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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
§. 343.

Bei der Ueberrieselung ist folgendes zu beobachten:Anwendung
der Ueberrie-
selung.

Wenn die Wiese im Herbste beweidet worden und das Vieh nun auf den Stall
genommen wird, so eilt man die Gräben und Grippen, die vom Vieh eingetreten
waren, in Ordnung zu bringen, um eine gleichmäßige Bewässerung aller Theile zu
bewirken. Das Wasser muß in den Grippen durch eingelegte Rasen, zuweilen durch
eine kleine Beuferung derselben, mit Rasenstreifen hier und da mehr aufgehalten oder
nach anderen Stellen hingezwänget werden, zu welchem Ende man das Wasser nur
zur Probe einmal anläßt, um dessen Lauf zu beachten. Denn das Eintreten des
Viehes hat immer Einiges in Unordnung gebracht.

Dann läßt man die Wiese anhaltend und stark berieseln, damit sich der Erdbo-
den vollsauge, festsetze und verdichte. Nach acht oder vierzehn Tagen legt man sie
aber wieder trocken, damit sie nicht schlammig werde, und läßt darauf das Wasser
abermals über. Man kann zwar im Herbste nicht leicht zu viel thun, indessen ist
doch ein wechselndes Trockenlegen immer rathsam, wenn man auch, was bei großen
Anlagen selten der Fall ist, des Wassers genug hätte, um alle und jede Theile be-
ständig mit Wasser zu versehen. Hat man dieses nicht, so ist man ohnehin gezwun-
gen, es nach der Ordnung dem einen und dem andern Theile zu geben und
zu nehmen.

Wenn der Frost eine berieselte Wiese überfällt, so ist es keinesweges nachthei-
lig, daß sie mit Eis bedeckt werde; das immer laufende Wasser friert aber
so leicht nicht.

Beim Aufgange des Eises muß man die Schleusen schnell beweglich zu machen
suchen, um dem Wasser bei entstehenden Schneefluthen Abzug geben zu können, weil
es sonst durch Einbruch leicht Schaden thun könnte. Sobald es aber die Umstände
erlauben, muß man dieses Wasser, welches schlammige und düngende Theile mit sich
zu führen pflegt, über die Wiesen lassen. Diese erste Frühjahrswässerung kann vier-
zehn Tage und länger fortdauren, worauf die Wiese aber wenigstens acht Tage trocken
gelegt wird. Dann wiederholt man sie, aber kürzer.

Fängt nun die Wiese, was insbesondere bei wärmerem Quellwasser früh der Fall
ist, zu begrünen an, so legt man sie bei wärmerer Witterung völlig trocken, und sieht
nochmals besonders die Abzugsgrippen und Gräben nach. Man bringt sodann die

Der Wieſenbau.
§. 343.

Bei der Ueberrieſelung iſt folgendes zu beobachten:Anwendung
der Ueberrie-
ſelung.

Wenn die Wieſe im Herbſte beweidet worden und das Vieh nun auf den Stall
genommen wird, ſo eilt man die Graͤben und Grippen, die vom Vieh eingetreten
waren, in Ordnung zu bringen, um eine gleichmaͤßige Bewaͤſſerung aller Theile zu
bewirken. Das Waſſer muß in den Grippen durch eingelegte Raſen, zuweilen durch
eine kleine Beuferung derſelben, mit Raſenſtreifen hier und da mehr aufgehalten oder
nach anderen Stellen hingezwaͤnget werden, zu welchem Ende man das Waſſer nur
zur Probe einmal anlaͤßt, um deſſen Lauf zu beachten. Denn das Eintreten des
Viehes hat immer Einiges in Unordnung gebracht.

Dann laͤßt man die Wieſe anhaltend und ſtark berieſeln, damit ſich der Erdbo-
den vollſauge, feſtſetze und verdichte. Nach acht oder vierzehn Tagen legt man ſie
aber wieder trocken, damit ſie nicht ſchlammig werde, und laͤßt darauf das Waſſer
abermals uͤber. Man kann zwar im Herbſte nicht leicht zu viel thun, indeſſen iſt
doch ein wechſelndes Trockenlegen immer rathſam, wenn man auch, was bei großen
Anlagen ſelten der Fall iſt, des Waſſers genug haͤtte, um alle und jede Theile be-
ſtaͤndig mit Waſſer zu verſehen. Hat man dieſes nicht, ſo iſt man ohnehin gezwun-
gen, es nach der Ordnung dem einen und dem andern Theile zu geben und
zu nehmen.

