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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Handelsgewächse.
überlassen werden, und der Landwirth darf nach vollendeter Bestellung nicht sagen:
ich habe gesäet, der liebe Gott wird wachsen lassen! Sie erfordern vielmehr eine
ununterbrochene Aufmerksamkeit und eine häufige Nachhülfe, wobei der Arbeits-
aufwand manchmal zwar unbedeutend ist, die ihnen aber gerade in dem gerech-
ten Zeitpunkte gegeben werden muß, und wobei zuweilen die Versäumniß eines
einzigen Tages höchst nachtheilig wirken kann; besonders wenn eine begünstigende
Witterung und schnell vorübergehender Feuchtigkeitszustand des Bodens dazu
wahrgenommen werden muß. Der Landwirth, der sich mit diesem Bau im Gro-
ßen befaßt, muß sein ganzes Areal eben so scharf und so klar im Auge haben,
wie der industriöse Gärtner seinen kleinen Gartenraum; alle Hülfe diesen Früchten
zur rechten Zeit geben, und alle Schädlichkeiten möglichst von ihnen abwenden.

§. 185.

Die Hand- oder Pferdearbeit in Masse zu berechnen, ist nicht genug. Denn
es kömmt auf einen sehr kurzen Zeitpunkt an, wo sie gegeben werden muß. So
unbedeutend sie im Ganzen scheint, so schwer wird sie für den Augenblick. Sie
tritt oft in dem Zeitpunkte ein, wo man alle arbeitenden Kräfte zur Gewinnung
der gewöhnlichen Produkte gebraucht, und man kann sich in die Verlegenheit
setzen, jene oder diese aufopfern zu müssen. Daher muß bei der Kultur eines
jeden Gewächses dieser Art wohl berechnet werden, wann dieser Zeitpunkt ein-
trete, und wie er sich mit anderen wirthschaftlichen Arbeiten ordne und treffe.
Eine ungewöhnliche Jahreswitterung kann diesen Zeitpunkt verrücken; es pflegt
indessen der Vegetationsprozeß der verschiedenen Pflanzen gegen einander in einer
ziemlich gleichen Folge zu bleiben, so daß, wenn das eine früher oder später eine
gewisse Entwickelung erreicht, auch das andere die seinige früher oder später er-
langt. Nur muß man die Saat- und Bestellungszeit danach gehörig einzurich-
ten wissen, und mit jeder Arbeit voraus seyn. Ein so früher Eintritt der Ernte,
z. B. wie 1811, unterbricht sonst die Reihefolge der wirthschaftlichen Arbeiten
höchst nachtheilig.

§. 186.

Die Sache wird um so schwieriger, wenn man sich nicht mit einem oder
dem andern dieser Gewächse, sondern mit mehreren zugleich befaßt. Weiß man
die Auswahl so zu treffen, daß die Arbeit, welche die verschiednen angebauten

Handelsgewaͤchſe.
uͤberlaſſen werden, und der Landwirth darf nach vollendeter Beſtellung nicht ſagen:
ich habe geſaͤet, der liebe Gott wird wachſen laſſen! Sie erfordern vielmehr eine
ununterbrochene Aufmerkſamkeit und eine haͤufige Nachhuͤlfe, wobei der Arbeits-
aufwand manchmal zwar unbedeutend iſt, die ihnen aber gerade in dem gerech-
ten Zeitpunkte gegeben werden muß, und wobei zuweilen die Verſaͤumniß eines
einzigen Tages hoͤchſt nachtheilig wirken kann; beſonders wenn eine beguͤnſtigende
Witterung und ſchnell voruͤbergehender Feuchtigkeitszuſtand des Bodens dazu
wahrgenommen werden muß. Der Landwirth, der ſich mit dieſem Bau im Gro-
ßen befaßt, muß ſein ganzes Areal eben ſo ſcharf und ſo klar im Auge haben,
wie der induſtrioͤſe Gaͤrtner ſeinen kleinen Gartenraum; alle Huͤlfe dieſen Fruͤchten
zur rechten Zeit geben, und alle Schaͤdlichkeiten moͤglichſt von ihnen abwenden.

§. 185.

Die Hand- oder Pferdearbeit in Maſſe zu berechnen, iſt nicht genug. Denn
es koͤmmt auf einen ſehr kurzen Zeitpunkt an, wo ſie gegeben werden muß. So
unbedeutend ſie im Ganzen ſcheint, ſo ſchwer wird ſie fuͤr den Augenblick. Sie
tritt oft in dem Zeitpunkte ein, wo man alle arbeitenden Kraͤfte zur Gewinnung
der gewoͤhnlichen Produkte gebraucht, und man kann ſich in die Verlegenheit
ſetzen, jene oder dieſe aufopfern zu muͤſſen. Daher muß bei der Kultur eines
jeden Gewaͤchſes dieſer Art wohl berechnet werden, wann dieſer Zeitpunkt ein-
trete, und wie er ſich mit anderen wirthſchaftlichen Arbeiten ordne und treffe.
Eine ungewoͤhnliche Jahreswitterung kann dieſen Zeitpunkt verruͤcken; es pflegt
indeſſen der Vegetationsprozeß der verſchiedenen Pflanzen gegen einander in einer
ziemlich gleichen Folge zu bleiben, ſo daß, wenn das eine fruͤher oder ſpaͤter eine
gewiſſe Entwickelung erreicht, auch das andere die ſeinige fruͤher oder ſpaͤter er-
langt. Nur muß man die Saat- und Beſtellungszeit danach gehoͤrig einzurich-
ten wiſſen, und mit jeder Arbeit voraus ſeyn. Ein ſo fruͤher Eintritt der Ernte,
z. B. wie 1811, unterbricht ſonſt die Reihefolge der wirthſchaftlichen Arbeiten
hoͤchſt nachtheilig.

§. 186.

Die Sache wird um ſo ſchwieriger, wenn man ſich nicht mit einem oder
dem andern dieſer Gewaͤchſe, ſondern mit mehreren zugleich befaßt. Weiß man
die Auswahl ſo zu treffen, daß die Arbeit, welche die verſchiednen angebauten

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[151/0175] Handelsgewaͤchſe. uͤberlaſſen werden, und der Landwirth darf nach vollendeter Beſtellung nicht ſagen: ich habe geſaͤet, der liebe Gott wird wachſen laſſen! Sie erfordern vielmehr eine ununterbrochene Aufmerkſamkeit und eine haͤufige Nachhuͤlfe, wobei der Arbeits- aufwand manchmal zwar unbedeutend iſt, die ihnen aber gerade in dem gerech- ten Zeitpunkte gegeben werden muß, und wobei zuweilen die Verſaͤumniß eines einzigen Tages hoͤchſt nachtheilig wirken kann; beſonders wenn eine beguͤnſtigende Witterung und ſchnell voruͤbergehender Feuchtigkeitszuſtand des Bodens dazu wahrgenommen werden muß. Der Landwirth, der ſich mit dieſem Bau im Gro- ßen befaßt, muß ſein ganzes Areal eben ſo ſcharf und ſo klar im Auge haben, wie der induſtrioͤſe Gaͤrtner ſeinen kleinen Gartenraum; alle Huͤlfe dieſen Fruͤchten zur rechten Zeit geben, und alle Schaͤdlichkeiten moͤglichſt von ihnen abwenden. §. 185. Die Hand- oder Pferdearbeit in Maſſe zu berechnen, iſt nicht genug. Denn es koͤmmt auf einen ſehr kurzen Zeitpunkt an, wo ſie gegeben werden muß. So unbedeutend ſie im Ganzen ſcheint, ſo ſchwer wird ſie fuͤr den Augenblick. Sie tritt oft in dem Zeitpunkte ein, wo man alle arbeitenden Kraͤfte zur Gewinnung der gewoͤhnlichen Produkte gebraucht, und man kann ſich in die Verlegenheit ſetzen, jene oder dieſe aufopfern zu muͤſſen. Daher muß bei der Kultur eines jeden Gewaͤchſes dieſer Art wohl berechnet werden, wann dieſer Zeitpunkt ein- trete, und wie er ſich mit anderen wirthſchaftlichen Arbeiten ordne und treffe. Eine ungewoͤhnliche Jahreswitterung kann dieſen Zeitpunkt verruͤcken; es pflegt indeſſen der Vegetationsprozeß der verſchiedenen Pflanzen gegen einander in einer ziemlich gleichen Folge zu bleiben, ſo daß, wenn das eine fruͤher oder ſpaͤter eine gewiſſe Entwickelung erreicht, auch das andere die ſeinige fruͤher oder ſpaͤter er- langt. Nur muß man die Saat- und Beſtellungszeit danach gehoͤrig einzurich- ten wiſſen, und mit jeder Arbeit voraus ſeyn. Ein ſo fruͤher Eintritt der Ernte, z. B. wie 1811, unterbricht ſonſt die Reihefolge der wirthſchaftlichen Arbeiten hoͤchſt nachtheilig. §. 186. Die Sache wird um ſo ſchwieriger, wenn man ſich nicht mit einem oder dem andern dieſer Gewaͤchſe, ſondern mit mehreren zugleich befaßt. Weiß man die Auswahl ſo zu treffen, daß die Arbeit, welche die verſchiednen angebauten

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/175>, abgerufen am 24.11.2024.