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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.

Sechste Klasse. Wiesen, die weniger als 800 Pfund Heu geben, oder
deren Heu, wenn es auch mehr betrüge, sauer ist, größtentheils aus Binsen und
Seggen oder andern schlechten Gräsern und Kräutern besteht. Hierher gehören
folglich die dürren sowohl als die moorigen sumpfigen und sauerbeizigen Wiesen.

Ich setze bei diesem Heuertrage voraus, daß die Wiesen zwar durch Aus-
streuung der Maulwurfshaufen, Aufräumung der Gräben, und die Wässerungs-
wiesen durch gehörige Moderation des Wassers in Kultur erhalten werden, jedoch
keiner Düngung bedürfen; wodurch sonst schlechtere Wiesen zum Ertrag der besse-
ren gehoben werden können.

§. 326.

Es ist häufig die Frage aufgeworfen worden: in welchem Verhältnisse derVerhältniß
des Werths
der Wiesen
zum Werthe
des Acker-
landes.

Werth der Wiesen gegen den Werth des Ackerlandes stehn? Manche haben jenen
überaus hoch angenommen, weil das Ackerland nur mit Hülfe der Wiesen in sei-
ner Fruchtbarkeit erhalten werden könne. Andere haben sie zu tief herabgewür-
digt, weil man durch gehörigen Futterbau weit mehr Futterung auf dem Acker erzielen
könne, wie irgend Wiesen geben.

Der Werth der Wiesen ergiebt sich, wie der Werth des Ackerlandes, aus dem
Werthe des Ertrages nach Abzug der Kosten. Der Werth des Heues ist aber
noch schwerer zu bestimmen, wie der des Getreides, da es in der Regel weniger
Handelswaare ist.

Wo es eine solche ist, muß man den Marktpreis des Heues von seinem Kon-
sumtionswerthe in der Wirthschaft unterscheiden. Jener hängt von Lokalitäten
ab, und ist höher in der Nachbarschaft großer Städte, oder wo es durch eine be-
queme Schifffahrt dahin geführt werden kann. Er kann nur für jede einzelne Ge-
gend im Durchschnitt ausgemittelt werden.

Aber auch selbst der wirthschaftliche Werth des Heues ist schwankend, und
steigt in der Regel mit dem Bedarf desselben zur Durchwinterung des Viehes und
zur Düngererzeugung. Wo nicht nur viel Stroh gewonnen wird, sondern auch
der Acker den Anbau des Klees, der Luzerne und der Futtergewächse begünstigt,
da wird das Wiesenheu entbehrlicher; und wo man mit gleicher Sicherheit nur so
viel mehr Futter von einem Morgen Ackerland gewinnen kann, daß auch die Ko-
sten seines Anbaues bezahlt werden, wie von einem Morgen Wiese, da wird

Der Wieſenbau.

Sechſte Klaſſe. Wieſen, die weniger als 800 Pfund Heu geben, oder
deren Heu, wenn es auch mehr betruͤge, ſauer iſt, groͤßtentheils aus Binſen und
Seggen oder andern ſchlechten Graͤſern und Kraͤutern beſteht. Hierher gehoͤren
folglich die duͤrren ſowohl als die moorigen ſumpfigen und ſauerbeizigen Wieſen.

Ich ſetze bei dieſem Heuertrage voraus, daß die Wieſen zwar durch Aus-
ſtreuung der Maulwurfshaufen, Aufraͤumung der Graͤben, und die Waͤſſerungs-
wieſen durch gehoͤrige Moderation des Waſſers in Kultur erhalten werden, jedoch
keiner Duͤngung beduͤrfen; wodurch ſonſt ſchlechtere Wieſen zum Ertrag der beſſe-
ren gehoben werden koͤnnen.

§. 326.

Es iſt haͤufig die Frage aufgeworfen worden: in welchem Verhaͤltniſſe derVerhaͤltniß
des Werths
der Wieſen
zum Werthe
des Acker-
landes.

Werth der Wieſen gegen den Werth des Ackerlandes ſtehn? Manche haben jenen
uͤberaus hoch angenommen, weil das Ackerland nur mit Huͤlfe der Wieſen in ſei-
ner Fruchtbarkeit erhalten werden koͤnne. Andere haben ſie zu tief herabgewuͤr-
digt, weil man durch gehoͤrigen Futterbau weit mehr Futterung auf dem Acker erzielen
koͤnne, wie irgend Wieſen geben.

