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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Chemie der Erden.
nem Geschäfte vorkommenden Erscheinungen einsehen und sich eine befriedigende
Erklärung über manche Erfolge, die ihm sonst widersprechend scheinen müssen,
geben will. Auch ist eine vollkommene Kenntniß der Erden und ihrer Eigenschaf-
ten dem Landwirthe, der Alles, was ihm die Natur in seinem Boden gegeben
hat, aufs vortheilhafteste benutzen, und deshalb nach den Umständen Kalkbren-
nerei, Glashütte, Ziegelei, Topf- und Porzellanfabriken anlegen will, ungemein
wichtig. Insbesondere aber kann ihn nur eine gründliche Kenntniß der Erden,
nach allen ihren Qualitäten, sicher leiten, wenn er sich des großen Mittels zur
Verbesserung und Befruchtung des Bodens bedienen will, welches die häufige
Gelegenheit, verbessernde Erdarten aus der Tiefe des Bodens hervorzuholen und
auf dem Acker zu verbreiten, an die Hand giebt, weshalb diese Digression in
das Gebiet der Chemie mir unerlaßlich scheint.

§. 7.

Die älteren Chemiker, fast bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts, nah-
men nur eine eigene elementarische Erde an, welche die Basis des ganzen
Erdballs sey, die im hohen Grade unzerstörbar, in größerer oder geringerer
Menge einen Bestandtheil aller festen Körper ausmache. Man fing erst später
an, die Thon- und die Kieselerde zu unterscheiden. Den Kalk zählte
man eigentlich nicht unter die Erden, oder hielt ihn doch für einen zusammengesetz-
ten Körper. So wie aber die Chemie in der Untersuchung der mineralischen Kör-
per fortschritt, lernte man die wesentlichen Verschiedenheiten nicht nur der einfa-
chen schon bekannten Erden, sondern auch immer mehrere neue Stoffe kennen,
welche man in diese Klasse der unzerlegbaren Körper setzte. Man wich von dem
vormaligen Begriff von Erde, daß es nämlich ein geschmackloser und im Wasser
unauflösbarer Körper sey, aber ab, verließ den Glauben an eine elementarische
Erde, und sah jede Erdart als eine eigene ursprüngliche Substanz an.

Vielleicht hätte man wohl gethan, das Wort Erde zur Bezeichnung eines be-
stimmten Begriffs ganz aus der Wissenschaft zu verbannen, oder es nur für die im
Wasser für sich unauflöslichen und geschmacklosen Erden beizubehalten, weil man
jetzt in der That keine genügende Definition von dem geben kann, was die Chemiker
Erde nennen.


Kiesel-

Chemie der Erden.
nem Geſchaͤfte vorkommenden Erſcheinungen einſehen und ſich eine befriedigende
Erklaͤrung uͤber manche Erfolge, die ihm ſonſt widerſprechend ſcheinen muͤſſen,
geben will. Auch iſt eine vollkommene Kenntniß der Erden und ihrer Eigenſchaf-
ten dem Landwirthe, der Alles, was ihm die Natur in ſeinem Boden gegeben
hat, aufs vortheilhafteſte benutzen, und deshalb nach den Umſtaͤnden Kalkbren-
nerei, Glashuͤtte, Ziegelei, Topf- und Porzellanfabriken anlegen will, ungemein
wichtig. Insbeſondere aber kann ihn nur eine gruͤndliche Kenntniß der Erden,
nach allen ihren Qualitaͤten, ſicher leiten, wenn er ſich des großen Mittels zur
Verbeſſerung und Befruchtung des Bodens bedienen will, welches die haͤufige
Gelegenheit, verbeſſernde Erdarten aus der Tiefe des Bodens hervorzuholen und
auf dem Acker zu verbreiten, an die Hand giebt, weshalb dieſe Digreſſion in
das Gebiet der Chemie mir unerlaßlich ſcheint.

§. 7.

