zog doch der Ruf des Meisters eine so große Menge Zuschauer in die Kapelle, daß Frau von Noailles sich genöthiget sah, das Gemälde da wieder wegnehmen zu lassen.
Es war das erste Werk Davids in dieser Gattung und blieb auch das letzte, denn der Gegenstand ließ ihn zu kalt. Ja, er bereute in der Folge, seine Kunst an einem Charakter versucht zu haben, den er nie begriffen hatte, weshalb er auch Raphael so sehr bewunderte. Es war ihm ein Räthsel, wie dieser große Künstler sich davon so bis zur Begeisterung ergriffen fühlen konnte. Es that ihm leid, den Bitten der Frau von Noailles nachgegeben zu haben und es schien, als wenn jede Erinnerung daran ihm lä- stig wäre. Bewährte Kenner tadelten dies Ge- mälde und David, weit entfernt, ihr Urtheil zu bestreiten, gab ihnen vollkommen recht.
Seit langer Zeit außerordentliches Mitglied der Academie, wünschte er nun in dieselbe or- dentlich aufgenommen zu werden, und verfertigte, um diese Ehre zu erlangen, den "Tod Hectors." Er stellte auch sein Gemälde "Hector und Andromache" aus, dessen Entstehung in diese Zeit fällt. Es schildert den Augenblick, wo die-
Davids.
zog doch der Ruf des Meiſters eine ſo große Menge Zuſchauer in die Kapelle, daß Frau von Noailles ſich genoͤthiget ſah, das Gemaͤlde da wieder wegnehmen zu laſſen.
Es war das erſte Werk Davids in dieſer Gattung und blieb auch das letzte, denn der Gegenſtand ließ ihn zu kalt. Ja, er bereute in der Folge, ſeine Kunſt an einem Charakter verſucht zu haben, den er nie begriffen hatte, weshalb er auch Raphael ſo ſehr bewunderte. Es war ihm ein Raͤthſel, wie dieſer große Kuͤnſtler ſich davon ſo bis zur Begeiſterung ergriffen fuͤhlen konnte. Es that ihm leid, den Bitten der Frau von Noailles nachgegeben zu haben und es ſchien, als wenn jede Erinnerung daran ihm laͤ- ſtig waͤre. Bewaͤhrte Kenner tadelten dies Ge- maͤlde und David, weit entfernt, ihr Urtheil zu beſtreiten, gab ihnen vollkommen recht.
Seit langer Zeit außerordentliches Mitglied der Academie, wuͤnſchte er nun in dieſelbe or- dentlich aufgenommen zu werden, und verfertigte, um dieſe Ehre zu erlangen, den „Tod Hectors.“ Er ſtellte auch ſein Gemaͤlde „Hector und Andromache“ aus, deſſen Entſtehung in dieſe Zeit faͤllt. Es ſchildert den Augenblick, wo die-
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[25/0039]
Davids.
zog doch der Ruf des Meiſters eine ſo große
Menge Zuſchauer in die Kapelle, daß Frau von
Noailles ſich genoͤthiget ſah, das Gemaͤlde da
wieder wegnehmen zu laſſen.
Es war das erſte Werk Davids in dieſer
Gattung und blieb auch das letzte, denn der
Gegenſtand ließ ihn zu kalt. Ja, er bereute in der
Folge, ſeine Kunſt an einem Charakter verſucht
zu haben, den er nie begriffen hatte, weshalb
er auch Raphael ſo ſehr bewunderte. Es war
ihm ein Raͤthſel, wie dieſer große Kuͤnſtler ſich
davon ſo bis zur Begeiſterung ergriffen fuͤhlen
konnte. Es that ihm leid, den Bitten der Frau
von Noailles nachgegeben zu haben und es
ſchien, als wenn jede Erinnerung daran ihm laͤ-
ſtig waͤre. Bewaͤhrte Kenner tadelten dies Ge-
maͤlde und David, weit entfernt, ihr Urtheil zu
beſtreiten, gab ihnen vollkommen recht.
Seit langer Zeit außerordentliches Mitglied
der Academie, wuͤnſchte er nun in dieſelbe or-
dentlich aufgenommen zu werden, und verfertigte,
um dieſe Ehre zu erlangen, den „Tod Hectors.“
Er ſtellte auch ſein Gemaͤlde „Hector und
Andromache“ aus, deſſen Entſtehung in dieſe
Zeit faͤllt. Es ſchildert den Augenblick, wo die-
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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/39>, abgerufen am 16.07.2024.
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