Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
Boden der Wiese weich bleibt, so kann auch im Winter eine Fäulniß entstehen, die
insbesondere den besseren Wiesenpflanzen nachtheilig ist. Es ist deshalb bei hochbe-
stauten Wiesen die Ablassung des Wassers bei eintretendem Winter sicherer.

Im Frühjahre giebt man dann, sobald es der aufgegangene Frost erlaubt, die
Schleusen nach Willkühr zu öffnen und zu schließen, eine starke Ueberstauung, um
das gewöhnlich mit fruchtbaren Theilen geschwängerte Dauwasser zu benutzen. Diese
erste Bestauung kann man nach Verhältniß der Witterung 8, 12 bis 14 Tage an-
halten lassen; doch muß man, noch genauer wie im Herbst, auf die Spuren einer
eintretenden Fäulniß achten, und die Wiese völlig trocken legen. Wenn sie völlig
abgetrocknet ist, so giebt man die zweite Ueberstauung, die etwa 4 Tage, nach aber-
maliger Trockenlegung die dritte, welche nur 2 Tage, und dann die letzte, welche
nur einen Tag anhalten darf. Sobald das Gras aufzuschießen aufängt, muß man
mit den Inundationen aufhören. Jedoch kann man nach Abbringung der ersten Heu-
ernte, besonders bei trockener Witterung, eine abermalige Ueberstauung geben, die
jedoch nicht über zwei Tage dauern darf. Man muß überhaupt bei diesen Inundatio-
nen auf den Boden und die Witterung Rücksicht nehmen. Je durchlassender jener
ist, um so anhaltender und häufiger kann man sie geben, je undurchlassender, um
desto kürzer und seltener müssen sie seyn. Bei trockener Witterung giebt man sie häu-
figer, bei nasser seltener; bei kalter kann man sie länger dauern lassen, bei warmer
muß man mit der Ablassung des Wassers eilen.

Auch bei den natürlichen Ueberstauungen, die man nicht in seiner Gewalt hat,
muß man vor dem Eintritt derselben die Entwässerungsgräben, sowohl die, welche
das Wasser von der ganzen Wiese, als welche es von einzelnen niedrigen Stellen ab-
führen, in gehörigen Stand setzen, damit das Wasser nicht zu lange darauf staue.

Es ist eine allgemeine Regel sowohl bei Inundationen als Berieselungen, daß
man das Wasser nicht in der wärmern Tageszeit, sondern des Abends oder des Mor-
gens früh überlasse, indem jenes, wenigstens bei wärmerer Witterung, sehr leicht
nachtheilig werden kann.

Nach einem späten Reif oder sehr kalter auf warme Tage im Frühjahre folgen-
der Witterung, ist eine Bewässerung besonders zuträglich, und macht die schädliche
Wirkung wieder gut, welche die Kälte auf das Gras zu haben pflegt.


Der Wieſenbau.
Boden der Wieſe weich bleibt, ſo kann auch im Winter eine Faͤulniß entſtehen, die
insbeſondere den beſſeren Wieſenpflanzen nachtheilig iſt. Es iſt deshalb bei hochbe-
ſtauten Wieſen die Ablaſſung des Waſſers bei eintretendem Winter ſicherer.

Im Fruͤhjahre giebt man dann, ſobald es der aufgegangene Froſt erlaubt, die
Schleuſen nach Willkuͤhr zu oͤffnen und zu ſchließen, eine ſtarke Ueberſtauung, um
das gewoͤhnlich mit fruchtbaren Theilen geſchwaͤngerte Dauwaſſer zu benutzen. Dieſe
erſte Beſtauung kann man nach Verhaͤltniß der Witterung 8, 12 bis 14 Tage an-
halten laſſen; doch muß man, noch genauer wie im Herbſt, auf die Spuren einer
eintretenden Faͤulniß achten, und die Wieſe voͤllig trocken legen. Wenn ſie voͤllig
abgetrocknet iſt, ſo giebt man die zweite Ueberſtauung, die etwa 4 Tage, nach aber-
maliger Trockenlegung die dritte, welche nur 2 Tage, und dann die letzte, welche
nur einen Tag anhalten darf. Sobald das Gras aufzuſchießen aufaͤngt, muß man
mit den Inundationen aufhoͤren. Jedoch kann man nach Abbringung der erſten Heu-
ernte, beſonders bei trockener Witterung, eine abermalige Ueberſtauung geben, die
jedoch nicht uͤber zwei Tage dauern darf. Man muß uͤberhaupt bei dieſen Inundatio-
nen auf den Boden und die Witterung Ruͤckſicht nehmen. Je durchlaſſender jener
iſt, um ſo anhaltender und haͤufiger kann man ſie geben, je undurchlaſſender, um
deſto kuͤrzer und ſeltener muͤſſen ſie ſeyn. Bei trockener Witterung giebt man ſie haͤu-
figer, bei naſſer ſeltener; bei kalter kann man ſie laͤnger dauern laſſen, bei warmer
muß man mit der Ablaſſung des Waſſers eilen.

