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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Verhältnisse der Wirthschaftssysteme gegen einander.
dieser Provinzen, wo die Brache bestellt werden darf, aber die Anger- und Holz-
weiden nicht aufgebrochen und zu Ackerland gemacht werden können, paßt es sich
sehr gut, und kann örtlicher Verhältnisse wegen nicht gegen ein besseres vertauscht
werden. Auf dem minder fruchtbaren, zäheren, Quecken und Unkraut erzeugen-
den Boden aber, hat es sich auf die Dauer nicht ausführbar gezeigt, und eine
öftere Brache ist dabei nöthig befunden. Der Viehstand bleibt immer zu geringe,
wenn er gleich den nothdürftigen Dünger reicht. Es liegt übrigens auch bei die-
sem Systeme die Regel des Fruchtwechsels in so fern zum Grunde, als man über-
zeugt ist, daß ohne Brache nach zwei Halmfrüchten durchaus eine andere Frucht
eintreten muß.

No. 3. 4. 5. sind Mecklenburgische Koppel-Wirthschaften verschiedener
Art. Im Körnerertrage kommen sie sich ziemlich gleich; im Viehertrage über-
wiegt die mit einer Brache beträchtlich. Die Arbeiten und Kosten dieser Wirth-
schaften sind die geringsten, und das ist es, was sie vorzüglich empfiehlt, wo es
an Menschen und an Betriebskapital mangelt. Durch Futterbau in Nebenkop-
peln erhalten sie oft ein anderes Verhältniß, worauf aber hier nicht Rücksicht ge-
nommen werden kann.

No. 6. ist eine Hollsteinische Wirthschaft, wie sie jetzt häufig betrieben
wird, wo nämlich Brache auf den vortheilhaften Dreeschhafer folgt. Die längere
Ruhe und die stärkere Düngung gewährt einen stärkeren Körnerertrag, wenn ge-
hörige Bearbeitung des Bodens hinzukommt, woran es vormals, wie man in
Hollstein gar keine Brache hielt, fehlte. Damals war der Viehertrag dem Kör-
nerertrag in den meisten Wirthschaften gleich, oder überwog ihn gar; der ganze
Ertrag war aber doch geringer wie jetzt.

No. 7. ist eine Fruchtwechselwirthschaft mit Weide, wobei aber das Vieh
des Nachts auf den Stall genommen, und des Morgens besonders gefuttert wird.
Der höhere Körnerertrag geht aus der starken Düngung, die jedesmal nur
eine Getreidefrucht abträgt, verbunden mit der Ruhe des Bodens, hervor, und
ist eher zu geringe als zu hoch angenommen. Den Viehertrag ergiebt die Menge
des Futters in Verbindung mit der Weide.

No. 8. eine Fruchtwechselwirthschaft zur Stallfutterung des Rindviehes an-
gelegt, und darauf berechnet. Der große Düngergewinn berechtigt wenig-

Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander.
dieſer Provinzen, wo die Brache beſtellt werden darf, aber die Anger- und Holz-
weiden nicht aufgebrochen und zu Ackerland gemacht werden koͤnnen, paßt es ſich
ſehr gut, und kann oͤrtlicher Verhaͤltniſſe wegen nicht gegen ein beſſeres vertauſcht
werden. Auf dem minder fruchtbaren, zaͤheren, Quecken und Unkraut erzeugen-
den Boden aber, hat es ſich auf die Dauer nicht ausfuͤhrbar gezeigt, und eine
oͤftere Brache iſt dabei noͤthig befunden. Der Viehſtand bleibt immer zu geringe,
wenn er gleich den nothduͤrftigen Duͤnger reicht. Es liegt uͤbrigens auch bei die-
ſem Syſteme die Regel des Fruchtwechſels in ſo fern zum Grunde, als man uͤber-
zeugt iſt, daß ohne Brache nach zwei Halmfruͤchten durchaus eine andere Frucht
eintreten muß.

No. 3. 4. 5. ſind Mecklenburgiſche Koppel-Wirthſchaften verſchiedener
Art. Im Koͤrnerertrage kommen ſie ſich ziemlich gleich; im Viehertrage uͤber-
wiegt die mit einer Brache betraͤchtlich. Die Arbeiten und Koſten dieſer Wirth-
ſchaften ſind die geringſten, und das iſt es, was ſie vorzuͤglich empfiehlt, wo es
an Menſchen und an Betriebskapital mangelt. Durch Futterbau in Nebenkop-
peln erhalten ſie oft ein anderes Verhaͤltniß, worauf aber hier nicht Ruͤckſicht ge-
nommen werden kann.

