Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Getreidearten. dem es am Pflanzenstamme zu fehlen schien, nun einen gedrängten Stand derHalme und Aehren darbietet -- eine Erfahrung, welche gewiß die meisten Land- wirthe gemacht aber wenige beherzigt haben; indem die meisten nur recht gedrängt stehende Pflanzen im Herbste und im ersten Frühjahre wünschen, unbekümmert, ob diese Pflanzen, einzeln betrachtet, die Merkmale von Kraft und Austriebs- Neigung haben. Der entfernte Anblick eines Saatfeldes trügt daher gewaltig, nur die Uebergehung desselben, den Blick auf einzelne Pflanzen gerichtet, kann ein sicheres Urtheil über seine Ergiebigkeit begründen. §. 24. Je langsamer das Aufschießen der Halme und das Hervortreiben der AehreSchossen des Es kommt aber eben so sehr auf die Stärke der Halme, besonders an dem Beim ferneren Austreiben der Aehren und dem Eintritte der Blüthe, muß §. 25. Die Blütezeit ist eine abermalige kritische Periode für das Getreide. BeiBlüthe des Vierter Theil. E
Getreidearten. dem es am Pflanzenſtamme zu fehlen ſchien, nun einen gedraͤngten Stand derHalme und Aehren darbietet — eine Erfahrung, welche gewiß die meiſten Land- wirthe gemacht aber wenige beherzigt haben; indem die meiſten nur recht gedraͤngt ſtehende Pflanzen im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre wuͤnſchen, unbekuͤmmert, ob dieſe Pflanzen, einzeln betrachtet, die Merkmale von Kraft und Austriebs- Neigung haben. Der entfernte Anblick eines Saatfeldes truͤgt daher gewaltig, nur die Uebergehung deſſelben, den Blick auf einzelne Pflanzen gerichtet, kann ein ſicheres Urtheil uͤber ſeine Ergiebigkeit begruͤnden. §. 24. Je langſamer das Aufſchießen der Halme und das Hervortreiben der AehreSchoſſen des Es kommt aber eben ſo ſehr auf die Staͤrke der Halme, beſonders an dem Beim ferneren Austreiben der Aehren und dem Eintritte der Bluͤthe, muß §. 25. Die Bluͤtezeit iſt eine abermalige kritiſche Periode fuͤr das Getreide. BeiBluͤthe des Vierter Theil. E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0057" n="33"/><fw place="top" type="header">Getreidearten.</fw><lb/> dem es am Pflanzenſtamme zu fehlen ſchien, nun einen gedraͤngten Stand der<lb/> Halme und Aehren darbietet — eine Erfahrung, welche gewiß die meiſten Land-<lb/> wirthe gemacht aber wenige beherzigt haben; indem die meiſten nur recht gedraͤngt<lb/> ſtehende Pflanzen im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre wuͤnſchen, unbekuͤmmert,<lb/> ob dieſe Pflanzen, einzeln betrachtet, die Merkmale von Kraft und Austriebs-<lb/> Neigung haben. Der entfernte Anblick eines Saatfeldes truͤgt daher gewaltig,<lb/> nur die Uebergehung deſſelben, den Blick auf einzelne Pflanzen gerichtet, kann<lb/> ein ſicheres Urtheil uͤber ſeine Ergiebigkeit begruͤnden.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 24.</head><lb/> <p>Je langſamer das Aufſchießen der Halme und das Hervortreiben der Aehre<note place="right">Schoſſen des<lb/> Getreides.</note><lb/> geſchiehet, deſto beſſer iſt es. Eine darin voreilende Saat wird nie die ergiebig-<lb/> ſte werden. Das Austreiben der Aehren muß dann aber gleichmaͤßig uͤber das<lb/> ganze Feld geſchehen; weswegen man einen kuͤhlen und feuchten Mai wohlthaͤtig<lb/> fuͤr die Saaten haͤlt. In dem Zeitpunkte, wo ſich die Aehre zeigt, hat das<lb/> Getreide die Haͤlfte ſeiner kuͤnftigen Hoͤhe erreicht; wenigſtens habe ich das beim<lb/> Rocken immer zutreffend gefunden.