Theilweise am Gipfel der Pflanze oder an der Aehre erfolgt dies zuweilenDas Verschei- nen. von späten Nachtfrösten und Reifen. Dieser Gefahr sind die dem Nordwinde ausgesetzten Seiten und Anhöhen der Felder unterworfen; noch mehr aber feuch- te Gründe und vor allem die mit Holz umgebenen Felder, wo gefrorne Dünste sich am stärksten niederschlagen und durch plötzliche Erkältung tödlich auf die jun- gen Aehren wirken.
Ein anderes Verbleichen der ganzen Pflanze oder das eigentliche Verschei- nen erfolgt auf dürrem Boden von starker Hitze beim Regenmangel. Es trift nicht immer die sandigsten, sondern mehr solche Felder, die nur sehr flach ge- pflügt sind, aber gar nicht ruhen sondern immerfort beackert werden, und die man dabei stark und mehrentheils frisch, kurz vor der Bestellung düngt; am al- lermeisten wenn es mit Pferdemist geschiehet. Ich kenne Feldfluren wo es in jedem trockenen Sommer das Schicksal des Rockens ist, welches die Ackerleute daselbst für unvermeidlich halten. Ruhe oder Eindreischen des Ackers, tieferes Pflügen und Ueberstreuen der Saat mit Dünger würden aber unfehlbare Mittel dagegen seyn.
Vergl. Wilrich über das Verscheinen der Saaten Niedersächs. Annalen Jahrg. IV. St. III. S. 54.
§. 29.
Es giebt aber ein Verbleichen des Getreides, welches von dem Ver-Das Verblei- chen. scheinen ganz verschieden ist und bei uns nicht häufig, nur in gewissen Jahren und mehr auf feuchten als auf trockenen Stellen vorkommt. Die Engländer nennen es the Blight, die Franzosen la Coulure. Es ist eine schnelle Läh- mung der Lebensthätigkeit, ein plötzliches Absterben, ein tödlicher Schlagfluß der Pflanzen. So wie ich diese Krankheit in dem regnigen aber warmen Sommer 1802 beobachtet habe, entstand sie fleckweise an feuchteren Stellen; heute war eine Stelle von einigen Fußen bleich geworden, morgen 30 bis 40 Quadratru- then umher. Die Pflanze war ganz weiß und völlig dürre, ließ sich leicht aus der Erde ziehen mit ihren großen Wurzeln, die eben so weiß und dürre waren; aber die feinen Haarwurzeln blieben in der Erde. Es zeigte sich in jenem Som- mer das Uebel auf andern Feldmarken noch häufiger wie auf der meinigen, und
E 2
Getreidearten.
§. 28.
Theilweiſe am Gipfel der Pflanze oder an der Aehre erfolgt dies zuweilenDas Verſchei- nen. von ſpaͤten Nachtfroͤſten und Reifen. Dieſer Gefahr ſind die dem Nordwinde ausgeſetzten Seiten und Anhoͤhen der Felder unterworfen; noch mehr aber feuch- te Gruͤnde und vor allem die mit Holz umgebenen Felder, wo gefrorne Duͤnſte ſich am ſtaͤrkſten niederſchlagen und durch ploͤtzliche Erkaͤltung toͤdlich auf die jun- gen Aehren wirken.
Ein anderes Verbleichen der ganzen Pflanze oder das eigentliche Verſchei- nen erfolgt auf duͤrrem Boden von ſtarker Hitze beim Regenmangel. Es trift nicht immer die ſandigſten, ſondern mehr ſolche Felder, die nur ſehr flach ge- pfluͤgt ſind, aber gar nicht ruhen ſondern immerfort beackert werden, und die man dabei ſtark und mehrentheils friſch, kurz vor der Beſtellung duͤngt; am al- lermeiſten wenn es mit Pferdemiſt geſchiehet. Ich kenne Feldfluren wo es in jedem trockenen Sommer das Schickſal des Rockens iſt, welches die Ackerleute daſelbſt fuͤr unvermeidlich halten. Ruhe oder Eindreiſchen des Ackers, tieferes Pfluͤgen und Ueberſtreuen der Saat mit Duͤnger wuͤrden aber unfehlbare Mittel dagegen ſeyn.
