1) Wo der Boden einen so üppigen Graswuchs hat, daß man ihn, besonders nach den bestehenden Wirthschaftsverhältnissen und der Observanz der Gegend, nicht vortheilhafter benutzen zu können glaubt.
2) Wo der Anbau der Feldfrüchte und selbst die Benutzung als Wiese, wegen der im Sommer leicht kommenden Ueberschwemmung, zu unsicher ist.
3) Auf Bergen und steilen Anhöhen, wo der Anbau anderer Früchte des Klimas oder der Beschwerlichkeit wegen nicht vortheilhaft seyn kann.
Außerdem ist fast aller privativer Grund und Boden in kultivirten Gegenden unter den Pflug genommen, und dem Ackerbau ausschließlich oder doch wechsels- weise gewidmet worden. Nur da, wo Kommunion des Grundeigenthums oder Servitute es nicht verstatten, liegt guter, des Anbaues werther Boden noch aus- schließlich zum Weideanger bestimmt, und wird als solcher um so geringer benutzt, da sich in der Regel keiner der Interessenten um seine Verbesserung bekümmert.
§. 373.
Fettweiden.Zu der ersten Art gehören hauptsächlich diejenigen Weiden, welche ihrer Nahrhaftigkeit wegen zu Fettweiden bestimmt sind, und so benannt werden, ob- wohl man sie auch oft mit Milchkühen und Pferden benutzt. Man ist zwar über- zeugt, daß diese Weiden unter dem Pfluge genommen und mit den edelsten Früch- ten bestellt, einen ungleich höheren Ertrag geben würden. Aber man sieht sie und die in ihnen steckende Kraft als einen von den Voreltern überlieferten und den Nachkommen aufzubewahrenden Schatz, als ein Heiligthum an, und erklärt den für einen Verschwender und Frevler, der sich an ihrem Umbruch macht, und sich den daraus zu ziehenden Vortheil zueignet. Man schreibt diesen alten Weiden eine bewunderungswürdige nährende Kraft zu, und glaubt, daß sie einmal aufge- brochen nie wieder in diese Kraft gesetzt werden können, wenn gleich dem An- scheine nach ein eben so starker Graswuchs darauf erzeugt würde. Das hohe starke Gras, giebt man zu, könne wieder darauf entstehen, aber das feine dichte Untergras sey auf keine Weise wieder herzustellen.
Ich wage es nicht zu entscheiden, in wiefern diese von vielen erfahrnen und sonst vorurtheilsfreien Landwirthen vertheidigte Meinung gegründet sey. Ich glaube aber, daß da, wo man die Unersetzlichkeit der dichten und nahrungsreichen Grasnarbe bemerkt hat, unrichtig verfahren sey. Man hat entweder den Boden
Weiden und Hutungen.
1) Wo der Boden einen ſo uͤppigen Graswuchs hat, daß man ihn, beſonders nach den beſtehenden Wirthſchaftsverhaͤltniſſen und der Obſervanz der Gegend, nicht vortheilhafter benutzen zu koͤnnen glaubt.
2) Wo der Anbau der Feldfruͤchte und ſelbſt die Benutzung als Wieſe, wegen der im Sommer leicht kommenden Ueberſchwemmung, zu unſicher iſt.
3) Auf Bergen und ſteilen Anhoͤhen, wo der Anbau anderer Fruͤchte des Klimas oder der Beſchwerlichkeit wegen nicht vortheilhaft ſeyn kann.
Außerdem iſt faſt aller privativer Grund und Boden in kultivirten Gegenden unter den Pflug genommen, und dem Ackerbau ausſchließlich oder doch wechſels- weiſe gewidmet worden. Nur da, wo Kommunion des Grundeigenthums oder Servitute es nicht verſtatten, liegt guter, des Anbaues werther Boden noch aus- ſchließlich zum Weideanger beſtimmt, und wird als ſolcher um ſo geringer benutzt, da ſich in der Regel keiner der Intereſſenten um ſeine Verbeſſerung bekuͤmmert.
§. 373.
