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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Der Wiesenbau.
sofern man nämlich auch auf die Güte des Heues sieht, nicht nur unnachtheilig, son-
dern wirklich vortheilhaft, indem besonders durch jene frühe Kräuter abgefressen wer-
den und zu Nutzen kommen, die dem Heu nur eine strohigte Substanz mittheilen, ih-
ren Saamen aber auf der Wiese verstreuen würden. Wenigstens werden diese Kräu-
ter zu hart, unschmackhaft und ungedeihlich für das Vieh, welche jung ihnen sehr
wohl bekommen, und unterdrücken durch ihren vollen Auswuchs nur bessere Pflanzen.

Die Frühjahrsweide muß in der Regel allein für die Schaafe bestimmt seyn;
wobei es sich versteht, daß von gehörig abgewässerten und trocken gelegten Wiesen
die Rede ist, weil morastige und sumpfige Wiesen und deren Gras noch beschlammt
ist, den Schaafen jederzeit, obwohl im Frühjahre minder wie in späterer Jahreszeit,
schädlich sind. Auf trocken gelegten Wiesen aber ist die Benutzung dieser frühen
Weide für die Schaafmütter, denen sie eine so reichliche Milch giebt, von großem
Belange und Werthe, so daß nichts eine Schäferei so sehr unterstützt, wie warme
und frühe Wiesenweide. Sie fressen das Gras gleichmäßig ab, und befördern da-
durch seinen Wurzelaustrieb, halten die voreilig horstig aufschießenden Pflanzen zu-
rück, und geben durch ihren Dünger der Wiese wahrscheinlich mehr wieder, als sie
ihr an Kraft entziehen. Auch will man bemerkt haben, daß sie manche Insekten
vertreiben. Ihr leichter Fuß und selbst ihr Kratzen ist der Grasnarbe mehr vortheil-
haft als schädlich. Indessen versteht es sich, daß man mit dieser Behütung sich eine
gehörige Gränze setze, welche die durch die Temperatur beschleunigte oder verspätete
Vegetation bestimmt. Bei einem warmen Frühjahre müssen die Schaafe schon mit
dem 20sten April von der Weide genommen werden, in der Regel zu Anfang Mays,
bei kalter Witterung aber, wo das Gras noch wenig treibt, kann man sie auch bis
zum 10ten May darauf lassen.

Mit dem Rindvieh aber Wiesen im Frühjahre zu behüten, würde wenigstens
nicht anders rathsam und unschädlich seyn, als wenn die Wiese völlig trocken und fest
wäre, so daß überall kein Eindruck von den Fußstapfen entstände, und man sich die
unmittelbare Verbreitung der Mistfladen angelegen seyn ließe.

Dagegen gebührt dem Rindvieh die Nachweide nach dem zweiten Schnitte, in-
dem sie den Schaafen um diese Jahreszeit, wo ihnen durch Verhütung so leicht eine
Bleichsucht zugezogen werden kann, vielleicht nachtheilig werden könnte, und man
jetzt um ihre Weide weniger in Verlegenheit ist. Dem Rindvieh aber bekommt der

neue

Der Wieſenbau.
ſofern man naͤmlich auch auf die Guͤte des Heues ſieht, nicht nur unnachtheilig, ſon-
dern wirklich vortheilhaft, indem beſonders durch jene fruͤhe Kraͤuter abgefreſſen wer-
den und zu Nutzen kommen, die dem Heu nur eine ſtrohigte Subſtanz mittheilen, ih-
ren Saamen aber auf der Wieſe verſtreuen wuͤrden. Wenigſtens werden dieſe Kraͤu-
ter zu hart, unſchmackhaft und ungedeihlich fuͤr das Vieh, welche jung ihnen ſehr
wohl bekommen, und unterdruͤcken durch ihren vollen Auswuchs nur beſſere Pflanzen.

Die Fruͤhjahrsweide muß in der Regel allein fuͤr die Schaafe beſtimmt ſeyn;
wobei es ſich verſteht, daß von gehoͤrig abgewaͤſſerten und trocken gelegten Wieſen
die Rede iſt, weil moraſtige und ſumpfige Wieſen und deren Gras noch beſchlammt
iſt, den Schaafen jederzeit, obwohl im Fruͤhjahre minder wie in ſpaͤterer Jahreszeit,
ſchaͤdlich ſind. Auf trocken gelegten Wieſen aber iſt die Benutzung dieſer fruͤhen
Weide fuͤr die Schaafmuͤtter, denen ſie eine ſo reichliche Milch giebt, von großem
Belange und Werthe, ſo daß nichts eine Schaͤferei ſo ſehr unterſtuͤtzt, wie warme
und fruͤhe Wieſenweide. Sie freſſen das Gras gleichmaͤßig ab, und befoͤrdern da-
durch ſeinen Wurzelaustrieb, halten die voreilig horſtig aufſchießenden Pflanzen zu-
ruͤck, und geben durch ihren Duͤnger der Wieſe wahrſcheinlich mehr wieder, als ſie
ihr an Kraft entziehen. Auch will man bemerkt haben, daß ſie manche Inſekten
vertreiben. Ihr leichter Fuß und ſelbſt ihr Kratzen iſt der Grasnarbe mehr vortheil-
haft als ſchaͤdlich. Indeſſen verſteht es ſich, daß man mit dieſer Behuͤtung ſich eine
gehoͤrige Graͤnze ſetze, welche die durch die Temperatur beſchleunigte oder verſpaͤtete
Vegetation beſtimmt. Bei einem warmen Fruͤhjahre muͤſſen die Schaafe ſchon mit
dem 20ſten April von der Weide genommen werden, in der Regel zu Anfang Mays,
bei kalter Witterung aber, wo das Gras noch wenig treibt, kann man ſie auch bis
zum 10ten May darauf laſſen.

