Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Rocken.
bers säet und ihn gut vertheilt, so sind 12 bis 14 Metzen völlig zureichend.
Er bestaudet sich so stark, daß dennoch drei Theile der Pflanzen einem Theile,
der den Platz behauptet, weichen müssen. Im Frühjahre hat dieser Rocken
oft das Ansehen, als stehe er zu dünne, und Unerfahrne werfen sich dann vor,
daß sie doch zu dünne gesäet haben. Er würde aber eben so stehen, wenn sie
sehr dick gesäet hätten; denn die im Herbst sich stark bestaudenden Pflanzen
müssen einander verdrängen, müssen den Platz haben, um ihre starke Bestau-
dung machen zu können, treiben dann aber mit zehn, zwölf und mehreren
gleich starken Halmen in die Höhe, und bilden, wenn anders der Boden Kraft
hat, und die Witterung einigermaßen günstig ist, das dichteste Aehrenfeld.
Da dieser Rocken noch später treibt und schosset wie der ordinaire, so stehet
er oft bis zur Mitte des Mays im Ansehen gegen diesen sehr zurück, über-
trifft ihn aber im Junius desto mehr.

§. 81.

Dem Rocken ist das Aufeggen im Frühjahre, besonders wenn der etwasVegetations-
periode.

bindende Boden eine harte Kruste bekommen und Risse hat, eben so nützlich, wie
dem Weizen; obwohl es dabei seltener angewandt wird. Er erträgt es selbst
auf sandigem Boden mit großem Nutzen; doch sind hier leichte hölzerne Eggen
zu nehmen, und es ist erst abzuwarten, daß er sich nach dem Winter fest ein-
gewurzelt habe. Wären seine Wurzeln, besonders auf schwammigem Boden,
herausgehoben durch den Winterfrost, oder entblößt durch den Wind, so ist
dann dagegen das Walzen zuträglich.

Eine sehr entscheidende Periode ist für den Rocken, mehr wie für anderes
Getreide die Blütezeit, und man kann über dessen Ertrag nicht sicher seyn, bis
er diese glücklich überstanden hat. Ein Morgenreif, der ihn in der Blüte trifft,
kann den Körneransatz ganz oder zum Theil zerstören. Manchmal trifft er nur
die äußere nach der Windseite liegende Stelle einer Feldbreite, und manchmal
verletzt er nur die eine nach dem Winde gerichtete Seite der Aehren. Die Aehre
entfärbt sich, die Spitzen der Spelzen schrumpfen ein und sie bleiben leer.

Eben so nachtheilig wirkt eine, während der Blütezeit anhaltende, regniche,
feuchte und sehr windige Witterung. Einzelne, auch oft wiederkehrende Regen-
schauer schaden nicht, wenn nur zwischendurch trockne, warme Stunden kom-

Der Rocken.
bers ſaͤet und ihn gut vertheilt, ſo ſind 12 bis 14 Metzen voͤllig zureichend.
Er beſtaudet ſich ſo ſtark, daß dennoch drei Theile der Pflanzen einem Theile,
der den Platz behauptet, weichen muͤſſen. Im Fruͤhjahre hat dieſer Rocken
oft das Anſehen, als ſtehe er zu duͤnne, und Unerfahrne werfen ſich dann vor,
daß ſie doch zu duͤnne geſaͤet haben. Er wuͤrde aber eben ſo ſtehen, wenn ſie
ſehr dick geſaͤet haͤtten; denn die im Herbſt ſich ſtark beſtaudenden Pflanzen
muͤſſen einander verdraͤngen, muͤſſen den Platz haben, um ihre ſtarke Beſtau-
dung machen zu koͤnnen, treiben dann aber mit zehn, zwoͤlf und mehreren
gleich ſtarken Halmen in die Hoͤhe, und bilden, wenn anders der Boden Kraft
hat, und die Witterung einigermaßen guͤnſtig iſt, das dichteſte Aehrenfeld.
Da dieſer Rocken noch ſpaͤter treibt und ſchoſſet wie der ordinaire, ſo ſtehet
er oft bis zur Mitte des Mays im Anſehen gegen dieſen ſehr zuruͤck, uͤber-
trifft ihn aber im Junius deſto mehr.

§. 81.

Dem Rocken iſt das Aufeggen im Fruͤhjahre, beſonders wenn der etwasVegetations-
periode.

bindende Boden eine harte Kruſte bekommen und Riſſe hat, eben ſo nuͤtzlich, wie
dem Weizen; obwohl es dabei ſeltener angewandt wird. Er ertraͤgt es ſelbſt
auf ſandigem Boden mit großem Nutzen; doch ſind hier leichte hoͤlzerne Eggen
zu nehmen, und es iſt erſt abzuwarten, daß er ſich nach dem Winter feſt ein-
gewurzelt habe. Waͤren ſeine Wurzeln, beſonders auf ſchwammigem Boden,
herausgehoben durch den Winterfroſt, oder entbloͤßt durch den Wind, ſo iſt
dann dagegen das Walzen zutraͤglich.