Fettweiden.Zu der erſten Art gehoͤren hauptſaͤchlich diejenigen Weiden, welche ihrer Nahrhaftigkeit wegen zu Fettweiden beſtimmt ſind, und ſo benannt werden, ob- wohl man ſie auch oft mit Milchkuͤhen und Pferden benutzt. Man iſt zwar uͤber- zeugt, daß dieſe Weiden unter dem Pfluge genommen und mit den edelſten Fruͤch- ten beſtellt, einen ungleich hoͤheren Ertrag geben wuͤrden. Aber man ſieht ſie und die in ihnen ſteckende Kraft als einen von den Voreltern uͤberlieferten und den Nachkommen aufzubewahrenden Schatz, als ein Heiligthum an, und erklaͤrt den fuͤr einen Verſchwender und Frevler, der ſich an ihrem Umbruch macht, und ſich den daraus zu ziehenden Vortheil zueignet. Man ſchreibt dieſen alten Weiden eine bewunderungswuͤrdige naͤhrende Kraft zu, und glaubt, daß ſie einmal aufge- brochen nie wieder in dieſe Kraft geſetzt werden koͤnnen, wenn gleich dem An- ſcheine nach ein eben ſo ſtarker Graswuchs darauf erzeugt wuͤrde. Das hohe ſtarke Gras, giebt man zu, koͤnne wieder darauf entſtehen, aber das feine dichte Untergras ſey auf keine Weiſe wieder herzuſtellen.
Ich wage es nicht zu entſcheiden, in wiefern dieſe von vielen erfahrnen und ſonſt vorurtheilsfreien Landwirthen vertheidigte Meinung gegruͤndet ſey. Ich glaube aber, daß da, wo man die Unerſetzlichkeit der dichten und nahrungsreichen Grasnarbe bemerkt hat, unrichtig verfahren ſey. Man hat entweder den Boden
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Weiden und Hutungen.
1) Wo der Boden einen ſo uͤppigen Graswuchs hat, daß man ihn, beſonders
nach den beſtehenden Wirthſchaftsverhaͤltniſſen und der Obſervanz der Gegend,
nicht vortheilhafter benutzen zu koͤnnen glaubt.
2) Wo der Anbau der Feldfruͤchte und ſelbſt die Benutzung als Wieſe, wegen
der im Sommer leicht kommenden Ueberſchwemmung, zu unſicher iſt.
3) Auf Bergen und ſteilen Anhoͤhen, wo der Anbau anderer Fruͤchte des
Klimas oder der Beſchwerlichkeit wegen nicht vortheilhaft ſeyn kann.
Außerdem iſt faſt aller privativer Grund und Boden in kultivirten Gegenden
unter den Pflug genommen, und dem Ackerbau ausſchließlich oder doch wechſels-
weiſe gewidmet worden. Nur da, wo Kommunion des Grundeigenthums oder
Servitute es nicht verſtatten, liegt guter, des Anbaues werther Boden noch aus-
ſchließlich zum Weideanger beſtimmt, und wird als ſolcher um ſo geringer benutzt,
da ſich in der Regel keiner der Intereſſenten um ſeine Verbeſſerung bekuͤmmert.
§. 373.
Zu der erſten Art gehoͤren hauptſaͤchlich diejenigen Weiden, welche ihrer
Nahrhaftigkeit wegen zu Fettweiden beſtimmt ſind, und ſo benannt werden, ob-
wohl man ſie auch oft mit Milchkuͤhen und Pferden benutzt. Man iſt zwar uͤber-
zeugt, daß dieſe Weiden unter dem Pfluge genommen und mit den edelſten Fruͤch-
ten beſtellt, einen ungleich hoͤheren Ertrag geben wuͤrden. Aber man ſieht ſie und
die in ihnen ſteckende Kraft als einen von den Voreltern uͤberlieferten und den
Nachkommen aufzubewahrenden Schatz, als ein Heiligthum an, und erklaͤrt den
fuͤr einen Verſchwender und Frevler, der ſich an ihrem Umbruch macht, und ſich
den daraus zu ziehenden Vortheil zueignet. Man ſchreibt dieſen alten Weiden
eine bewunderungswuͤrdige naͤhrende Kraft zu, und glaubt, daß ſie einmal aufge-
brochen nie wieder in dieſe Kraft geſetzt werden koͤnnen, wenn gleich dem An-
ſcheine nach ein eben ſo ſtarker Graswuchs darauf erzeugt wuͤrde. Das hohe
ſtarke Gras, giebt man zu, koͤnne wieder darauf entſtehen, aber das feine dichte
Untergras ſey auf keine Weiſe wieder herzuſtellen.
Fettweiden.
Ich wage es nicht zu entſcheiden, in wiefern dieſe von vielen erfahrnen und
ſonſt vorurtheilsfreien Landwirthen vertheidigte Meinung gegruͤndet ſey. Ich
glaube aber, daß da, wo man die Unerſetzlichkeit der dichten und nahrungsreichen
Grasnarbe bemerkt hat, unrichtig verfahren ſey. Man hat entweder den Boden
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/304>, abgerufen am 16.02.2025.
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