Mit dem Rindvieh aber Wieſen im Fruͤhjahre zu behuͤten, wuͤrde wenigſtens
nicht anders rathſam und unſchaͤdlich ſeyn, als wenn die Wieſe voͤllig trocken und feſt
waͤre, ſo daß uͤberall kein Eindruck von den Fußſtapfen entſtaͤnde, und man ſich die
unmittelbare Verbreitung der Miſtfladen angelegen ſeyn ließe.

Dagegen gebuͤhrt dem Rindvieh die Nachweide nach dem zweiten Schnitte, in-
dem ſie den Schaafen um dieſe Jahreszeit, wo ihnen durch Verhuͤtung ſo leicht eine
Bleichſucht zugezogen werden kann, vielleicht nachtheilig werden koͤnnte, und man
jetzt um ihre Weide weniger in Verlegenheit iſt. Dem Rindvieh aber bekommt der

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[256/0278] Der Wieſenbau. ſofern man naͤmlich auch auf die Guͤte des Heues ſieht, nicht nur unnachtheilig, ſon- dern wirklich vortheilhaft, indem beſonders durch jene fruͤhe Kraͤuter abgefreſſen wer- den und zu Nutzen kommen, die dem Heu nur eine ſtrohigte Subſtanz mittheilen, ih- ren Saamen aber auf der Wieſe verſtreuen wuͤrden. Wenigſtens werden dieſe Kraͤu- ter zu hart, unſchmackhaft und ungedeihlich fuͤr das Vieh, welche jung ihnen ſehr wohl bekommen, und unterdruͤcken durch ihren vollen Auswuchs nur beſſere Pflanzen. Die Fruͤhjahrsweide muß in der Regel allein fuͤr die Schaafe beſtimmt ſeyn; wobei es ſich verſteht, daß von gehoͤrig abgewaͤſſerten und trocken gelegten Wieſen die Rede iſt, weil moraſtige und ſumpfige Wieſen und deren Gras noch beſchlammt iſt, den Schaafen jederzeit, obwohl im Fruͤhjahre minder wie in ſpaͤterer Jahreszeit, ſchaͤdlich ſind. Auf trocken gelegten Wieſen aber iſt die Benutzung dieſer fruͤhen Weide fuͤr die Schaafmuͤtter, denen ſie eine ſo reichliche Milch giebt, von großem Belange und Werthe, ſo daß nichts eine Schaͤferei ſo ſehr unterſtuͤtzt, wie warme und fruͤhe Wieſenweide. Sie freſſen das Gras gleichmaͤßig ab, und befoͤrdern da- durch ſeinen Wurzelaustrieb, halten die voreilig horſtig aufſchießenden Pflanzen zu- ruͤck, und geben durch ihren Duͤnger der Wieſe wahrſcheinlich mehr wieder, als ſie ihr an Kraft entziehen. Auch will man bemerkt haben, daß ſie manche Inſekten vertreiben. Ihr leichter Fuß und ſelbſt ihr Kratzen iſt der Grasnarbe mehr vortheil- haft als ſchaͤdlich. Indeſſen verſteht es ſich, daß man mit dieſer Behuͤtung ſich eine gehoͤrige Graͤnze ſetze, welche die durch die Temperatur beſchleunigte oder verſpaͤtete Vegetation beſtimmt. Bei einem warmen Fruͤhjahre muͤſſen die Schaafe ſchon mit dem 20ſten April von der Weide genommen werden, in der Regel zu Anfang Mays, bei kalter Witterung aber, wo das Gras noch wenig treibt, kann man ſie auch bis zum 10ten May darauf laſſen. Mit dem Rindvieh aber Wieſen im Fruͤhjahre zu behuͤten, wuͤrde wenigſtens nicht anders rathſam und unſchaͤdlich ſeyn, als wenn die Wieſe voͤllig trocken und feſt waͤre, ſo daß uͤberall kein Eindruck von den Fußſtapfen entſtaͤnde, und man ſich die unmittelbare Verbreitung der Miſtfladen angelegen ſeyn ließe. Dagegen gebuͤhrt dem Rindvieh die Nachweide nach dem zweiten Schnitte, in- dem ſie den Schaafen um dieſe Jahreszeit, wo ihnen durch Verhuͤtung ſo leicht eine Bleichſucht zugezogen werden kann, vielleicht nachtheilig werden koͤnnte, und man jetzt um ihre Weide weniger in Verlegenheit iſt. Dem Rindvieh aber bekommt der neue

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/278>, abgerufen am 22.11.2024.