</p><lb/> <p>Es kommt aber eben ſo ſehr auf die Staͤrke der Halme, beſonders an dem<lb/> untern Theile, als auf die Hoͤhe an. Nur unter der Bedingung, daß die Hal-<lb/> me auch verhaͤltnißmaͤßig ſtark ſind, ſteht die Laͤnge der Aehre mit der Laͤnge<lb/> des Strohes im Verhaͤltniß, ſo daß die Aehre ungefaͤhr ſo viele Zolle als der<lb/> ganze Halm Fuße hat. Duͤnne ſchmaͤchtige Halme erreichen oft eine betraͤcht-<lb/> liche Groͤße, tragen aber kleine Aehren. Die Knoten des Halmes muͤſſen dick<lb/> und braun, die Blaͤtter maſtig, dunkelgruͤn und ſteif ſeyn.</p><lb/> <p>Beim ferneren Austreiben der Aehren und dem Eintritte der Bluͤthe, muß<lb/> das Getreide eine ebene Flaͤche mit den Spitzen ſeiner Aehren bilden. Einzelne<lb/> hervorragende und andere zuruͤckbleibende Aehren ſind von ſchlechter Vorbedeu-<lb/> tung fuͤr den Ertrag.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 25.</head><lb/> <p>Die Bluͤtezeit iſt eine abermalige kritiſche Periode fuͤr das Getreide. Bei<note place="right">Bluͤthe des<lb/> Getreides.</note><lb/> anhaltender feuchter Witterung geht die Befruchtung ſchwer und unvollkommen<lb/> vor. Darum iſt trockene und warme Witterung, nur durch einzelne Gewitter-<lb/> regen unterbrochen, im Junius erwuͤnſcht. Vor allen hat ſie Einfluß auf den<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Vierter Theil. E</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0057]
Getreidearten.
dem es am Pflanzenſtamme zu fehlen ſchien, nun einen gedraͤngten Stand der
Halme und Aehren darbietet — eine Erfahrung, welche gewiß die meiſten Land-
wirthe gemacht aber wenige beherzigt haben; indem die meiſten nur recht gedraͤngt
ſtehende Pflanzen im Herbſte und im erſten Fruͤhjahre wuͤnſchen, unbekuͤmmert,
ob dieſe Pflanzen, einzeln betrachtet, die Merkmale von Kraft und Austriebs-
Neigung haben. Der entfernte Anblick eines Saatfeldes truͤgt daher gewaltig,
nur die Uebergehung deſſelben, den Blick auf einzelne Pflanzen gerichtet, kann
ein ſicheres Urtheil uͤber ſeine Ergiebigkeit begruͤnden.
§. 24.
Je langſamer das Aufſchießen der Halme und das Hervortreiben der Aehre
geſchiehet, deſto beſſer iſt es. Eine darin voreilende Saat wird nie die ergiebig-
ſte werden. Das Austreiben der Aehren muß dann aber gleichmaͤßig uͤber das
ganze Feld geſchehen; weswegen man einen kuͤhlen und feuchten Mai wohlthaͤtig
fuͤr die Saaten haͤlt. In dem Zeitpunkte, wo ſich die Aehre zeigt, hat das
Getreide die Haͤlfte ſeiner kuͤnftigen Hoͤhe erreicht; wenigſtens habe ich das beim
Rocken immer zutreffend gefunden.
Schoſſen des
Getreides.
Es kommt aber eben ſo ſehr auf die Staͤrke der Halme, beſonders an dem
untern Theile, als auf die Hoͤhe an. Nur unter der Bedingung, daß die Hal-
me auch verhaͤltnißmaͤßig ſtark ſind, ſteht die Laͤnge der Aehre mit der Laͤnge
des Strohes im Verhaͤltniß, ſo daß die Aehre ungefaͤhr ſo viele Zolle als der
ganze Halm Fuße hat. Duͤnne ſchmaͤchtige Halme erreichen oft eine betraͤcht-
liche Groͤße, tragen aber kleine Aehren. Die Knoten des Halmes muͤſſen dick
und braun, die Blaͤtter maſtig, dunkelgruͤn und ſteif ſeyn.
Beim ferneren Austreiben der Aehren und dem Eintritte der Bluͤthe, muß
das Getreide eine ebene Flaͤche mit den Spitzen ſeiner Aehren bilden. Einzelne
hervorragende und andere zuruͤckbleibende Aehren ſind von ſchlechter Vorbedeu-
tung fuͤr den Ertrag.
§. 25.
Die Bluͤtezeit iſt eine abermalige kritiſche Periode fuͤr das Getreide. Bei
anhaltender feuchter Witterung geht die Befruchtung ſchwer und unvollkommen
vor. Darum iſt trockene und warme Witterung, nur durch einzelne Gewitter-
regen unterbrochen, im Junius erwuͤnſcht. Vor allen hat ſie Einfluß auf den
Bluͤthe des
Getreides.
Vierter Theil. E
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |