Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Aufzucht des Rindviehes. theil, theils damit sich der Stammochse heben und halten könne, ohne die Kuh,die er bespringt, zu drücken; theils weil mir die Stärke des Kreuzes der stär- keren Milchabsonderung günstig scheint. Auch ziehe ich bei den Bullen einen längeren und feineren Kopf und einen dünneren Hals vor. Vor allem aber sehe ich darauf, daß er von einer ausgezeichnet milchreichen Kuh gefallen sey. Manche suchen durch sehr reichliche Nahrung besonders große Stamm- §. 10. Die Kuh.Die Zuchtkuh heißt im ersten Jahre Zuchtkalb, Fersenkalb, Düsenkalb, Als Eigenschaften und Zeichen einer guten Zuchtkuh, von welcher man Aufzucht des Rindviehes. theil, theils damit ſich der Stammochſe heben und halten koͤnne, ohne die Kuh,die er beſpringt, zu druͤcken; theils weil mir die Staͤrke des Kreuzes der ſtaͤr- keren Milchabſonderung guͤnſtig ſcheint. Auch ziehe ich bei den Bullen einen laͤngeren und feineren Kopf und einen duͤnneren Hals vor. Vor allem aber ſehe ich darauf, daß er von einer ausgezeichnet milchreichen Kuh gefallen ſey. Manche ſuchen durch ſehr reichliche Nahrung beſonders große Stamm- §. 10. Die Kuh.Die Zuchtkuh heißt im erſten Jahre Zuchtkalb, Ferſenkalb, Duͤſenkalb, Als Eigenſchaften und Zeichen einer guten Zuchtkuh, von welcher man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0330" n="306"/><fw place="top" type="header">Aufzucht des Rindviehes.</fw><lb/> theil, theils damit ſich der Stammochſe heben und halten koͤnne, ohne die Kuh,<lb/> die er beſpringt, zu druͤcken; theils weil mir die Staͤrke des Kreuzes der ſtaͤr-<lb/> keren Milchabſonderung guͤnſtig ſcheint. Auch ziehe ich bei den Bullen einen<lb/> laͤngeren und feineren Kopf und einen duͤnneren Hals vor. Vor allem aber ſehe<lb/> ich darauf, daß er von einer ausgezeichnet milchreichen Kuh gefallen ſey.</p><lb/> <p>Manche ſuchen durch ſehr reichliche Nahrung beſonders große Stamm-<lb/> ochſen aufzuziehen. Mir werden die Stammochſen leicht <hi rendition="#g">zu groß</hi>, und ſo,<lb/> daß man ſie in ihren kraftvollſten Jahren wieder abſchaffen muß, weil ſie den<lb/> Kuͤhen zu ſchwer ſind. Man gebraucht ſie zuweilen ſchon zum Springen ehe<lb/> ſie das zweite Jahr vollendet haben, wodurch man ſie wieder kleiner erhaͤlt,<lb/> aber auch dermaßen in ihrer Konſtitution ſchwaͤcht, daß ſie unvermoͤgend im<lb/> ſechſten Jahre werden, wo ſie eigentlich erſt in voller Kraft ſeyn ſollten.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 10.</head><lb/> <p><note place="left">Die Kuh.</note>Die <hi rendition="#g">Zuchtkuh</hi> heißt im erſten Jahre Zuchtkalb, Ferſenkalb, Duͤſenkalb,<lb/> im zweiten und dritten Jahre Ferſe, Starke, Quee, Kalbe.</p><lb/> <p>Als Eigenſchaften und Zeichen einer guten Zuchtkuh, von welcher man<lb/> ferner Milchvieh anziehen will, laͤßt ſich folgendes annehmen: die Geſtalt und<lb/> das Gerippe ſey nicht maleriſch ſchoͤn, letzteres vom Ruͤckgrade gleich abfallend<lb/> und ſich mehr nach unten erweiternd, ſo daß ein ſtarker tief herabhaͤngender<lb/> Bauch entſteht. Der Durchſchnitt ihres Leibes naͤhere ſich weniger einem Kugel-<lb/> als einem Ey-Durchſchnitte. Das Kreuz ſey dennoch moͤglichſt breit, und in<lb/> Verhaͤltniß deſſelben der Vordertheil ſchwaͤcher. Das Knochengebaͤude und<lb/> beſonders die Beine, ſo wie der Kopf, ſeyen duͤnn, ſo wie auch der Hals.<lb/> Die Phyſiognomie ſey weiblich, ſanft, jedoch munter. Das Thier ſey gutmuͤ-<lb/> thig, fromm, aber dreiſt. Das Euter haͤnge hinterwaͤrts zwiſchen den Beinen<lb/> herab, ſey groß, nicht fleiſchig, ſondern duͤnne, weich und zeige dicke Milch-<lb/> adern. Starke Gruben unter dem Bauch, daß man den Daum ganz hinein-<lb/> legen kann, halten viele fuͤr ein ſicheres Zeichen einer guten Milchkuh; doch<lb/> habe ich ſolches mehr als alle uͤbrige truͤglich gefunden. Auch haͤlt man einen<lb/> langen, duͤnnen, bis an die Erde reichenden Schwanz fuͤr ein gutes Zeichen.<lb/> Vor allem aber ſey ſie von einer milchreichen, geſunden und gutartigen Mut-<lb/> ter gefallen. Hinterbeine, die kuhheſſig ſtehen, habe ich bei manchen ſehr guten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0330]
Aufzucht des Rindviehes.
