetzendes Mittel
auf den Humus, den er auflöst, in Bewegung und in den Zustand setzt, worin er
in die Pflanzen leicht übergehen kann. Deshalb ist die Kalkdüngung um so wirk-
samer, je reichhaltiger der Boden an Humus, und um so auffallender, je unauf-
löslicher dieser Humus seiner Natur nach war. Insbesondere wird der saure Hu-
mus durch ihn von seiner Säure befreit, und dadurch erst fruchtbar.

Andern Theils aber ist es höchst wahrscheinlich, daß der Kalk auch durch
seine Kohlensäure etwas wirke, und durch selbige den Pflanzen wirkliche Nahrung
gebe. Die Lebensthätigkeit der Pflanzenwurzeln, besonders gewisser Vegetabi-
lien, scheint die Kraft zu haben, ihm diese Kohlensäure zu entziehen, die er dann
aber in eben dem Maaße aus der Atmosphäre wieder anzieht. Denn es ist un-
läugbar, daß eine Kalkdüngung auch auf solchem Boden, der sehr wenig Humus
enthält, und sogar eine wiederholte Düngung dieser Art immer noch einige Wir-
kung thue, wenn gleich bei weitem keine so starke wie da, wo noch Humus im Bo-
den ist, oder wo er ihm durch eine abwechselnde vegetabilische und animalische
Düngung wiedergegeben wird. Ferner wissen wir, daß einige Pflanzenarten vom
Kalke besonders viele Kraft erhalten, und mit ihren Pflanzenwurzeln in den rohen
Kalkstein eindringen, und ihn gewissermaßen zersetzen. Dies ist besonders bei der
Esparcette merklich, welche 10 bis 20 Fuß tief mit ihrer Pfahlwurzel in den Kalk-
stein eindringt, Büschel von Nebenwurzeln ausschlägt, die den Kalkstein an ihrem
Orte mürbe und krümlich machten, und deren Kraut um so üppiger vegetirte, je

Mineraliſche Duͤngungsmittel.
beſſert wurde. Auf ſolchen Bodenarten thut der Sand nach vielfachen Erfahrun-
gen ungleich groͤßere Wirkung, wie der kraͤftigſte Duͤnger, der hier ſogar manch-
mal nachtheilig wird.

§. 54.

Kalkduͤngung,
wie ſie wirke.
Der Kalk im Boden hat zwar auf die phyſiſche Beſchaffenheit deſſelben, wie
in der Lehre von der Agronomie geſagt worden, einen betraͤchtlichen Einfluß. Al-
lein bei dem Auffahren deſſelben nehmen wir wohl nur ſeine chemiſche Wirkung in
Anſpruch, indem ſolche wohl nie ſo ſtark eingerichtet wird, daß er durch jenen eine
erhebliche Veraͤnderung in der Conſiſtenz des Bodens bewirken koͤnne.

Die chemiſche oder eigentlich duͤngende Wirkung des Kalkes ſcheint wieder
von zweierlei Art zu ſeyn. Eines Theils wirkt er als ein bloß zerfetzendes Mittel
auf den Humus, den er aufloͤſt, in Bewegung und in den Zuſtand ſetzt, worin er
in die Pflanzen leicht uͤbergehen kann. Deshalb iſt die Kalkduͤngung um ſo wirk-
ſamer, je reichhaltiger der Boden an Humus, und um ſo auffallender, je unauf-
loͤslicher dieſer Humus ſeiner Natur nach war. Insbeſondere wird der ſaure Hu-
mus durch ihn von ſeiner Saͤure befreit, und dadurch erſt fruchtbar.