Die aͤlteren Chemiker, faſt bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts, nah-
men nur eine eigene elementariſche Erde an, welche die Baſis des ganzen
Erdballs ſey, die im hohen Grade unzerſtoͤrbar, in groͤßerer oder geringerer
Menge einen Beſtandtheil aller feſten Koͤrper ausmache. Man fing erſt ſpaͤter
an, die Thon- und die Kieſelerde zu unterſcheiden. Den Kalk zaͤhlte
man eigentlich nicht unter die Erden, oder hielt ihn doch fuͤr einen zuſammengeſetz-
ten Koͤrper. So wie aber die Chemie in der Unterſuchung der mineraliſchen Koͤr-
per fortſchritt, lernte man die weſentlichen Verſchiedenheiten nicht nur der einfa-
chen ſchon bekannten Erden, ſondern auch immer mehrere neue Stoffe kennen,
welche man in dieſe Klaſſe der unzerlegbaren Koͤrper ſetzte. Man wich von dem
vormaligen Begriff von Erde, daß es naͤmlich ein geſchmackloſer und im Waſſer
unaufloͤsbarer Koͤrper ſey, aber ab, verließ den Glauben an eine elementariſche
Erde, und ſah jede Erdart als eine eigene urſpruͤngliche Subſtanz an.

Vielleicht haͤtte man wohl gethan, das Wort Erde zur Bezeichnung eines be-
ſtimmten Begriffs ganz aus der Wiſſenſchaft zu verbannen, oder es nur fuͤr die im
Waſſer fuͤr ſich unaufloͤslichen und geſchmackloſen Erden beizubehalten, weil man
jetzt in der That keine genuͤgende Definition von dem geben kann, was die Chemiker
Erde nennen.


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[48/0092] Chemie der Erden. nem Geſchaͤfte vorkommenden Erſcheinungen einſehen und ſich eine befriedigende Erklaͤrung uͤber manche Erfolge, die ihm ſonſt widerſprechend ſcheinen muͤſſen, geben will. Auch iſt eine vollkommene Kenntniß der Erden und ihrer Eigenſchaf- ten dem Landwirthe, der Alles, was ihm die Natur in ſeinem Boden gegeben hat, aufs vortheilhafteſte benutzen, und deshalb nach den Umſtaͤnden Kalkbren- nerei, Glashuͤtte, Ziegelei, Topf- und Porzellanfabriken anlegen will, ungemein wichtig. Insbeſondere aber kann ihn nur eine gruͤndliche Kenntniß der Erden, nach allen ihren Qualitaͤten, ſicher leiten, wenn er ſich des großen Mittels zur Verbeſſerung und Befruchtung des Bodens bedienen will, welches die haͤufige Gelegenheit, verbeſſernde Erdarten aus der Tiefe des Bodens hervorzuholen und auf dem Acker zu verbreiten, an die Hand giebt, weshalb dieſe Digreſſion in das Gebiet der Chemie mir unerlaßlich ſcheint. §. 7. Die aͤlteren Chemiker, faſt bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts, nah- men nur eine eigene elementariſche Erde an, welche die Baſis des ganzen Erdballs ſey, die im hohen Grade unzerſtoͤrbar, in groͤßerer oder geringerer Menge einen Beſtandtheil aller feſten Koͤrper ausmache. Man fing erſt ſpaͤter an, die Thon- und die Kieſelerde zu unterſcheiden. Den Kalk zaͤhlte man eigentlich nicht unter die Erden, oder hielt ihn doch fuͤr einen zuſammengeſetz- ten Koͤrper. So wie aber die Chemie in der Unterſuchung der mineraliſchen Koͤr- per fortſchritt, lernte man die weſentlichen Verſchiedenheiten nicht nur der einfa- chen ſchon bekannten Erden, ſondern auch immer mehrere neue Stoffe kennen, welche man in dieſe Klaſſe der unzerlegbaren Koͤrper ſetzte. Man wich von dem vormaligen Begriff von Erde, daß es naͤmlich ein geſchmackloſer und im Waſſer unaufloͤsbarer Koͤrper ſey, aber ab, verließ den Glauben an eine elementariſche Erde, und ſah jede Erdart als eine eigene urſpruͤngliche Subſtanz an. Vielleicht haͤtte man wohl gethan, das Wort Erde zur Bezeichnung eines be- ſtimmten Begriffs ganz aus der Wiſſenſchaft zu verbannen, oder es nur fuͤr die im Waſſer fuͤr ſich unaufloͤslichen und geſchmackloſen Erden beizubehalten, weil man jetzt in der That keine genuͤgende Definition von dem geben kann, was die Chemiker Erde nennen. Kieſel-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/92>, abgerufen am 24.11.2024.