No. 6. iſt eine Hollſteiniſche Wirthſchaft, wie ſie jetzt haͤufig betrieben
wird, wo naͤmlich Brache auf den vortheilhaften Dreeſchhafer folgt. Die laͤngere
Ruhe und die ſtaͤrkere Duͤngung gewaͤhrt einen ſtaͤrkeren Koͤrnerertrag, wenn ge-
hoͤrige Bearbeitung des Bodens hinzukommt, woran es vormals, wie man in
Hollſtein gar keine Brache hielt, fehlte. Damals war der Viehertrag dem Koͤr-
nerertrag in den meiſten Wirthſchaften gleich, oder uͤberwog ihn gar; der ganze
Ertrag war aber doch geringer wie jetzt.

No. 7. iſt eine Fruchtwechſelwirthſchaft mit Weide, wobei aber das Vieh
des Nachts auf den Stall genommen, und des Morgens beſonders gefuttert wird.
Der hoͤhere Koͤrnerertrag geht aus der ſtarken Duͤngung, die jedesmal nur
eine Getreidefrucht abtraͤgt, verbunden mit der Ruhe des Bodens, hervor, und
iſt eher zu geringe als zu hoch angenommen. Den Viehertrag ergiebt die Menge
des Futters in Verbindung mit der Weide.

No. 8. eine Fruchtwechſelwirthſchaft zur Stallfutterung des Rindviehes an-
gelegt, und darauf berechnet. Der große Duͤngergewinn berechtigt wenig-

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[10/0044] Verhaͤltniſſe der Wirthſchaftsſyſteme gegen einander. dieſer Provinzen, wo die Brache beſtellt werden darf, aber die Anger- und Holz- weiden nicht aufgebrochen und zu Ackerland gemacht werden koͤnnen, paßt es ſich ſehr gut, und kann oͤrtlicher Verhaͤltniſſe wegen nicht gegen ein beſſeres vertauſcht werden. Auf dem minder fruchtbaren, zaͤheren, Quecken und Unkraut erzeugen- den Boden aber, hat es ſich auf die Dauer nicht ausfuͤhrbar gezeigt, und eine oͤftere Brache iſt dabei noͤthig befunden. Der Viehſtand bleibt immer zu geringe, wenn er gleich den nothduͤrftigen Duͤnger reicht. Es liegt uͤbrigens auch bei die- ſem Syſteme die Regel des Fruchtwechſels in ſo fern zum Grunde, als man uͤber- zeugt iſt, daß ohne Brache nach zwei Halmfruͤchten durchaus eine andere Frucht eintreten muß. No. 3. 4. 5. ſind Mecklenburgiſche Koppel-Wirthſchaften verſchiedener Art. Im Koͤrnerertrage kommen ſie ſich ziemlich gleich; im Viehertrage uͤber- wiegt die mit einer Brache betraͤchtlich. Die Arbeiten und Koſten dieſer Wirth- ſchaften ſind die geringſten, und das iſt es, was ſie vorzuͤglich empfiehlt, wo es an Menſchen und an Betriebskapital mangelt. Durch Futterbau in Nebenkop- peln erhalten ſie oft ein anderes Verhaͤltniß, worauf aber hier nicht Ruͤckſicht ge- nommen werden kann. No. 6. iſt eine Hollſteiniſche Wirthſchaft, wie ſie jetzt haͤufig betrieben wird, wo naͤmlich Brache auf den vortheilhaften Dreeſchhafer folgt. Die laͤngere Ruhe und die ſtaͤrkere Duͤngung gewaͤhrt einen ſtaͤrkeren Koͤrnerertrag, wenn ge- hoͤrige Bearbeitung des Bodens hinzukommt, woran es vormals, wie man in Hollſtein gar keine Brache hielt, fehlte. Damals war der Viehertrag dem Koͤr- nerertrag in den meiſten Wirthſchaften gleich, oder uͤberwog ihn gar; der ganze Ertrag war aber doch geringer wie jetzt. No. 7. iſt eine Fruchtwechſelwirthſchaft mit Weide, wobei aber das Vieh des Nachts auf den Stall genommen, und des Morgens beſonders gefuttert wird. Der hoͤhere Koͤrnerertrag geht aus der ſtarken Duͤngung, die jedesmal nur eine Getreidefrucht abtraͤgt, verbunden mit der Ruhe des Bodens, hervor, und iſt eher zu geringe als zu hoch angenommen. Den Viehertrag ergiebt die Menge des Futters in Verbindung mit der Weide. No. 8. eine Fruchtwechſelwirthſchaft zur Stallfutterung des Rindviehes an- gelegt, und darauf berechnet. Der große Duͤngergewinn berechtigt wenig-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/44>, abgerufen am 21.11.2024.