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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Weiden und Hutungen.
durch Ernten zu sehr erschöpft, oder man ist bei der Niederlegung zu Grase nicht
richtig zu Werke gegangen, hat die neue Graserzeugung entweder ganz der Natur
überlassen, die sie nur langsam bewirken kann, oder den Saamen solcher Gräser
und Kräuter gewählt, welche diese dichte Narbe nicht wiederherstellen konnten.
In vielen andern Gegenden hat man diese Fettweiden in eine ihnen angemessene
Wechselwirthschaft gelegt, und so unläugbar einen größeren Vortheil daraus ge-
zogen, und in den Grasjahren mehr Vieh davon ernährt, als in ihrem vormali-
gen Zustande geschah.

§. 374.

Zu den Weiden der zweiten Art gehören hauptsächlich die, welche an leichtDer Ueber-
schwemmung
ausgesetzte
Weiden.

anschwellenden und austretenden Strömen, oder aber hinter den Verwallungen
liegen, womit man diese Ströme beschränkt hat. Diese Weiden sind mehrentheils
sehr nahrungsreich, und werden durch das zu Zeiten erfolgende Ueberströmen ge-
düngt. Sie sind mehr oder minder unsicher zu anderer Benutzung, und begrün-
den in manchen Thalgegenden, deren Aecker auf der Höhe liegen, das daselbst be-
stehende Wirthschaftssystem richtig.

Noch besser hält man die am Gestade bes Meeres liegenden, weil das salzige
Gras dem Viehe sehr zuträglich erachtet wird.

§. 375.

3) Die Bergweiden haben mehrentheils ein sehr nahrhaftes, aromatisches undDie Bergwei-
den.

besonders die Milch-Absonderung beförderndes Weidegras. Sie sind daher vor-
züglich den Milchkühen gewidmet, die dann während des Sommers, oft in be-
trächtlicher Entfernung vom Wirthschaftshofe, Tag und Nacht daselbst verwei-
len, und nur bei herannahendem Winter wieder zu Hause kommen. Hierher ge-
hört insbesondere die berühmte Schweizerische und Tyrolische Alpenweide.

Andere steile, dem Pfluge und dem Wagen unzugängliche Anhöhen, deren
Gras zwar dicht aber nicht stark ist, werden am vortheilhaftesten mit Schaafen be-
nutzt. Um einer solchen Weide die Kraft zu erhalten, muß man ihr auch den
nächtlichen Pferch der Schaafe lassen. Mit demselben verbessert sie sich immer,
ohne solchen aber nimmt sie ab und wird bemooset.


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Weiden und Hutungen.
durch Ernten zu ſehr erſchoͤpft, oder man iſt bei der Niederlegung zu Graſe nicht
richtig zu Werke gegangen, hat die neue Graserzeugung entweder ganz der Natur
uͤberlaſſen, die ſie nur langſam bewirken kann, oder den Saamen ſolcher Graͤſer
und Kraͤuter gewaͤhlt, welche dieſe dichte Narbe nicht wiederherſtellen konnten.
In vielen andern Gegenden hat man dieſe Fettweiden in eine ihnen angemeſſene
Wechſelwirthſchaft gelegt, und ſo unlaͤugbar einen groͤßeren Vortheil daraus ge-
zogen, und in den Grasjahren mehr Vieh davon ernaͤhrt, als in ihrem vormali-
gen Zuſtande geſchah.

§. 374.

Zu den Weiden der zweiten Art gehoͤren hauptſaͤchlich die, welche an leichtDer Ueber-
ſchwemmung
ausgeſetzte
Weiden.

anſchwellenden und austretenden Stroͤmen, oder aber hinter den Verwallungen
liegen, womit man dieſe Stroͤme beſchraͤnkt hat. Dieſe Weiden ſind mehrentheils
ſehr nahrungsreich, und werden durch das zu Zeiten erfolgende Ueberſtroͤmen ge-
duͤngt. Sie ſind mehr oder minder unſicher zu anderer Benutzung, und begruͤn-
den in manchen Thalgegenden, deren Aecker auf der Hoͤhe liegen, das daſelbſt be-
ſtehende Wirthſchaftsſyſtem richtig.

