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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben
Gemälde angefangen, dessen Gegenstand "die
merkwürdige Sitzung
" war, in welcher die
Stellvertreter der französischen Nation, da sie
aus ihrem gewöhnlichen Berathschlagungszim-
mer vertrieben waren, in das Ballhaus von
Versailles flüchteten, und hier den Eid leisteten,
sich nur dann zu trennen, wenn sie Frankreich
eine Constitution gegeben. Sinnreich hatte er in
demselben ein Fenster angebracht, durch welches
man das Schloß Versailles in dicke Wolken ge-
hüllt erblickt, aus denen der Blitz fährt. Die-
ses schöne Gemälde, eins der besten Davids,
wurde im Jahre 1792 ausgestellt. Es ist nicht
vollendet, und nach dem Kupferstich zu urthei-
len, der davon verfertigt worden, ist es sehr
zu bedauern, daß der Meister verhindert wurde,
die letzte Hand an dasselbe zu legen.

David wurde bald dem Privatleben entzo-
gen und in die Stürme der Revolution gerissen;
man sieht ihn daher nun mehr als Gesetzgeber,
wie als Maler und nur in Beziehungen beschäf-
tigt, in welchen die Kunst mit der Politik steht.
Er war einer der ersten Directoren des dem Re-
giment von Chateauvieux am 15ten April 1792

Leben
Gemaͤlde angefangen, deſſen Gegenſtand „die
merkwuͤrdige Sitzung
“ war, in welcher die
Stellvertreter der franzoͤſiſchen Nation, da ſie
aus ihrem gewoͤhnlichen Berathſchlagungszim-
mer vertrieben waren, in das Ballhaus von
Verſailles fluͤchteten, und hier den Eid leiſteten,
ſich nur dann zu trennen, wenn ſie Frankreich
eine Conſtitution gegeben. Sinnreich hatte er in
demſelben ein Fenſter angebracht, durch welches
man das Schloß Verſailles in dicke Wolken ge-
huͤllt erblickt, aus denen der Blitz faͤhrt. Die-
ſes ſchoͤne Gemaͤlde, eins der beſten Davids,
wurde im Jahre 1792 ausgeſtellt. Es iſt nicht
vollendet, und nach dem Kupferſtich zu urthei-
len, der davon verfertigt worden, iſt es ſehr
zu bedauern, daß der Meiſter verhindert wurde,
die letzte Hand an daſſelbe zu legen.

David wurde bald dem Privatleben entzo-
gen und in die Stuͤrme der Revolution geriſſen;
man ſieht ihn daher nun mehr als Geſetzgeber,
wie als Maler und nur in Beziehungen beſchaͤf-
tigt, in welchen die Kunſt mit der Politik ſteht.
Er war einer der erſten Directoren des dem Re-
giment von Chateauvieux am 15ten April 1792

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[36/0050] Leben Gemaͤlde angefangen, deſſen Gegenſtand „die merkwuͤrdige Sitzung“ war, in welcher die Stellvertreter der franzoͤſiſchen Nation, da ſie aus ihrem gewoͤhnlichen Berathſchlagungszim- mer vertrieben waren, in das Ballhaus von Verſailles fluͤchteten, und hier den Eid leiſteten, ſich nur dann zu trennen, wenn ſie Frankreich eine Conſtitution gegeben. Sinnreich hatte er in demſelben ein Fenſter angebracht, durch welches man das Schloß Verſailles in dicke Wolken ge- huͤllt erblickt, aus denen der Blitz faͤhrt. Die- ſes ſchoͤne Gemaͤlde, eins der beſten Davids, wurde im Jahre 1792 ausgeſtellt. Es iſt nicht vollendet, und nach dem Kupferſtich zu urthei- len, der davon verfertigt worden, iſt es ſehr zu bedauern, daß der Meiſter verhindert wurde, die letzte Hand an daſſelbe zu legen. David wurde bald dem Privatleben entzo- gen und in die Stuͤrme der Revolution geriſſen; man ſieht ihn daher nun mehr als Geſetzgeber, wie als Maler und nur in Beziehungen beſchaͤf- tigt, in welchen die Kunſt mit der Politik ſteht. Er war einer der erſten Directoren des dem Re- giment von Chateauvieux am 15ten April 1792

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/50>, abgerufen am 02.05.2024.