Vergl. Wilrich uͤber das Verſcheinen der Saaten Niederſaͤchſ. Annalen Jahrg. IV. St. III. S. 54.
§. 29.
Es giebt aber ein Verbleichen des Getreides, welches von dem Ver-Das Verblei- chen. ſcheinen ganz verſchieden iſt und bei uns nicht haͤufig, nur in gewiſſen Jahren und mehr auf feuchten als auf trockenen Stellen vorkommt. Die Englaͤnder nennen es the Blight, die Franzoſen la Coulure. Es iſt eine ſchnelle Laͤh- mung der Lebensthaͤtigkeit, ein ploͤtzliches Abſterben, ein toͤdlicher Schlagfluß der Pflanzen. So wie ich dieſe Krankheit in dem regnigen aber warmen Sommer 1802 beobachtet habe, entſtand ſie fleckweiſe an feuchteren Stellen; heute war eine Stelle von einigen Fußen bleich geworden, morgen 30 bis 40 Quadratru- then umher. Die Pflanze war ganz weiß und voͤllig duͤrre, ließ ſich leicht aus der Erde ziehen mit ihren großen Wurzeln, die eben ſo weiß und duͤrre waren; aber die feinen Haarwurzeln blieben in der Erde. Es zeigte ſich in jenem Som- mer das Uebel auf andern Feldmarken noch haͤufiger wie auf der meinigen, und
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0059"n="35"/><fwplace="top"type="header">Getreidearten.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 28.</head><lb/><p>Theilweiſe am Gipfel der Pflanze oder an der Aehre erfolgt dies zuweilen<noteplace="right">Das Verſchei-<lb/>
nen.</note><lb/>
von ſpaͤten Nachtfroͤſten und Reifen. Dieſer Gefahr ſind die dem Nordwinde<lb/>
ausgeſetzten Seiten und Anhoͤhen der Felder unterworfen; noch mehr aber feuch-<lb/>
te Gruͤnde und vor allem die mit Holz umgebenen Felder, wo gefrorne Duͤnſte<lb/>ſich am ſtaͤrkſten niederſchlagen und durch ploͤtzliche Erkaͤltung toͤdlich auf die jun-<lb/>
gen Aehren wirken.</p><lb/><p>Ein anderes Verbleichen der ganzen Pflanze oder das eigentliche <hirendition="#g">Verſchei-<lb/>
nen</hi> erfolgt auf duͤrrem Boden von ſtarker Hitze beim Regenmangel. Es trift<lb/>
nicht immer die ſandigſten, ſondern mehr ſolche Felder, die nur ſehr flach ge-<lb/>
pfluͤgt ſind, aber gar nicht ruhen ſondern immerfort beackert werden, und die<lb/>
man dabei ſtark und mehrentheils friſch, kurz vor der Beſtellung duͤngt; am al-<lb/>
lermeiſten wenn es mit Pferdemiſt geſchiehet. Ich kenne Feldfluren wo es in<lb/>
jedem trockenen Sommer das Schickſal des Rockens iſt, welches die Ackerleute<lb/>
daſelbſt fuͤr unvermeidlich halten. Ruhe oder Eindreiſchen des Ackers, tieferes<lb/>
Pfluͤgen und Ueberſtreuen der Saat mit Duͤnger wuͤrden aber unfehlbare Mittel<lb/>
dagegen ſeyn.</p><lb/><p><hirendition="#et">Vergl. Wilrich uͤber das Verſcheinen der Saaten Niederſaͤchſ. Annalen<lb/>
Jahrg. <hirendition="#aq">IV.</hi> St. <hirendition="#aq">III.</hi> S. 54.</hi></p></div><lb/><divn="3"><head>§. 29.</head><lb/><p>Es giebt aber ein <hirendition="#g">Verbleichen</hi> des Getreides, welches von dem Ver-<noteplace="right">Das Verblei-<lb/>
chen.</note><lb/>ſcheinen ganz verſchieden iſt und bei uns nicht haͤufig, nur in gewiſſen Jahren<lb/>
und mehr auf feuchten als auf trockenen Stellen vorkommt. Die Englaͤnder<lb/>
nennen es <hirendition="#aq">the Blight</hi>, die Franzoſen <hirendition="#aq">la Coulure.</hi> Es iſt eine ſchnelle Laͤh-<lb/>
mung der Lebensthaͤtigkeit, ein ploͤtzliches Abſterben, ein toͤdlicher Schlagfluß der<lb/>
Pflanzen. So wie ich dieſe Krankheit in dem regnigen aber warmen Sommer<lb/>
1802 beobachtet habe, entſtand ſie fleckweiſe an feuchteren Stellen; heute war<lb/>
eine Stelle von einigen Fußen bleich geworden, morgen 30 bis 40 Quadratru-<lb/>
then umher. Die Pflanze war ganz weiß und voͤllig duͤrre, ließ ſich leicht aus<lb/>
der Erde ziehen mit ihren großen Wurzeln, die eben ſo weiß und duͤrre waren;<lb/>
aber die feinen Haarwurzeln blieben in der Erde. Es zeigte ſich in jenem Som-<lb/>
mer das Uebel auf andern Feldmarken noch haͤufiger wie auf der meinigen, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[35/0059]
Getreidearten.