theil, theils damit ſich der Stammochſe heben und halten koͤnne, ohne die Kuh,
die er beſpringt, zu druͤcken; theils weil mir die Staͤrke des Kreuzes der ſtaͤr-
keren Milchabſonderung guͤnſtig ſcheint. Auch ziehe ich bei den Bullen einen
laͤngeren und feineren Kopf und einen duͤnneren Hals vor. Vor allem aber ſehe
ich darauf, daß er von einer ausgezeichnet milchreichen Kuh gefallen ſey.
Manche ſuchen durch ſehr reichliche Nahrung beſonders große Stamm-
ochſen aufzuziehen. Mir werden die Stammochſen leicht zu groß, und ſo,
daß man ſie in ihren kraftvollſten Jahren wieder abſchaffen muß, weil ſie den
Kuͤhen zu ſchwer ſind. Man gebraucht ſie zuweilen ſchon zum Springen ehe
ſie das zweite Jahr vollendet haben, wodurch man ſie wieder kleiner erhaͤlt,
aber auch dermaßen in ihrer Konſtitution ſchwaͤcht, daß ſie unvermoͤgend im
ſechſten Jahre werden, wo ſie eigentlich erſt in voller Kraft ſeyn ſollten.
§. 10.
Die Zuchtkuh heißt im erſten Jahre Zuchtkalb, Ferſenkalb, Duͤſenkalb,
im zweiten und dritten Jahre Ferſe, Starke, Quee, Kalbe.
Die Kuh.
Als Eigenſchaften und Zeichen einer guten Zuchtkuh, von welcher man
ferner Milchvieh anziehen will, laͤßt ſich folgendes annehmen: die Geſtalt und
das Gerippe ſey nicht maleriſch ſchoͤn, letzteres vom Ruͤckgrade gleich abfallend
und ſich mehr nach unten erweiternd, ſo daß ein ſtarker tief herabhaͤngender
Bauch entſteht. Der Durchſchnitt ihres Leibes naͤhere ſich weniger einem Kugel-
als einem Ey-Durchſchnitte. Das Kreuz ſey dennoch moͤglichſt breit, und in
Verhaͤltniß deſſelben der Vordertheil ſchwaͤcher. Das Knochengebaͤude und
beſonders die Beine, ſo wie der Kopf, ſeyen duͤnn, ſo wie auch der Hals.
Die Phyſiognomie ſey weiblich, ſanft, jedoch munter. Das Thier ſey gutmuͤ-
thig, fromm, aber dreiſt. Das Euter haͤnge hinterwaͤrts zwiſchen den Beinen
herab, ſey groß, nicht fleiſchig, ſondern duͤnne, weich und zeige dicke Milch-
adern. Starke Gruben unter dem Bauch, daß man den Daum ganz hinein-
legen kann, halten viele fuͤr ein ſicheres Zeichen einer guten Milchkuh; doch
habe ich ſolches mehr als alle uͤbrige truͤglich gefunden. Auch haͤlt man einen
langen, duͤnnen, bis an die Erde reichenden Schwanz fuͤr ein gutes Zeichen.
Vor allem aber ſey ſie von einer milchreichen, geſunden und gutartigen Mut-
ter gefallen. Hinterbeine, die kuhheſſig ſtehen, habe ich bei manchen ſehr guten
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