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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben
Beifall, welchen Jedermann ihm zollte, ja er
wagte sogar, es bitter zu tadeln.

Er hatte es für den König im kleinen
Maßstabe bestellt, und David das Gemälde,
wie alle Künstler unter gleichen Umständen thun,
im großen ausgeführt. Er wurde bei seiner
Ankunft vom Director nicht so aufgenommen,
wie er es wohl erwarten konnte. Dieser ver-
sagte ihm sogar die Erlaubniß, einen Gypsab-
druck vom "Gladiator" zu nehmen, der den Schü-
lern Davids zum Modell dienen sollte, unter
dem Vorwande, daß ein Künstler, wie er, nicht
schlechte Stücke copiren müsse. Er suchte sich
an David zu reiben und beschuldigte ihn der
Unfolgsamkeit.

"Warum haben Sie Sich nicht des Jhnen
von mir vorgeschriebenen Maßstabes bedient?"
fragte er ihn.

Dieser Scherereien müde, erwiederte Da-
vid: "Weil es mir nicht angemessen schien. Ue-
brigens ist die Sache nicht zu ändern, Sie müß-
ten denn mein Gemälde mit einer Scheere ab-
schneiden, und allenfalls kann ich auch, wenn
es seyn muß, auf die Bezahlung verzichten."

Der Graf von Artois, Bruder des Königs

Leben
Beifall, welchen Jedermann ihm zollte, ja er
wagte ſogar, es bitter zu tadeln.

Er hatte es fuͤr den Koͤnig im kleinen
Maßſtabe beſtellt, und David das Gemaͤlde,
wie alle Kuͤnſtler unter gleichen Umſtaͤnden thun,
im großen ausgefuͤhrt. Er wurde bei ſeiner
Ankunft vom Director nicht ſo aufgenommen,
wie er es wohl erwarten konnte. Dieſer ver-
ſagte ihm ſogar die Erlaubniß, einen Gypsab-
druck vom „Gladiator“ zu nehmen, der den Schuͤ-
lern Davids zum Modell dienen ſollte, unter
dem Vorwande, daß ein Kuͤnſtler, wie er, nicht
ſchlechte Stuͤcke copiren muͤſſe. Er ſuchte ſich
an David zu reiben und beſchuldigte ihn der
Unfolgſamkeit.

„Warum haben Sie Sich nicht des Jhnen
von mir vorgeſchriebenen Maßſtabes bedient?“
fragte er ihn.

Dieſer Scherereien muͤde, erwiederte Da-
vid: „Weil es mir nicht angemeſſen ſchien. Ue-
brigens iſt die Sache nicht zu aͤndern, Sie muͤß-
ten denn mein Gemaͤlde mit einer Scheere ab-
ſchneiden, und allenfalls kann ich auch, wenn
es ſeyn muß, auf die Bezahlung verzichten.“

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[32/0046] Leben Beifall, welchen Jedermann ihm zollte, ja er wagte ſogar, es bitter zu tadeln. Er hatte es fuͤr den Koͤnig im kleinen Maßſtabe beſtellt, und David das Gemaͤlde, wie alle Kuͤnſtler unter gleichen Umſtaͤnden thun, im großen ausgefuͤhrt. Er wurde bei ſeiner Ankunft vom Director nicht ſo aufgenommen, wie er es wohl erwarten konnte. Dieſer ver- ſagte ihm ſogar die Erlaubniß, einen Gypsab- druck vom „Gladiator“ zu nehmen, der den Schuͤ- lern Davids zum Modell dienen ſollte, unter dem Vorwande, daß ein Kuͤnſtler, wie er, nicht ſchlechte Stuͤcke copiren muͤſſe. Er ſuchte ſich an David zu reiben und beſchuldigte ihn der Unfolgſamkeit. „Warum haben Sie Sich nicht des Jhnen von mir vorgeſchriebenen Maßſtabes bedient?“ fragte er ihn. Dieſer Scherereien muͤde, erwiederte Da- vid: „Weil es mir nicht angemeſſen ſchien. Ue- brigens iſt die Sache nicht zu aͤndern, Sie muͤß- ten denn mein Gemaͤlde mit einer Scheere ab- ſchneiden, und allenfalls kann ich auch, wenn es ſeyn muß, auf die Bezahlung verzichten.“ Der Graf von Artois, Bruder des Koͤnigs

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/46>, abgerufen am 03.05.2024.