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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Urbarmachung unangebauter Ländereien.
§. 193.

Größere Schwierigkeiten sind zu überwinden, wenn man einen neuen Auf-2) Urbarma-
chung mit
Anlegung
einer neuen
Wirthschaft.

bruch an einem abgelegenen Orte unternimmt, und eine neue Wirthschaft errich-
ten muß. Um das Land in Dung zu setzen und zu bearbeiten, wird Vieh erfor-
dert; das Vieh verlangt Futter. Aber das Futter wächst nicht ohne Dünger und
ohne Bearbeitung des Ackers. Eins beruhet auf dem andern; der Grund muß
erst geschaffen werden, worauf alles ruhet.

Es ist daher eine Hauptregel, mit einem größeren oder kleineren Theile an-
zufangen und langsam fortzugehen, den ersten Theil durch Bearbeitung und Dün-
gung in den möglich vollkommensten Zustand zu setzen, damit er zum Aufbruch
eines zweiten Theils die nöthigen Hülfsmittel liefern könne, sich so die Basis des
Ganzen zu sichern und dann immer weiter vorwärts zu schreiten.

Sind Gespanne zur Verrichtung der ersten Arbeit von anderen benachbarten
Orten für Geld zu haben, so wird man eine höhere Bezahlung dafür doch immer
vortheilhafter, wie eigenes Gespann finden, wenn man dieses noch nicht zu allen
Jahreszeiten beschäftigen kann. Hat man eine Wirthschaft in mäßiger
Entfernung, so läßt sich vielleicht Gespann zu einer gewissen Jahreszeit
dorthin schicken.

Hornvieh im Anfange zu halten, ist selten möglich, da kein Futter dafür ge-
wonnen, und mehrentheils nur sehr theuer unter solchen Umständen angekauft wer-
den kann.

Aber Schaafen kann man fast immer die nöthige Nahrung verschaffen; denn
eine Wüstenei, welche auch nicht einmal Schaafweide gäbe, wird Niemand zu
kultiviren unternehmen. Ist noch keine Winterfutterung gewonnen, so muß man
sich mit einer Hammelschäferei begnügen. Aber bald wird man jene gewinnen
können, wenn man den aufgebrochenen Boden mit Hürden belegt, mit ergiebi-
gern Futtergewächsen, die grün von Mastschaafen abgefressen werden, mit Spör-
gel, weißen Rüben, Rübsaat, Buchweizen besäet, sie hierauf wieder hordet und
nach dieser zweiten Hordendüngung Getreide darauf bringt, darauf gleich Klee --
nach Beschaffenheit des Bodens rothen oder weißen -- säet, und damit zur Heu-
gewinnung oder Weide liegen läßt. Ist so der erste Grund gelegt, so kann man
jährlich weiter fortgehen, und wird bald dahin gelangen, auch Rindvieh halten

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
§. 193.

Groͤßere Schwierigkeiten ſind zu uͤberwinden, wenn man einen neuen Auf-2) Urbarma-
chung mit
Anlegung
einer neuen
Wirthſchaft.

bruch an einem abgelegenen Orte unternimmt, und eine neue Wirthſchaft errich-
ten muß. Um das Land in Dung zu ſetzen und zu bearbeiten, wird Vieh erfor-
dert; das Vieh verlangt Futter. Aber das Futter waͤchſt nicht ohne Duͤnger und
ohne Bearbeitung des Ackers. Eins beruhet auf dem andern; der Grund muß
erſt geſchaffen werden, worauf alles ruhet.

Es iſt daher eine Hauptregel, mit einem groͤßeren oder kleineren Theile an-
zufangen und langſam fortzugehen, den erſten Theil durch Bearbeitung und Duͤn-
gung in den moͤglich vollkommenſten Zuſtand zu ſetzen, damit er zum Aufbruch
eines zweiten Theils die noͤthigen Huͤlfsmittel liefern koͤnne, ſich ſo die Baſis des
Ganzen zu ſichern und dann immer weiter vorwaͤrts zu ſchreiten.

Sind Geſpanne zur Verrichtung der erſten Arbeit von anderen benachbarten
Orten fuͤr Geld zu haben, ſo wird man eine hoͤhere Bezahlung dafuͤr doch immer
vortheilhafter, wie eigenes Geſpann finden, wenn man dieſes noch nicht zu allen
Jahreszeiten beſchaͤftigen kann. Hat man eine Wirthſchaft in maͤßiger
Entfernung, ſo laͤßt ſich vielleicht Geſpann zu einer gewiſſen Jahreszeit
dorthin ſchicken.

