Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
und Gedeihlichkeit man nämlich in Rücksicht auf die Natur des Wiesenbodens völ-
lig zufrieden ist. Man suche diesen Fleck von etwanigem Unkraute zu reinigen,
und bestimme ihn dann zur Saamenschule, versäume auch nicht, seine Kräfte
durch einige Düngung zu erhalten. Man lasse das Gras heranwachsen, bis die
früheren Gräser ihren Saamen zu reifen anfangen, mähe ihn dann, und mache
das Gras, ohne es viel zu verarbeiten, zu Heu. Einen anderen Theil lasse man
stehen, bis auch die späteren Gräser ihren Saamen reifen, und behandle diesen
eben so. Dann menge man beide Theile untereinander, und schlage das Heu auf
der Dreeschtenne ab, und besäe dann mit der Spreu die neue Wiese. Diese Me-
thode scheint mir nicht nur die sicherste, sondern auch die mindest kostspielige zu seyn,
um zu guten Wiesensaamen zu gelangen, da das abgedroschene Heu seiner höhe-
ren Reife wegen zwar nicht so gut wie das jüngere, aber doch immer brauchbar
bleibt. Wenn der Wiesenboden rothen Klee trägt, so wird es mehrentheils rath-
sam seyn, Saamen von diesem darunter zu mengen, weil er im nächsten Jahre,
wo sich die Gräser selten bestaudet haben, Ertrag giebt, und man muß es sich dann
nur zur Regel machen, den die übrigen Wiesenpflanzen anfangs überwachsenden
Klee beim ersten Aufbruch der Blüthe zu mähen, und ihn nie zu hoch werden
zu lassen. Dann wird er die übrigen Wiesenpflanzen zwar anfangs zurückhalten,
aber nicht so unterdrücken, daß sie nicht nach seinem Verschwinden hervorkommen
und seinen Platz einnehmen sollten.

§. 324.

Einige aufmerksame Beobachter wollen auf den Wiesen sogar einen natürli-Natürlicher
Wechsel der
Wiesenpflan-
zen.

chen Wechsel der Wiesenpflanzen bemerkt haben. Sie haben nämlich nach einer
Reihe von Jahren in dem Rasen die Pflanzen nicht mehr angetroffen, welche vor-
her seinen Hauptbestand ausmachten, sondern andere an deren Stelle, und wie-
derum sind nach einer neuen Reihe von Jahren die alten Pflanzen in überwiegen-
der Menge auf's Neue erschienen. Es kann dies freilich durch mancherlei unbe-
merkte Zufälligkeiten bewirkt seyn; indessen verdient die Sache allerdings eine
fernere Aufmerksamkeit.

§. 325.

Da die Güte des Heues mit der Menge desselben auf einer gleichen FlächeSchätzung und
Klassifikation
der Wiesen
nach ihrem
Heuertrage.

mehrentheils übereinstimmet, wenn nur nicht offenbar schlechte und nachthei-

G g 2

Der Wieſenbau.
und Gedeihlichkeit man naͤmlich in Ruͤckſicht auf die Natur des Wieſenbodens voͤl-
lig zufrieden iſt. Man ſuche dieſen Fleck von etwanigem Unkraute zu reinigen,
und beſtimme ihn dann zur Saamenſchule, verſaͤume auch nicht, ſeine Kraͤfte
durch einige Duͤngung zu erhalten. Man laſſe das Gras heranwachſen, bis die
fruͤheren Graͤſer ihren Saamen zu reifen anfangen, maͤhe ihn dann, und mache
das Gras, ohne es viel zu verarbeiten, zu Heu. Einen anderen Theil laſſe man
ſtehen, bis auch die ſpaͤteren Graͤſer ihren Saamen reifen, und behandle dieſen
eben ſo. Dann menge man beide Theile untereinander, und ſchlage das Heu auf
der Dreeſchtenne ab, und beſaͤe dann mit der Spreu die neue Wieſe. Dieſe Me-
thode ſcheint mir nicht nur die ſicherſte, ſondern auch die mindeſt koſtſpielige zu ſeyn,
um zu guten Wieſenſaamen zu gelangen, da das abgedroſchene Heu ſeiner hoͤhe-
ren Reife wegen zwar nicht ſo gut wie das juͤngere, aber doch immer brauchbar
bleibt. Wenn der Wieſenboden rothen Klee traͤgt, ſo wird es mehrentheils rath-
ſam ſeyn, Saamen von dieſem darunter zu mengen, weil er im naͤchſten Jahre,
wo ſich die Graͤſer ſelten beſtaudet haben, Ertrag giebt, und man muß es ſich dann
nur zur Regel machen, den die uͤbrigen Wieſenpflanzen anfangs uͤberwachſenden
Klee beim erſten Aufbruch der Bluͤthe zu maͤhen, und ihn nie zu hoch werden
zu laſſen. Dann wird er die uͤbrigen Wieſenpflanzen zwar anfangs zuruͤckhalten,
aber nicht ſo unterdruͤcken, daß ſie nicht nach ſeinem Verſchwinden hervorkommen
und ſeinen Platz einnehmen ſollten.