Noch beſſer haͤlt man die am Geſtade bes Meeres liegenden, weil das ſalzige
Gras dem Viehe ſehr zutraͤglich erachtet wird.

§. 375.

3) Die Bergweiden haben mehrentheils ein ſehr nahrhaftes, aromatiſches undDie Bergwei-
den.

beſonders die Milch-Abſonderung befoͤrderndes Weidegras. Sie ſind daher vor-
zuͤglich den Milchkuͤhen gewidmet, die dann waͤhrend des Sommers, oft in be-
traͤchtlicher Entfernung vom Wirthſchaftshofe, Tag und Nacht daſelbſt verwei-
len, und nur bei herannahendem Winter wieder zu Hauſe kommen. Hierher ge-
hoͤrt insbeſondere die beruͤhmte Schweizeriſche und Tyroliſche Alpenweide.

Andere ſteile, dem Pfluge und dem Wagen unzugaͤngliche Anhoͤhen, deren
Gras zwar dicht aber nicht ſtark iſt, werden am vortheilhafteſten mit Schaafen be-
nutzt. Um einer ſolchen Weide die Kraft zu erhalten, muß man ihr auch den
naͤchtlichen Pferch der Schaafe laſſen. Mit demſelben verbeſſert ſie ſich immer,
ohne ſolchen aber nimmt ſie ab und wird bemooſet.


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[283/0305] Weiden und Hutungen. durch Ernten zu ſehr erſchoͤpft, oder man iſt bei der Niederlegung zu Graſe nicht richtig zu Werke gegangen, hat die neue Graserzeugung entweder ganz der Natur uͤberlaſſen, die ſie nur langſam bewirken kann, oder den Saamen ſolcher Graͤſer und Kraͤuter gewaͤhlt, welche dieſe dichte Narbe nicht wiederherſtellen konnten. In vielen andern Gegenden hat man dieſe Fettweiden in eine ihnen angemeſſene Wechſelwirthſchaft gelegt, und ſo unlaͤugbar einen groͤßeren Vortheil daraus ge- zogen, und in den Grasjahren mehr Vieh davon ernaͤhrt, als in ihrem vormali- gen Zuſtande geſchah. §. 374. Zu den Weiden der zweiten Art gehoͤren hauptſaͤchlich die, welche an leicht anſchwellenden und austretenden Stroͤmen, oder aber hinter den Verwallungen liegen, womit man dieſe Stroͤme beſchraͤnkt hat. Dieſe Weiden ſind mehrentheils ſehr nahrungsreich, und werden durch das zu Zeiten erfolgende Ueberſtroͤmen ge- duͤngt. Sie ſind mehr oder minder unſicher zu anderer Benutzung, und begruͤn- den in manchen Thalgegenden, deren Aecker auf der Hoͤhe liegen, das daſelbſt be- ſtehende Wirthſchaftsſyſtem richtig. Der Ueber- ſchwemmung ausgeſetzte Weiden. Noch beſſer haͤlt man die am Geſtade bes Meeres liegenden, weil das ſalzige Gras dem Viehe ſehr zutraͤglich erachtet wird. §. 375. 3) Die Bergweiden haben mehrentheils ein ſehr nahrhaftes, aromatiſches und beſonders die Milch-Abſonderung befoͤrderndes Weidegras. Sie ſind daher vor- zuͤglich den Milchkuͤhen gewidmet, die dann waͤhrend des Sommers, oft in be- traͤchtlicher Entfernung vom Wirthſchaftshofe, Tag und Nacht daſelbſt verwei- len, und nur bei herannahendem Winter wieder zu Hauſe kommen. Hierher ge- hoͤrt insbeſondere die beruͤhmte Schweizeriſche und Tyroliſche Alpenweide. Die Bergwei- den. Andere ſteile, dem Pfluge und dem Wagen unzugaͤngliche Anhoͤhen, deren Gras zwar dicht aber nicht ſtark iſt, werden am vortheilhafteſten mit Schaafen be- nutzt. Um einer ſolchen Weide die Kraft zu erhalten, muß man ihr auch den naͤchtlichen Pferch der Schaafe laſſen. Mit demſelben verbeſſert ſie ſich immer, ohne ſolchen aber nimmt ſie ab und wird bemooſet. N n 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/305>, abgerufen am 24.11.2024.