Eine ſehr entſcheidende Periode iſt fuͤr den Rocken, mehr wie fuͤr anderes
Getreide die Bluͤtezeit, und man kann uͤber deſſen Ertrag nicht ſicher ſeyn, bis
er dieſe gluͤcklich uͤberſtanden hat. Ein Morgenreif, der ihn in der Bluͤte trifft,
kann den Koͤrneranſatz ganz oder zum Theil zerſtoͤren. Manchmal trifft er nur
die aͤußere nach der Windſeite liegende Stelle einer Feldbreite, und manchmal
verletzt er nur die eine nach dem Winde gerichtete Seite der Aehren. Die Aehre
entfaͤrbt ſich, die Spitzen der Spelzen ſchrumpfen ein und ſie bleiben leer.

Eben ſo nachtheilig wirkt eine, waͤhrend der Bluͤtezeit anhaltende, regniche,
feuchte und ſehr windige Witterung. Einzelne, auch oft wiederkehrende Regen-
ſchauer ſchaden nicht, wenn nur zwiſchendurch trockne, warme Stunden kom-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="77"/><fw place="top" type="header">Der Rocken.</fw><lb/>
bers &#x017F;a&#x0364;et und ihn gut vertheilt, &#x017F;o &#x017F;ind 12 bis 14 Metzen vo&#x0364;llig zureichend.<lb/>
Er be&#x017F;taudet &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;tark, daß dennoch drei Theile der Pflanzen einem Theile,<lb/>
der den Platz behauptet, weichen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Im Fru&#x0364;hjahre hat die&#x017F;er Rocken<lb/>
oft das An&#x017F;ehen, als &#x017F;tehe er zu du&#x0364;nne, und Unerfahrne werfen &#x017F;ich dann vor,<lb/>
daß &#x017F;ie doch zu du&#x0364;nne ge&#x017F;a&#x0364;et haben. Er wu&#x0364;rde aber eben &#x017F;o &#x017F;tehen, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ehr dick ge&#x017F;a&#x0364;et ha&#x0364;tten; denn die im Herb&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;tark be&#x017F;taudenden Pflanzen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einander verdra&#x0364;ngen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en den Platz haben, um ihre &#x017F;tarke Be&#x017F;tau-<lb/>
dung machen zu ko&#x0364;nnen, treiben dann aber mit zehn, zwo&#x0364;lf und mehreren<lb/>
gleich &#x017F;tarken Halmen in die Ho&#x0364;he, und bilden, wenn anders der Boden Kraft<lb/>
hat, und die Witterung einigermaßen gu&#x0364;n&#x017F;tig i&#x017F;t, das dichte&#x017F;te Aehrenfeld.<lb/>
Da die&#x017F;er Rocken noch &#x017F;pa&#x0364;ter treibt und &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;et wie der ordinaire, &#x017F;o &#x017F;tehet<lb/>
er oft bis zur Mitte des Mays im An&#x017F;ehen gegen die&#x017F;en &#x017F;ehr zuru&#x0364;ck, u&#x0364;ber-<lb/>
trifft ihn aber im Junius de&#x017F;to mehr.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 81.</head><lb/>
            <p>Dem Rocken i&#x017F;t das Aufeggen im Fru&#x0364;hjahre, be&#x017F;onders wenn der etwas<note place="right">Vegetations-<lb/>
periode.</note><lb/>
bindende Boden eine harte Kru&#x017F;te bekommen und Ri&#x017F;&#x017F;e hat, eben &#x017F;o nu&#x0364;tzlich, wie<lb/>
dem Weizen; obwohl es dabei &#x017F;eltener angewandt wird. Er ertra&#x0364;gt es &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auf &#x017F;andigem Boden mit großem Nutzen; doch &#x017F;ind hier leichte ho&#x0364;lzerne Eggen<lb/>
zu nehmen, und es i&#x017F;t er&#x017F;t abzuwarten, daß er &#x017F;ich nach dem Winter fe&#x017F;t ein-<lb/>
gewurzelt habe. Wa&#x0364;ren &#x017F;eine Wurzeln, be&#x017F;onders auf &#x017F;chwammigem Boden,<lb/>
herausgehoben durch den Winterfro&#x017F;t, oder entblo&#x0364;ßt durch den Wind, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
dann dagegen das Walzen zutra&#x0364;glich.</p><lb/>