§. 324.

Einige aufmerkſame Beobachter wollen auf den Wieſen ſogar einen natuͤrli-Natuͤrlicher
Wechſel der
Wieſenpflan-
zen.

chen Wechſel der Wieſenpflanzen bemerkt haben. Sie haben naͤmlich nach einer
Reihe von Jahren in dem Raſen die Pflanzen nicht mehr angetroffen, welche vor-
her ſeinen Hauptbeſtand ausmachten, ſondern andere an deren Stelle, und wie-
derum ſind nach einer neuen Reihe von Jahren die alten Pflanzen in uͤberwiegen-
der Menge auf’s Neue erſchienen. Es kann dies freilich durch mancherlei unbe-
merkte Zufaͤlligkeiten bewirkt ſeyn; indeſſen verdient die Sache allerdings eine
fernere Aufmerkſamkeit.

§. 325.

Da die Guͤte des Heues mit der Menge deſſelben auf einer gleichen FlaͤcheSchaͤtzung und
Klaſſifikation
der Wieſen
nach ihrem
Heuertrage.

mehrentheils uͤbereinſtimmet, wenn nur nicht offenbar ſchlechte und nachthei-

G g 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0257" n="235"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
und Gedeihlichkeit man na&#x0364;mlich in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die Natur des Wie&#x017F;enbodens vo&#x0364;l-<lb/>
lig zufrieden i&#x017F;t. Man &#x017F;uche die&#x017F;en Fleck von etwanigem Unkraute zu reinigen,<lb/>
und be&#x017F;timme ihn dann zur Saamen&#x017F;chule, ver&#x017F;a&#x0364;ume auch nicht, &#x017F;eine Kra&#x0364;fte<lb/>
durch einige Du&#x0364;ngung zu erhalten. Man la&#x017F;&#x017F;e das Gras heranwach&#x017F;en, bis die<lb/>
fru&#x0364;heren Gra&#x0364;&#x017F;er ihren Saamen zu reifen anfangen, ma&#x0364;he ihn dann, und mache<lb/>
das Gras, ohne es viel zu verarbeiten, zu Heu. Einen anderen Theil la&#x017F;&#x017F;e man<lb/>
&#x017F;tehen, bis auch die &#x017F;pa&#x0364;teren Gra&#x0364;&#x017F;er ihren Saamen reifen, und behandle die&#x017F;en<lb/>
eben &#x017F;o. Dann menge man beide Theile untereinander, und &#x017F;chlage das Heu auf<lb/>
der Dree&#x017F;chtenne ab, und be&#x017F;a&#x0364;e dann mit der Spreu die neue Wie&#x017F;e. Die&#x017F;e Me-<lb/>
thode &#x017F;cheint mir nicht nur die &#x017F;icher&#x017F;te, &#x017F;ondern auch die minde&#x017F;t ko&#x017F;t&#x017F;pielige zu &#x017F;eyn,<lb/>
um zu guten Wie&#x017F;en&#x017F;aamen zu gelangen, da das abgedro&#x017F;chene Heu &#x017F;einer ho&#x0364;he-<lb/>
ren Reife wegen zwar nicht &#x017F;o gut wie das ju&#x0364;ngere, aber doch immer brauchbar<lb/>
bleibt. Wenn der Wie&#x017F;enboden rothen Klee tra&#x0364;gt, &#x017F;o wird es mehrentheils rath-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;eyn, Saamen von die&#x017F;em darunter zu mengen, weil er im na&#x0364;ch&#x017F;ten Jahre,<lb/>
wo &#x017F;ich die Gra&#x0364;&#x017F;er &#x017F;elten be&#x017F;taudet haben, Ertrag giebt, und man muß es &#x017F;ich dann<lb/>
nur zur Regel machen, den die u&#x0364;brigen Wie&#x017F;enpflanzen anfangs u&#x0364;berwach&#x017F;enden<lb/>
Klee beim er&#x017F;ten Aufbruch der Blu&#x0364;the zu ma&#x0364;hen, und ihn nie zu hoch werden<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en. Dann wird er die u&#x0364;brigen Wie&#x017F;enpflanzen zwar anfangs zuru&#x0364;ckhalten,<lb/>
aber nicht &#x017F;o unterdru&#x0364;cken, daß &#x017F;ie nicht nach &#x017F;einem Ver&#x017F;chwinden hervorkommen<lb/>
und &#x017F;einen Platz einnehmen &#x017F;ollten.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 324.</head><lb/>
              <p>Einige aufmerk&#x017F;ame Beobachter wollen auf den Wie&#x017F;en &#x017F;ogar einen natu&#x0364;rli-<note place="right">Natu&#x0364;rlicher<lb/>
Wech&#x017F;el der<lb/>
Wie&#x017F;enpflan-<lb/>
zen.</note><lb/>
chen Wech&#x017F;el der Wie&#x017F;enpflanzen bemerkt haben. Sie haben na&#x0364;mlich nach einer<lb/>
