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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
Quantum eine unerwartete Uebereinstimmung bei allen Nationen und in allen
Climaten sogar antreffen. Die mittlere Aussaat ist, wenn wir Acker- und Ge-
treidemaaß auf das unsrige reduciren. Zwischen 18 und 20 Berliner Metzen
auf den Magdeburger Morgen, von allen gewöhnlichen Getreidearten bis auf
den Hafer, der in der Regel auch allenthalben um 1/4 oder um die Hälfte stärker
ausgesäet wird.

Wenn wir annehmen dürften, daß die Aussaat gleichmäßig über den Acker
vertheilt würde, und daß jedes Korn eine Pflanze gäbe, so würde eine solche
Aussaat ganz übermäßig erscheinen. Graf Podewills hat in seinen Wirthschafts-
Erfahrungen berechnet, daß bei einer solchen Aussaat 91 Rockenkörner auf
ein Quadratfuß fallen; bei Untersuchung einer der dichtesten Stellen fand er aber
nur 32 hervorstechende Spitzen. Daß auch nur diese bleiben können, scheint
mir wegen Mangel an Raum und Nahrung unmöglich, sie könnten sich wenig-
stens nicht bestauden und mehrere Halme hervorbringen. Ich habe sehr häufig
bemerkt, daß bei Getreide, welches vorzüglich dicht in Aehren stand, sich nur
eben noch nicht lagerte, und einen Ertrag gab, der den nach der Kraft des Bodens
zu erwartenden, weit überwog, nicht mehr als 5 bis 6 Pflanzen auf einen Qua-
dratfuß standen, und nach meinen Beobachtungen muß ich einen so geräumigen
Stand der Pflanzen für eine Bedingung des möglich höchsten Ertrages halten.
Ein großer Theil der Pflanzen also wird ausgehen, wenn einige kräftig genug
heranwachsen.

Da wir aber bei der gewöhnlichen Bestellungsart eine gleichmäßige Verthei-
lung nicht bewirken, und noch weniger das Gedeihen jeder Pflanze erwarten kön-
nen, so dürfen wir uns bei unserer Aussaat nach diesen an sich richtigen Erschei-
nungen nicht richten. Es bleibt rathsam so dick auszusäen, daß nicht leicht eine
Stelle zu dünn befallen werde, und dann die nothwendige Verdünnung der Pflan-
zen, wo sie zu dicht stehen, der Natur zu überlassen, oder den Ueberfluß vielleicht
in der Folge wegzunehmen. Da die allgemeine Erfahrung jenes Aussaatsmaaß
bei der gewöhnlichen Bestellung als das sicherste bestätiget hat, und die Saat-
ersparer, so lange sie diese nicht abänderten, im Durchschnitt nicht glücklich gewe-
sen sind, so hat der Landwirth Gründe genug, dabei zu beharren.


Vierter Theil. C

Die Saat.
Quantum eine unerwartete Uebereinſtimmung bei allen Nationen und in allen
Climaten ſogar antreffen. Die mittlere Ausſaat iſt, wenn wir Acker- und Ge-
treidemaaß auf das unſrige reduciren. Zwiſchen 18 und 20 Berliner Metzen
auf den Magdeburger Morgen, von allen gewoͤhnlichen Getreidearten bis auf
den Hafer, der in der Regel auch allenthalben um ¼ oder um die Haͤlfte ſtaͤrker
ausgeſaͤet wird.

Wenn wir annehmen duͤrften, daß die Ausſaat gleichmaͤßig uͤber den Acker
vertheilt wuͤrde, und daß jedes Korn eine Pflanze gaͤbe, ſo wuͤrde eine ſolche
Ausſaat ganz uͤbermaͤßig erſcheinen. Graf Podewills hat in ſeinen Wirthſchafts-
Erfahrungen berechnet, daß bei einer ſolchen Ausſaat 91 Rockenkoͤrner auf
ein Quadratfuß fallen; bei Unterſuchung einer der dichteſten Stellen fand er aber
nur 32 hervorſtechende Spitzen. Daß auch nur dieſe bleiben koͤnnen, ſcheint
mir wegen Mangel an Raum und Nahrung unmoͤglich, ſie koͤnnten ſich wenig-
ſtens nicht beſtauden und mehrere Halme hervorbringen. Ich habe ſehr haͤufig
bemerkt, daß bei Getreide, welches vorzuͤglich dicht in Aehren ſtand, ſich nur
eben noch nicht lagerte, und einen Ertrag gab, der den nach der Kraft des Bodens
zu erwartenden, weit uͤberwog, nicht mehr als 5 bis 6 Pflanzen auf einen Qua-
dratfuß ſtanden, und nach meinen Beobachtungen muß ich einen ſo geraͤumigen
Stand der Pflanzen fuͤr eine Bedingung des moͤglich hoͤchſten Ertrages halten.
Ein großer Theil der Pflanzen alſo wird ausgehen, wenn einige kraͤftig genug
heranwachſen.