            <p>Eine &#x017F;ehr ent&#x017F;cheidende Periode i&#x017F;t fu&#x0364;r den Rocken, mehr wie fu&#x0364;r anderes<lb/>
Getreide die Blu&#x0364;tezeit, und man kann u&#x0364;ber de&#x017F;&#x017F;en Ertrag nicht &#x017F;icher &#x017F;eyn, bis<lb/>
er die&#x017F;e glu&#x0364;cklich u&#x0364;ber&#x017F;tanden hat. Ein Morgenreif, der ihn in der Blu&#x0364;te trifft,<lb/>
kann den Ko&#x0364;rneran&#x017F;atz ganz oder zum Theil zer&#x017F;to&#x0364;ren. Manchmal trifft er nur<lb/>
die a&#x0364;ußere nach der Wind&#x017F;eite liegende Stelle einer Feldbreite, und manchmal<lb/>
verletzt er nur die eine nach dem Winde gerichtete Seite der Aehren. Die Aehre<lb/>
entfa&#x0364;rbt &#x017F;ich, die Spitzen der Spelzen &#x017F;chrumpfen ein und &#x017F;ie bleiben leer.</p><lb/>
            <p>Eben &#x017F;o nachtheilig wirkt eine, wa&#x0364;hrend der Blu&#x0364;tezeit anhaltende, regniche,<lb/>
feuchte und &#x017F;ehr windige Witterung. Einzelne, auch oft wiederkehrende Regen-<lb/>
&#x017F;chauer &#x017F;chaden nicht, wenn nur zwi&#x017F;chendurch trockne, warme Stunden kom-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0101] Der Rocken. bers ſaͤet und ihn gut vertheilt, ſo ſind 12 bis 14 Metzen voͤllig zureichend. Er beſtaudet ſich ſo ſtark, daß dennoch drei Theile der Pflanzen einem Theile, der den Platz behauptet, weichen muͤſſen. Im Fruͤhjahre hat dieſer Rocken oft das Anſehen, als ſtehe er zu duͤnne, und Unerfahrne werfen ſich dann vor, daß ſie doch zu duͤnne geſaͤet haben. Er wuͤrde aber eben ſo ſtehen, wenn ſie ſehr dick geſaͤet haͤtten; denn die im Herbſt ſich ſtark beſtaudenden Pflanzen muͤſſen einander verdraͤngen, muͤſſen den Platz haben, um ihre ſtarke Beſtau- dung machen zu koͤnnen, treiben dann aber mit zehn, zwoͤlf und mehreren gleich ſtarken Halmen in die Hoͤhe, und bilden, wenn anders der Boden Kraft hat, und die Witterung einigermaßen guͤnſtig iſt, das dichteſte Aehrenfeld. Da dieſer Rocken noch ſpaͤter treibt und ſchoſſet wie der ordinaire, ſo ſtehet er oft bis zur Mitte des Mays im Anſehen gegen dieſen ſehr zuruͤck, uͤber- trifft ihn aber im Junius deſto mehr. §. 81. Dem Rocken iſt das Aufeggen im Fruͤhjahre, beſonders wenn der etwas bindende Boden eine harte Kruſte bekommen und Riſſe hat, eben ſo nuͤtzlich, wie dem Weizen; obwohl es dabei ſeltener angewandt wird. Er ertraͤgt es ſelbſt auf ſandigem Boden mit großem Nutzen; doch ſind hier leichte hoͤlzerne Eggen zu nehmen, und es iſt erſt abzuwarten, daß er ſich nach dem Winter feſt ein- gewurzelt habe. Waͤren ſeine Wurzeln, beſonders auf ſchwammigem Boden, herausgehoben durch den Winterfroſt, oder entbloͤßt durch den Wind, ſo iſt dann dagegen das Walzen zutraͤglich. Vegetations- periode. Eine ſehr entſcheidende Periode iſt fuͤr den Rocken, mehr wie fuͤr anderes Getreide die Bluͤtezeit, und man kann uͤber deſſen Ertrag nicht ſicher ſeyn, bis er dieſe gluͤcklich uͤberſtanden hat. Ein Morgenreif, der ihn in der Bluͤte trifft, kann den Koͤrneranſatz ganz oder zum Theil zerſtoͤren. Manchmal trifft er nur die aͤußere nach der Windſeite liegende Stelle einer Feldbreite, und manchmal verletzt er nur die eine nach dem Winde gerichtete Seite der Aehren. Die Aehre entfaͤrbt ſich, die Spitzen der Spelzen ſchrumpfen ein und ſie bleiben leer. Eben ſo nachtheilig wirkt eine, waͤhrend der Bluͤtezeit anhaltende, regniche, feuchte und ſehr windige Witterung. Einzelne, auch oft wiederkehrende Regen- ſchauer ſchaden nicht, wenn nur zwiſchendurch trockne, warme Stunden kom-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/101
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/101>, abgerufen am 22.11.2024.