Reihe von Jahren in dem Ra&#x017F;en die Pflanzen nicht mehr angetroffen, welche vor-<lb/>
her &#x017F;einen Hauptbe&#x017F;tand ausmachten, &#x017F;ondern andere an deren Stelle, und wie-<lb/>
derum &#x017F;ind nach einer neuen Reihe von Jahren die alten Pflanzen in u&#x0364;berwiegen-<lb/>
der Menge auf&#x2019;s Neue er&#x017F;chienen. Es kann dies freilich durch mancherlei unbe-<lb/>
merkte Zufa&#x0364;lligkeiten bewirkt &#x017F;eyn; inde&#x017F;&#x017F;en verdient die Sache allerdings eine<lb/>
fernere Aufmerk&#x017F;amkeit.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 325.</head><lb/>
              <p>Da die Gu&#x0364;te des Heues mit der Menge de&#x017F;&#x017F;elben auf einer gleichen Fla&#x0364;che<note place="right">Scha&#x0364;tzung und<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;ifikation<lb/>
der Wie&#x017F;en<lb/>
nach ihrem<lb/>
Heuertrage.</note><lb/><hi rendition="#g">mehrentheils</hi> u&#x0364;berein&#x017F;timmet, wenn nur nicht offenbar &#x017F;chlechte und nachthei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0257] Der Wieſenbau. und Gedeihlichkeit man naͤmlich in Ruͤckſicht auf die Natur des Wieſenbodens voͤl- lig zufrieden iſt. Man ſuche dieſen Fleck von etwanigem Unkraute zu reinigen, und beſtimme ihn dann zur Saamenſchule, verſaͤume auch nicht, ſeine Kraͤfte durch einige Duͤngung zu erhalten. Man laſſe das Gras heranwachſen, bis die fruͤheren Graͤſer ihren Saamen zu reifen anfangen, maͤhe ihn dann, und mache das Gras, ohne es viel zu verarbeiten, zu Heu. Einen anderen Theil laſſe man ſtehen, bis auch die ſpaͤteren Graͤſer ihren Saamen reifen, und behandle dieſen eben ſo. Dann menge man beide Theile untereinander, und ſchlage das Heu auf der Dreeſchtenne ab, und beſaͤe dann mit der Spreu die neue Wieſe. Dieſe Me- thode ſcheint mir nicht nur die ſicherſte, ſondern auch die mindeſt koſtſpielige zu ſeyn, um zu guten Wieſenſaamen zu gelangen, da das abgedroſchene Heu ſeiner hoͤhe- ren Reife wegen zwar nicht ſo gut wie das juͤngere, aber doch immer brauchbar bleibt. Wenn der Wieſenboden rothen Klee traͤgt, ſo wird es mehrentheils rath- ſam ſeyn, Saamen von dieſem darunter zu mengen, weil er im naͤchſten Jahre, wo ſich die Graͤſer ſelten beſtaudet haben, Ertrag giebt, und man muß es ſich dann nur zur Regel machen, den die uͤbrigen Wieſenpflanzen anfangs uͤberwachſenden Klee beim erſten Aufbruch der Bluͤthe zu maͤhen, und ihn nie zu hoch werden zu laſſen. Dann wird er die uͤbrigen Wieſenpflanzen zwar anfangs zuruͤckhalten, aber nicht ſo unterdruͤcken, daß ſie nicht nach ſeinem Verſchwinden hervorkommen und ſeinen Platz einnehmen ſollten. §. 324. Einige aufmerkſame Beobachter wollen auf den Wieſen ſogar einen natuͤrli- chen Wechſel der Wieſenpflanzen bemerkt haben. Sie haben naͤmlich nach einer Reihe von Jahren in dem Raſen die Pflanzen nicht mehr angetroffen, welche vor- her ſeinen Hauptbeſtand ausmachten, ſondern andere an deren Stelle, und wie- derum ſind nach einer neuen Reihe von Jahren die alten Pflanzen in uͤberwiegen- der Menge auf’s Neue erſchienen. Es kann dies freilich durch mancherlei unbe- merkte Zufaͤlligkeiten bewirkt ſeyn; indeſſen verdient die Sache allerdings eine fernere Aufmerkſamkeit. Natuͤrlicher Wechſel der Wieſenpflan- zen. §. 325. Da die Guͤte des Heues mit der Menge deſſelben auf einer gleichen Flaͤche mehrentheils uͤbereinſtimmet, wenn nur nicht offenbar ſchlechte und nachthei- Schaͤtzung und Klaſſifikation der Wieſen nach ihrem Heuertrage. G g 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/257
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/257>, abgerufen am 22.11.2024.