§. 28.
Theilweiſe am Gipfel der Pflanze oder an der Aehre erfolgt dies zuweilen
von ſpaͤten Nachtfroͤſten und Reifen. Dieſer Gefahr ſind die dem Nordwinde
ausgeſetzten Seiten und Anhoͤhen der Felder unterworfen; noch mehr aber feuch-
te Gruͤnde und vor allem die mit Holz umgebenen Felder, wo gefrorne Duͤnſte
ſich am ſtaͤrkſten niederſchlagen und durch ploͤtzliche Erkaͤltung toͤdlich auf die jun-
gen Aehren wirken.
Das Verſchei-
nen.
Ein anderes Verbleichen der ganzen Pflanze oder das eigentliche Verſchei-
nen erfolgt auf duͤrrem Boden von ſtarker Hitze beim Regenmangel. Es trift
nicht immer die ſandigſten, ſondern mehr ſolche Felder, die nur ſehr flach ge-
pfluͤgt ſind, aber gar nicht ruhen ſondern immerfort beackert werden, und die
man dabei ſtark und mehrentheils friſch, kurz vor der Beſtellung duͤngt; am al-
lermeiſten wenn es mit Pferdemiſt geſchiehet. Ich kenne Feldfluren wo es in
jedem trockenen Sommer das Schickſal des Rockens iſt, welches die Ackerleute
daſelbſt fuͤr unvermeidlich halten. Ruhe oder Eindreiſchen des Ackers, tieferes
Pfluͤgen und Ueberſtreuen der Saat mit Duͤnger wuͤrden aber unfehlbare Mittel
dagegen ſeyn.
Vergl. Wilrich uͤber das Verſcheinen der Saaten Niederſaͤchſ. Annalen
Jahrg. IV. St. III. S. 54.
§. 29.
Es giebt aber ein Verbleichen des Getreides, welches von dem Ver-
ſcheinen ganz verſchieden iſt und bei uns nicht haͤufig, nur in gewiſſen Jahren
und mehr auf feuchten als auf trockenen Stellen vorkommt. Die Englaͤnder
nennen es the Blight, die Franzoſen la Coulure. Es iſt eine ſchnelle Laͤh-
mung der Lebensthaͤtigkeit, ein ploͤtzliches Abſterben, ein toͤdlicher Schlagfluß der
Pflanzen. So wie ich dieſe Krankheit in dem regnigen aber warmen Sommer
1802 beobachtet habe, entſtand ſie fleckweiſe an feuchteren Stellen; heute war
eine Stelle von einigen Fußen bleich geworden, morgen 30 bis 40 Quadratru-
then umher. Die Pflanze war ganz weiß und voͤllig duͤrre, ließ ſich leicht aus
der Erde ziehen mit ihren großen Wurzeln, die eben ſo weiß und duͤrre waren;
aber die feinen Haarwurzeln blieben in der Erde. Es zeigte ſich in jenem Som-
mer das Uebel auf andern Feldmarken noch haͤufiger wie auf der meinigen, und
Das Verblei-
chen.
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/59>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.