Hornvieh im Anfange zu halten, iſt ſelten moͤglich, da kein Futter dafuͤr ge-
wonnen, und mehrentheils nur ſehr theuer unter ſolchen Umſtaͤnden angekauft wer-
den kann.

Aber Schaafen kann man faſt immer die noͤthige Nahrung verſchaffen; denn
eine Wuͤſtenei, welche auch nicht einmal Schaafweide gaͤbe, wird Niemand zu
kultiviren unternehmen. Iſt noch keine Winterfutterung gewonnen, ſo muß man
ſich mit einer Hammelſchaͤferei begnuͤgen. Aber bald wird man jene gewinnen
koͤnnen, wenn man den aufgebrochenen Boden mit Huͤrden belegt, mit ergiebi-
gern Futtergewaͤchſen, die gruͤn von Maſtſchaafen abgefreſſen werden, mit Spoͤr-
gel, weißen Ruͤben, Ruͤbſaat, Buchweizen beſaͤet, ſie hierauf wieder hordet und
nach dieſer zweiten Hordenduͤngung Getreide darauf bringt, darauf gleich Klee —
nach Beſchaffenheit des Bodens rothen oder weißen — ſaͤet, und damit zur Heu-
gewinnung oder Weide liegen laͤßt. Iſt ſo der erſte Grund gelegt, ſo kann man
jaͤhrlich weiter fortgehen, und wird bald dahin gelangen, auch Rindvieh halten

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[109/0131] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. §. 193. Groͤßere Schwierigkeiten ſind zu uͤberwinden, wenn man einen neuen Auf- bruch an einem abgelegenen Orte unternimmt, und eine neue Wirthſchaft errich- ten muß. Um das Land in Dung zu ſetzen und zu bearbeiten, wird Vieh erfor- dert; das Vieh verlangt Futter. Aber das Futter waͤchſt nicht ohne Duͤnger und ohne Bearbeitung des Ackers. Eins beruhet auf dem andern; der Grund muß erſt geſchaffen werden, worauf alles ruhet. 2) Urbarma- chung mit Anlegung einer neuen Wirthſchaft. Es iſt daher eine Hauptregel, mit einem groͤßeren oder kleineren Theile an- zufangen und langſam fortzugehen, den erſten Theil durch Bearbeitung und Duͤn- gung in den moͤglich vollkommenſten Zuſtand zu ſetzen, damit er zum Aufbruch eines zweiten Theils die noͤthigen Huͤlfsmittel liefern koͤnne, ſich ſo die Baſis des Ganzen zu ſichern und dann immer weiter vorwaͤrts zu ſchreiten. Sind Geſpanne zur Verrichtung der erſten Arbeit von anderen benachbarten Orten fuͤr Geld zu haben, ſo wird man eine hoͤhere Bezahlung dafuͤr doch immer vortheilhafter, wie eigenes Geſpann finden, wenn man dieſes noch nicht zu allen Jahreszeiten beſchaͤftigen kann. Hat man eine Wirthſchaft in maͤßiger Entfernung, ſo laͤßt ſich vielleicht Geſpann zu einer gewiſſen Jahreszeit dorthin ſchicken. Hornvieh im Anfange zu halten, iſt ſelten moͤglich, da kein Futter dafuͤr ge- wonnen, und mehrentheils nur ſehr theuer unter ſolchen Umſtaͤnden angekauft wer- den kann. Aber Schaafen kann man faſt immer die noͤthige Nahrung verſchaffen; denn eine Wuͤſtenei, welche auch nicht einmal Schaafweide gaͤbe, wird Niemand zu kultiviren unternehmen. Iſt noch keine Winterfutterung gewonnen, ſo muß man ſich mit einer Hammelſchaͤferei begnuͤgen. Aber bald wird man jene gewinnen koͤnnen, wenn man den aufgebrochenen Boden mit Huͤrden belegt, mit ergiebi- gern Futtergewaͤchſen, die gruͤn von Maſtſchaafen abgefreſſen werden, mit Spoͤr- gel, weißen Ruͤben, Ruͤbſaat, Buchweizen beſaͤet, ſie hierauf wieder hordet und nach dieſer zweiten Hordenduͤngung Getreide darauf bringt, darauf gleich Klee — nach Beſchaffenheit des Bodens rothen oder weißen — ſaͤet, und damit zur Heu- gewinnung oder Weide liegen laͤßt. Iſt ſo der erſte Grund gelegt, ſo kann man jaͤhrlich weiter fortgehen, und wird bald dahin gelangen, auch Rindvieh halten

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/131>, abgerufen am 23.11.2024.