Andern Theils aber iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß der Kalk auch durch
ſeine Kohlenſaͤure etwas wirke, und durch ſelbige den Pflanzen wirkliche Nahrung
gebe. Die Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln, beſonders gewiſſer Vegetabi-
lien, ſcheint die Kraft zu haben, ihm dieſe Kohlenſaͤure zu entziehen, die er dann
aber in eben dem Maaße aus der Atmoſphaͤre wieder anzieht. Denn es iſt un-
laͤugbar, daß eine Kalkduͤngung auch auf ſolchem Boden, der ſehr wenig Humus
enthaͤlt, und ſogar eine wiederholte Duͤngung dieſer Art immer noch einige Wir-
kung thue, wenn gleich bei weitem keine ſo ſtarke wie da, wo noch Humus im Bo-
den iſt, oder wo er ihm durch eine abwechſelnde vegetabiliſche und animaliſche
Duͤngung wiedergegeben wird. Ferner wiſſen wir, daß einige Pflanzenarten vom
Kalke beſonders viele Kraft erhalten, und mit ihren Pflanzenwurzeln in den rohen
Kalkſtein eindringen, und ihn gewiſſermaßen zerſetzen. Dies iſt beſonders bei der
Eſparcette merklich, welche 10 bis 20 Fuß tief mit ihrer Pfahlwurzel in den Kalk-
ſtein eindringt, Buͤſchel von Nebenwurzeln ausſchlaͤgt, die den Kalkſtein an ihrem
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[238/0286] Mineraliſche Duͤngungsmittel. beſſert wurde. Auf ſolchen Bodenarten thut der Sand nach vielfachen Erfahrun- gen ungleich groͤßere Wirkung, wie der kraͤftigſte Duͤnger, der hier ſogar manch- mal nachtheilig wird. §. 54. Der Kalk im Boden hat zwar auf die phyſiſche Beſchaffenheit deſſelben, wie in der Lehre von der Agronomie geſagt worden, einen betraͤchtlichen Einfluß. Al- lein bei dem Auffahren deſſelben nehmen wir wohl nur ſeine chemiſche Wirkung in Anſpruch, indem ſolche wohl nie ſo ſtark eingerichtet wird, daß er durch jenen eine erhebliche Veraͤnderung in der Conſiſtenz des Bodens bewirken koͤnne. Kalkduͤngung, wie ſie wirke. Die chemiſche oder eigentlich duͤngende Wirkung des Kalkes ſcheint wieder von zweierlei Art zu ſeyn. Eines Theils wirkt er als ein bloß zerfetzendes Mittel auf den Humus, den er aufloͤſt, in Bewegung und in den Zuſtand ſetzt, worin er in die Pflanzen leicht uͤbergehen kann. Deshalb iſt die Kalkduͤngung um ſo wirk- ſamer, je reichhaltiger der Boden an Humus, und um ſo auffallender, je unauf- loͤslicher dieſer Humus ſeiner Natur nach war. Insbeſondere wird der ſaure Hu- mus durch ihn von ſeiner Saͤure befreit, und dadurch erſt fruchtbar. Andern Theils aber iſt es hoͤchſt wahrſcheinlich, daß der Kalk auch durch ſeine Kohlenſaͤure etwas wirke, und durch ſelbige den Pflanzen wirkliche Nahrung gebe. Die Lebensthaͤtigkeit der Pflanzenwurzeln, beſonders gewiſſer Vegetabi- lien, ſcheint die Kraft zu haben, ihm dieſe Kohlenſaͤure zu entziehen, die er dann aber in eben dem Maaße aus der Atmoſphaͤre wieder anzieht. Denn es iſt un- laͤugbar, daß eine Kalkduͤngung auch auf ſolchem Boden, der ſehr wenig Humus enthaͤlt, und ſogar eine wiederholte Duͤngung dieſer Art immer noch einige Wir- kung thue, wenn gleich bei weitem keine ſo ſtarke wie da, wo noch Humus im Bo- den iſt, oder wo er ihm durch eine abwechſelnde vegetabiliſche und animaliſche Duͤngung wiedergegeben wird. Ferner wiſſen wir, daß einige Pflanzenarten vom Kalke beſonders viele Kraft erhalten, und mit ihren Pflanzenwurzeln in den rohen Kalkſtein eindringen, und ihn gewiſſermaßen zerſetzen. Dies iſt beſonders bei der Eſparcette merklich, welche 10 bis 20 Fuß tief mit ihrer Pfahlwurzel in den Kalk- ſtein eindringt, Buͤſchel von Nebenwurzeln ausſchlaͤgt, die den Kalkſtein an ihrem Orte muͤrbe und kruͤmlich machten, und deren Kraut um ſo uͤppiger vegetirte, je

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/286>, abgerufen am 24.11.2024.