Der Werth der Wieſen ergiebt ſich, wie der Werth des Ackerlandes, aus dem
Werthe des Ertrages nach Abzug der Koſten. Der Werth des Heues iſt aber
noch ſchwerer zu beſtimmen, wie der des Getreides, da es in der Regel weniger
Handelswaare iſt.

Wo es eine ſolche iſt, muß man den Marktpreis des Heues von ſeinem Kon-
ſumtionswerthe in der Wirthſchaft unterſcheiden. Jener haͤngt von Lokalitaͤten
ab, und iſt hoͤher in der Nachbarſchaft großer Staͤdte, oder wo es durch eine be-
queme Schifffahrt dahin gefuͤhrt werden kann. Er kann nur fuͤr jede einzelne Ge-
gend im Durchſchnitt ausgemittelt werden.

Aber auch ſelbſt der wirthſchaftliche Werth des Heues iſt ſchwankend, und
ſteigt in der Regel mit dem Bedarf deſſelben zur Durchwinterung des Viehes und
zur Duͤngererzeugung. Wo nicht nur viel Stroh gewonnen wird, ſondern auch
der Acker den Anbau des Klees, der Luzerne und der Futtergewaͤchſe beguͤnſtigt,
da wird das Wieſenheu entbehrlicher; und wo man mit gleicher Sicherheit nur ſo
viel mehr Futter von einem Morgen Ackerland gewinnen kann, daß auch die Ko-
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[237/0259] Der Wieſenbau. Sechſte Klaſſe. Wieſen, die weniger als 800 Pfund Heu geben, oder deren Heu, wenn es auch mehr betruͤge, ſauer iſt, groͤßtentheils aus Binſen und Seggen oder andern ſchlechten Graͤſern und Kraͤutern beſteht. Hierher gehoͤren folglich die duͤrren ſowohl als die moorigen ſumpfigen und ſauerbeizigen Wieſen. Ich ſetze bei dieſem Heuertrage voraus, daß die Wieſen zwar durch Aus- ſtreuung der Maulwurfshaufen, Aufraͤumung der Graͤben, und die Waͤſſerungs- wieſen durch gehoͤrige Moderation des Waſſers in Kultur erhalten werden, jedoch keiner Duͤngung beduͤrfen; wodurch ſonſt ſchlechtere Wieſen zum Ertrag der beſſe- ren gehoben werden koͤnnen. §. 326. Es iſt haͤufig die Frage aufgeworfen worden: in welchem Verhaͤltniſſe der Werth der Wieſen gegen den Werth des Ackerlandes ſtehn? Manche haben jenen uͤberaus hoch angenommen, weil das Ackerland nur mit Huͤlfe der Wieſen in ſei- ner Fruchtbarkeit erhalten werden koͤnne. Andere haben ſie zu tief herabgewuͤr- digt, weil man durch gehoͤrigen Futterbau weit mehr Futterung auf dem Acker erzielen koͤnne, wie irgend Wieſen geben. Verhaͤltniß des Werths der Wieſen zum Werthe des Acker- landes. Der Werth der Wieſen ergiebt ſich, wie der Werth des Ackerlandes, aus dem Werthe des Ertrages nach Abzug der Koſten. Der Werth des Heues iſt aber noch ſchwerer zu beſtimmen, wie der des Getreides, da es in der Regel weniger Handelswaare iſt. Wo es eine ſolche iſt, muß man den Marktpreis des Heues von ſeinem Kon- ſumtionswerthe in der Wirthſchaft unterſcheiden. Jener haͤngt von Lokalitaͤten ab, und iſt hoͤher in der Nachbarſchaft großer Staͤdte, oder wo es durch eine be- queme Schifffahrt dahin gefuͤhrt werden kann. Er kann nur fuͤr jede einzelne Ge- gend im Durchſchnitt ausgemittelt werden. Aber auch ſelbſt der wirthſchaftliche Werth des Heues iſt ſchwankend, und ſteigt in der Regel mit dem Bedarf deſſelben zur Durchwinterung des Viehes und zur Duͤngererzeugung. Wo nicht nur viel Stroh gewonnen wird, ſondern auch der Acker den Anbau des Klees, der Luzerne und der Futtergewaͤchſe beguͤnſtigt, da wird das Wieſenheu entbehrlicher; und wo man mit gleicher Sicherheit nur ſo viel mehr Futter von einem Morgen Ackerland gewinnen kann, daß auch die Ko- ſten ſeines Anbaues bezahlt werden, wie von einem Morgen Wieſe, da wird

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/259>, abgerufen am 22.11.2024.