Wenn der Froſt eine berieſelte Wieſe uͤberfaͤllt, ſo iſt es keinesweges nachthei-
lig, daß ſie mit Eis bedeckt werde; das immer laufende Waſſer friert aber
ſo leicht nicht.

Beim Aufgange des Eiſes muß man die Schleuſen ſchnell beweglich zu machen
ſuchen, um dem Waſſer bei entſtehenden Schneefluthen Abzug geben zu koͤnnen, weil
es ſonſt durch Einbruch leicht Schaden thun koͤnnte. Sobald es aber die Umſtaͤnde
erlauben, muß man dieſes Waſſer, welches ſchlammige und duͤngende Theile mit ſich
zu fuͤhren pflegt, uͤber die Wieſen laſſen. Dieſe erſte Fruͤhjahrswaͤſſerung kann vier-
zehn Tage und laͤnger fortdauren, worauf die Wieſe aber wenigſtens acht Tage trocken
gelegt wird. Dann wiederholt man ſie, aber kuͤrzer.

Faͤngt nun die Wieſe, was insbeſondere bei waͤrmerem Quellwaſſer fruͤh der Fall
iſt, zu begruͤnen an, ſo legt man ſie bei waͤrmerer Witterung voͤllig trocken, und ſieht
nochmals beſonders die Abzugsgrippen und Graͤben nach. Man bringt ſodann die

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[253/0275] Der Wieſenbau. §. 343. Bei der Ueberrieſelung iſt folgendes zu beobachten: Anwendung der Ueberrie- ſelung. Wenn die Wieſe im Herbſte beweidet worden und das Vieh nun auf den Stall genommen wird, ſo eilt man die Graͤben und Grippen, die vom Vieh eingetreten waren, in Ordnung zu bringen, um eine gleichmaͤßige Bewaͤſſerung aller Theile zu bewirken. Das Waſſer muß in den Grippen durch eingelegte Raſen, zuweilen durch eine kleine Beuferung derſelben, mit Raſenſtreifen hier und da mehr aufgehalten oder nach anderen Stellen hingezwaͤnget werden, zu welchem Ende man das Waſſer nur zur Probe einmal anlaͤßt, um deſſen Lauf zu beachten. Denn das Eintreten des Viehes hat immer Einiges in Unordnung gebracht. Dann laͤßt man die Wieſe anhaltend und ſtark berieſeln, damit ſich der Erdbo- den vollſauge, feſtſetze und verdichte. Nach acht oder vierzehn Tagen legt man ſie aber wieder trocken, damit ſie nicht ſchlammig werde, und laͤßt darauf das Waſſer abermals uͤber. Man kann zwar im Herbſte nicht leicht zu viel thun, indeſſen iſt doch ein wechſelndes Trockenlegen immer rathſam, wenn man auch, was bei großen Anlagen ſelten der Fall iſt, des Waſſers genug haͤtte, um alle und jede Theile be- ſtaͤndig mit Waſſer zu verſehen. Hat man dieſes nicht, ſo iſt man ohnehin gezwun- gen, es nach der Ordnung dem einen und dem andern Theile zu geben und zu nehmen. Wenn der Froſt eine berieſelte Wieſe uͤberfaͤllt, ſo iſt es keinesweges nachthei- lig, daß ſie mit Eis bedeckt werde; das immer laufende Waſſer friert aber ſo leicht nicht. Beim Aufgange des Eiſes muß man die Schleuſen ſchnell beweglich zu machen ſuchen, um dem Waſſer bei entſtehenden Schneefluthen Abzug geben zu koͤnnen, weil es ſonſt durch Einbruch leicht Schaden thun koͤnnte. Sobald es aber die Umſtaͤnde erlauben, muß man dieſes Waſſer, welches ſchlammige und duͤngende Theile mit ſich zu fuͤhren pflegt, uͤber die Wieſen laſſen. Dieſe erſte Fruͤhjahrswaͤſſerung kann vier- zehn Tage und laͤnger fortdauren, worauf die Wieſe aber wenigſtens acht Tage trocken gelegt wird. Dann wiederholt man ſie, aber kuͤrzer. Faͤngt nun die Wieſe, was insbeſondere bei waͤrmerem Quellwaſſer fruͤh der Fall iſt, zu begruͤnen an, ſo legt man ſie bei waͤrmerer Witterung voͤllig trocken, und ſieht nochmals beſonders die Abzugsgrippen und Graͤben nach. Man bringt ſodann die

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/275>, abgerufen am 22.11.2024.