Auch bei den natuͤrlichen Uéberſtauungen, die man nicht in ſeiner Gewalt hat,
muß man vor dem Eintritt derſelben die Entwaͤſſerungsgraͤben, ſowohl die, welche
das Waſſer von der ganzen Wieſe, als welche es von einzelnen niedrigen Stellen ab-
fuͤhren, in gehoͤrigen Stand ſetzen, damit das Waſſer nicht zu lange darauf ſtaue.

Es iſt eine allgemeine Regel ſowohl bei Inundationen als Berieſelungen, daß
man das Waſſer nicht in der waͤrmern Tageszeit, ſondern des Abends oder des Mor-
gens fruͤh uͤberlaſſe, indem jenes, wenigſtens bei waͤrmerer Witterung, ſehr leicht
nachtheilig werden kann.

Nach einem ſpaͤten Reif oder ſehr kalter auf warme Tage im Fruͤhjahre folgen-
der Witterung, iſt eine Bewaͤſſerung beſonders zutraͤglich, und macht die ſchaͤdliche
Wirkung wieder gut, welche die Kaͤlte auf das Gras zu haben pflegt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0274" n="252"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
Boden der Wie&#x017F;e weich bleibt, &#x017F;o kann auch im Winter eine Fa&#x0364;ulniß ent&#x017F;tehen, die<lb/>
insbe&#x017F;ondere den be&#x017F;&#x017F;eren Wie&#x017F;enpflanzen nachtheilig i&#x017F;t. Es i&#x017F;t deshalb bei hochbe-<lb/>
&#x017F;tauten Wie&#x017F;en die Abla&#x017F;&#x017F;ung des Wa&#x017F;&#x017F;ers bei eintretendem Winter &#x017F;icherer.</p><lb/>
              <p>Im Fru&#x0364;hjahre giebt man dann, &#x017F;obald es der aufgegangene Fro&#x017F;t erlaubt, die<lb/>
Schleu&#x017F;en nach Willku&#x0364;hr zu o&#x0364;ffnen und zu &#x017F;chließen, eine &#x017F;tarke Ueber&#x017F;tauung, um<lb/>
das gewo&#x0364;hnlich mit fruchtbaren Theilen ge&#x017F;chwa&#x0364;ngerte Dauwa&#x017F;&#x017F;er zu benutzen. Die&#x017F;e<lb/>
er&#x017F;te Be&#x017F;tauung kann man nach Verha&#x0364;ltniß der Witterung 8, 12 bis 14 Tage an-<lb/>
halten la&#x017F;&#x017F;en; doch muß man, noch genauer wie im Herb&#x017F;t, auf die Spuren einer<lb/>
eintretenden Fa&#x0364;ulniß achten, und die Wie&#x017F;e vo&#x0364;llig trocken legen. Wenn &#x017F;ie vo&#x0364;llig<lb/>
abgetrocknet i&#x017F;t, &#x017F;o giebt man die zweite Ueber&#x017F;tauung, die etwa 4 Tage, nach aber-<lb/>
maliger Trockenlegung die dritte, welche nur 2 Tage, und dann die letzte, welche<lb/>
nur einen Tag anhalten darf. Sobald das Gras aufzu&#x017F;chießen aufa&#x0364;ngt, muß man<lb/>
mit den Inundationen aufho&#x0364;ren. Jedoch kann man nach Abbringung der er&#x017F;ten Heu-<lb/>
ernte, be&#x017F;onders bei trockener Witterung, eine abermalige Ueber&#x017F;tauung geben, die<lb/>
jedoch nicht u&#x0364;ber zwei Tage dauern darf. Man muß u&#x0364;berhaupt bei die&#x017F;en Inundatio-<lb/>
nen auf den Boden und die Witterung Ru&#x0364;ck&#x017F;icht nehmen. Je durchla&#x017F;&#x017F;ender jener<lb/>
i&#x017F;t, um &#x017F;o anhaltender und ha&#x0364;ufiger kann man &#x017F;ie geben, je undurchla&#x017F;&#x017F;ender, um<lb/>
de&#x017F;to ku&#x0364;rzer und &#x017F;eltener mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;eyn. Bei trockener Witterung giebt man &#x017F;ie ha&#x0364;u-<lb/>
figer, bei na&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eltener; bei kalter kann man &#x017F;ie la&#x0364;nger dauern la&#x017F;&#x017F;en, bei warmer<lb/>
muß man mit der Abla&#x017F;&#x017F;ung des Wa&#x017F;&#x017F;ers eilen.</p><lb/>
              <p>Auch bei den natu&#x0364;rlichen Uéber&#x017F;tauungen, die man nicht in &#x017F;einer Gewalt hat,<lb/>
muß man vor dem Eintritt der&#x017F;elben die Entwa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungsgra&#x0364;ben, &#x017F;owohl die, welche<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er von der ganzen Wie&#x017F;e, als welche es von einzelnen niedrigen Stellen ab-<lb/>