Da wir aber bei der gewoͤhnlichen Beſtellungsart eine gleichmaͤßige Verthei-
lung nicht bewirken, und noch weniger das Gedeihen jeder Pflanze erwarten koͤn-
nen, ſo duͤrfen wir uns bei unſerer Ausſaat nach dieſen an ſich richtigen Erſchei-
nungen nicht richten. Es bleibt rathſam ſo dick auszuſaͤen, daß nicht leicht eine
Stelle zu duͤnn befallen werde, und dann die nothwendige Verduͤnnung der Pflan-
zen, wo ſie zu dicht ſtehen, der Natur zu uͤberlaſſen, oder den Ueberfluß vielleicht
in der Folge wegzunehmen. Da die allgemeine Erfahrung jenes Ausſaatsmaaß
bei der gewoͤhnlichen Beſtellung als das ſicherſte beſtaͤtiget hat, und die Saat-
erſparer, ſo lange ſie dieſe nicht abaͤnderten, im Durchſchnitt nicht gluͤcklich gewe-
ſen ſind, ſo hat der Landwirth Gruͤnde genug, dabei zu beharren.


Vierter Theil. C
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[17/0041] Die Saat. Quantum eine unerwartete Uebereinſtimmung bei allen Nationen und in allen Climaten ſogar antreffen. Die mittlere Ausſaat iſt, wenn wir Acker- und Ge- treidemaaß auf das unſrige reduciren. Zwiſchen 18 und 20 Berliner Metzen auf den Magdeburger Morgen, von allen gewoͤhnlichen Getreidearten bis auf den Hafer, der in der Regel auch allenthalben um ¼ oder um die Haͤlfte ſtaͤrker ausgeſaͤet wird. Wenn wir annehmen duͤrften, daß die Ausſaat gleichmaͤßig uͤber den Acker vertheilt wuͤrde, und daß jedes Korn eine Pflanze gaͤbe, ſo wuͤrde eine ſolche Ausſaat ganz uͤbermaͤßig erſcheinen. Graf Podewills hat in ſeinen Wirthſchafts- Erfahrungen berechnet, daß bei einer ſolchen Ausſaat 91 Rockenkoͤrner auf ein Quadratfuß fallen; bei Unterſuchung einer der dichteſten Stellen fand er aber nur 32 hervorſtechende Spitzen. Daß auch nur dieſe bleiben koͤnnen, ſcheint mir wegen Mangel an Raum und Nahrung unmoͤglich, ſie koͤnnten ſich wenig- ſtens nicht beſtauden und mehrere Halme hervorbringen. Ich habe ſehr haͤufig bemerkt, daß bei Getreide, welches vorzuͤglich dicht in Aehren ſtand, ſich nur eben noch nicht lagerte, und einen Ertrag gab, der den nach der Kraft des Bodens zu erwartenden, weit uͤberwog, nicht mehr als 5 bis 6 Pflanzen auf einen Qua- dratfuß ſtanden, und nach meinen Beobachtungen muß ich einen ſo geraͤumigen Stand der Pflanzen fuͤr eine Bedingung des moͤglich hoͤchſten Ertrages halten. Ein großer Theil der Pflanzen alſo wird ausgehen, wenn einige kraͤftig genug heranwachſen. Da wir aber bei der gewoͤhnlichen Beſtellungsart eine gleichmaͤßige Verthei- lung nicht bewirken, und noch weniger das Gedeihen jeder Pflanze erwarten koͤn- nen, ſo duͤrfen wir uns bei unſerer Ausſaat nach dieſen an ſich richtigen Erſchei- nungen nicht richten. Es bleibt rathſam ſo dick auszuſaͤen, daß nicht leicht eine Stelle zu duͤnn befallen werde, und dann die nothwendige Verduͤnnung der Pflan- zen, wo ſie zu dicht ſtehen, der Natur zu uͤberlaſſen, oder den Ueberfluß vielleicht in der Folge wegzunehmen. Da die allgemeine Erfahrung jenes Ausſaatsmaaß bei der gewoͤhnlichen Beſtellung als das ſicherſte beſtaͤtiget hat, und die Saat- erſparer, ſo lange ſie dieſe nicht abaͤnderten, im Durchſchnitt nicht gluͤcklich gewe- ſen ſind, ſo hat der Landwirth Gruͤnde genug, dabei zu beharren. Vierter Theil. C

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/41>, abgerufen am 23.11.2024.