fu&#x0364;hren, in geho&#x0364;rigen Stand &#x017F;etzen, damit das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht zu lange darauf &#x017F;taue.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t eine allgemeine Regel &#x017F;owohl bei Inundationen als Berie&#x017F;elungen, daß<lb/>
man das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht in der wa&#x0364;rmern Tageszeit, &#x017F;ondern des Abends oder des Mor-<lb/>
gens fru&#x0364;h u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e, indem jenes, wenig&#x017F;tens bei wa&#x0364;rmerer Witterung, &#x017F;ehr leicht<lb/>
nachtheilig werden kann.</p><lb/>
              <p>Nach einem &#x017F;pa&#x0364;ten Reif oder &#x017F;ehr kalter auf warme Tage im Fru&#x0364;hjahre folgen-<lb/>
der Witterung, i&#x017F;t eine Bewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung be&#x017F;onders zutra&#x0364;glich, und macht die &#x017F;cha&#x0364;dliche<lb/>
Wirkung wieder gut, welche die Ka&#x0364;lte auf das Gras zu haben pflegt.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0274] Der Wieſenbau. Boden der Wieſe weich bleibt, ſo kann auch im Winter eine Faͤulniß entſtehen, die insbeſondere den beſſeren Wieſenpflanzen nachtheilig iſt. Es iſt deshalb bei hochbe- ſtauten Wieſen die Ablaſſung des Waſſers bei eintretendem Winter ſicherer. Im Fruͤhjahre giebt man dann, ſobald es der aufgegangene Froſt erlaubt, die Schleuſen nach Willkuͤhr zu oͤffnen und zu ſchließen, eine ſtarke Ueberſtauung, um das gewoͤhnlich mit fruchtbaren Theilen geſchwaͤngerte Dauwaſſer zu benutzen. Dieſe erſte Beſtauung kann man nach Verhaͤltniß der Witterung 8, 12 bis 14 Tage an- halten laſſen; doch muß man, noch genauer wie im Herbſt, auf die Spuren einer eintretenden Faͤulniß achten, und die Wieſe voͤllig trocken legen. Wenn ſie voͤllig abgetrocknet iſt, ſo giebt man die zweite Ueberſtauung, die etwa 4 Tage, nach aber- maliger Trockenlegung die dritte, welche nur 2 Tage, und dann die letzte, welche nur einen Tag anhalten darf. Sobald das Gras aufzuſchießen aufaͤngt, muß man mit den Inundationen aufhoͤren. Jedoch kann man nach Abbringung der erſten Heu- ernte, beſonders bei trockener Witterung, eine abermalige Ueberſtauung geben, die jedoch nicht uͤber zwei Tage dauern darf. Man muß uͤberhaupt bei dieſen Inundatio- nen auf den Boden und die Witterung Ruͤckſicht nehmen. Je durchlaſſender jener iſt, um ſo anhaltender und haͤufiger kann man ſie geben, je undurchlaſſender, um deſto kuͤrzer und ſeltener muͤſſen ſie ſeyn. Bei trockener Witterung giebt man ſie haͤu- figer, bei naſſer ſeltener; bei kalter kann man ſie laͤnger dauern laſſen, bei warmer muß man mit der Ablaſſung des Waſſers eilen. Auch bei den natuͤrlichen Uéberſtauungen, die man nicht in ſeiner Gewalt hat, muß man vor dem Eintritt derſelben die Entwaͤſſerungsgraͤben, ſowohl die, welche das Waſſer von der ganzen Wieſe, als welche es von einzelnen niedrigen Stellen ab- fuͤhren, in gehoͤrigen Stand ſetzen, damit das Waſſer nicht zu lange darauf ſtaue. Es iſt eine allgemeine Regel ſowohl bei Inundationen als Berieſelungen, daß man das Waſſer nicht in der waͤrmern Tageszeit, ſondern des Abends oder des Mor- gens fruͤh uͤberlaſſe, indem jenes, wenigſtens bei waͤrmerer Witterung, ſehr leicht nachtheilig werden kann. Nach einem ſpaͤten Reif oder ſehr kalter auf warme Tage im Fruͤhjahre folgen- der Witterung, iſt eine Bewaͤſſerung beſonders zutraͤglich, und macht die ſchaͤdliche Wirkung wieder gut, welche die Kaͤlte auf das Gras zu haben pflegt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/274
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/274>, abgerufen am 22.11.2024.